Gerettet vor Putin

Kunstwerke Das Kurpfälzische Museum Heidelberg zeigt in einer einmaligen Schau 50 Bilder aus der Ukraine im Dialog mit der eigenen Sammlung.

Für den ukrainischen Direktor des Odessa Museums für Westliche und Östliche Kunst geht es an diesem Morgen nicht nur um die Ausstellung, sondern, wie er sagt, um die Beherbergung seiner Kunstwerke  – weil diese von Russen attackiert werden. Dem 66-jährigen Ihor Poronyk, vielen glücklichen Zufällen und Verbindungen ist es zu verdanken, dass im Kurpfälzischen Museum Heidelberg eine außergewöhnliche Ausstellung ihre Pforten öffnet.

Die Kunstwerke aus Odessa wurden zu Kriegsbeginn in einer dramatischen Aktion in Sicherheit gebracht. Aufgrund von Restaurierungsmaßnahmen waren die meisten Bilder schon abgehängt und verpackt, als die Soldaten kamen, um die Bilder zu retten. Im geheimen Notlager im westukrainischen Lwiw stand jedoch Wasser – und auch sonst waren die Bedingungen für die alten Meisterwerke alles andere als optimal.

Zuerst in Berlin zu sehen

Poronyk entschied, die Bilder von dort wegzuholen. Zufällig zu der Zeit in Berlin, knüpfte er Kontakte zum Direktor der Alten Nationalgalerie, Ralph Gleis, und zur Gemäldegalerie Berlin. Deren Leiterin Dagmar Hirschfelder kam vom Kurpfälzischen Museum, sodass nach Berlin nun auch eine Präsentation in Heidelberg folgt. Das Konzept dazu ist ungewöhnlich. Gezeigt werden 50 Werke aus dem Museum in Odessa im Dialog mit der kurpfälzischen Sammlung. Dabei ergeben sich überraschende Übereinstimmungen und Differenzen.

Die ukrainische Sammlung bewahrt bedeutende Künstler wie Frans Hals, Francesco Granacci, Roeland Savery, Cornelis de Heem, Bernhard Strozzi und Thomas Lawrence – viele ihrer Werke waren in Deutschland noch nicht zu sehen. Von Anfang an sei es die Idee gewesen, diese Werke mit solchen aus den eigenen Beständen zu präsentieren, so der Direktor des Kurpfälzischen Museums, Frieder Hepp. Neben der Bedeutung der Kunstwerke habe die Ausstellung einen eminent großen politischen Hintergrund: den Überfall Russlands auf die Ukraine. Es solle deutlich werden, dass wir eine gemeinsame europäische Identität haben, die sich im 19. Jahrhundert gebildet und im Bewusstsein festgesetzt hat.

Laut des ukrainischen Kulturministeriums sind rund 4000 kulturelle Einrichtungen während des russischen Angriffskrieges getroffen worden, dazu zählen etwa 130 zerstörte oder beschädigte Museen.

Der politische Hintergrund ist in der Herz und Gemüt bewegenden Ausstellung alter Meister des 16. bis 19. Jahrhundert allgegenwärtig. Ein Blickpunkt der Ausstellung ist das Porträt der Gräfin Olena Tolstoi, das von der weit verzweigten Familie des berühmten Schriftstellers erzählt. Ihr Mann Michail war in Odessa sehr angesehen und besaß eine Kunstsammlung. Das Haus der Familie befand sich im historischen Stadtzentrum. Der befreundete neapolitanische Maler Domenico Morelli soll die Ehefrau während einer Italienreise gemalt haben.

Das Studium der Marienbilder macht ebenfalls Freude. Durch den Dialog ergeben sich fortlaufende Geschichten: Die beiden Werke zeigen zwei verschiedene Marientypen des altniederländischen Malers Rogier van der Weyden. Vergleichend hängt die große Darstellung des stehenden Christuskindes aus Odessa (letztes Drittel des 16. Jahrhunderts) neben dem halbfigurigen Andachtsbild von 1455 aus Heidelberg. Ein Höhepunkt sind die im spontanen Duktus und lockeren Strich gemalten Porträts des niederländischen Malers Frans Hals (1581/85-1656). Zwei Bilder der Evangelisten Matthäus und Lukas sind in Heidelberg ebenfalls zu sehen.

Die Gattung der Stillleben ist reichlich vertreten, die auf Wohlstand und Wirtschaftskraft Hollands hinweisen, wie Kuratorin Julia Carrasco erklärt. Prunkstillleben von Cornelis de Heem sind dabei, die täuschend echt Appetitliches zeigen. Auch Landschaften und Stadtansichten werden präsentiert.

Bilder der Zerstörung

Ihor Poronyk betrachtet seine frisch aufgehängten Glanzstücke und verweilt vor manchen länger. Er hat über sein Museum einen Film gedreht, der in einem stillen Raum zu betrachten ist. Man sieht ein Museum in voller Blüte: Viele Ausstellungen, viele Events, viele Besucher. Dann der Einschnitt im Februar 2022. Bilder der Zerstörungen aus den Nachrichten laufen über den Bildschirm und überlagern die friedlichen Bilder. Der Direktor hat den Raum verlassen.

Im Gespräch sagt er: „Dass wir im gleichen Museum ausgestellt werden, unterstreicht, dass wir das gleichwertige europäische Erbe haben. Und es unterstreicht, dass Russland unsere Sammlung und auch das europäische Erbe vernichten möchte.“

Auf die Frage, wohin die Bilder nach Ausstellungsende im März gehen, erklärt er, dass sie zurückkehren müssen. Und hofft, dass der Krieg bald vorbei ist.

Ausladung Friedmans hat Folgen

Kontroverse Der Leiter des Literaturhauses im mecklenburgischen Klütz muss nach Streit über die Absage gehen.

Klütz. Nach der Ausladung des jüdischen Publizisten Michel Friedman von einer geplanten Veranstaltung im Literaturhaus „Uwe Johnson“ will sich die Stadt Klütz vom Leiter der Einrichtung trennen. Wie aus einer gemeinsamen Erklärung der Stadtvertretung und des Vorstandes des Fördervereins hervorgeht, wurde Oliver Hintz mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben freigestellt. Sein Vertrag soll zudem nicht über das Jahresende hinaus verlängert werden. Hintz hatte erst zu Jahresbeginn sein Amt angetreten.

Der Literaturwissenschaftler hatte Friedman für 2026 zu einer Lesung im Rahmen der Hannah-Arendt-Woche im Literaturhaus in Klütz (Nordwestmecklenburg) eingeladen. Die Einladung wurde Hintz zufolge aber auf Druck von Bürgermeister Jürgen Mevius (Unabhängige Wählergemeinschaft UWG) zurückgenommen. Die folgende Debatte um die möglichen Gründe für die Absage – von Kostenfragen bis hin zur Angst vor antisemitischen Protesten – erregte bundesweite Aufmerksamkeit.

Aufgrund „des nachhaltig gestörten Vertrauensverhältnisses“ sei ein Neustart auf der Leitungsebene des Uwe-Johnson-Hauses notwendig, heißt es nun in dem Schreiben von Stadtvertretung und Förderverein. Die formelle Entscheidung, den bis Jahresende gültigen Vertrag nicht zu erneuern, obliege der Stadtvertretung auf ihrer nächsten Sitzung. Danach soll entschieden werden, wie es weitergeht.

Mevius betonte, dass allein finanzielle Gründe den Ausschlag für die Absage an Friedmann gegeben hätten. „Andere Gründe spielten keine Rolle“, sagte er. Hintz warf er vor, in den sozialen Medien Unwahrheiten verbreitet zu haben. Zudem habe er es versäumt, Fördermittel beim Land zu beantragen. Mevius, dessen Agieren sowohl heftige Kritik als auch Zustimmung ausgelöst hatte, kündigte für den 31. Oktober seinen Rücktritt als Bürgermeister an.

Hintz erklärte, dass er den Antrag aufgrund der geänderten Umstände zurückgezogen habe. Eine ganze Reihe geladener Gäste habe ihre Teilnahme an geplanten Veranstaltungen abgesagt. Hintz bedauerte, dass er sein Konzept einer Öffnung des Literaturhauses für ein breiteres, überregionales Publikum nicht habe umsetzen können. „Ich habe das Potenzial des Hauses gesehen und wollte Veranstaltungen mit einer größeren Strahlkraft bieten.“ Das sei aber offenbar nicht erwünscht gewesen, teilte er mit..

Kölner Museum zeigt „Amazonia“

Fotografie Aufnahmen von Sebastião Salgado erzählen von Schönheit und Verletzlichkeit des Regenwaldes.

Köln. Das Rautenstrauch-Joest-Museum zeigt ab der kommenden Woche als erstes deutsches Museum die Ausstellung „Amazonia“ des weltbekannten Fotografen Sebastião Salgado. Die Schau vom 29. Oktober bis 15. März 2026 richte den Blick auf den Regenwald und die indigenen Gesellschaften, die ihn prägen und bewahren, erklärte das Museum in Köln.

„Salgados Aufnahmen verbinden monumentale Landschaften mit eindringlichen Porträts und machen sowohl die Schönheit als auch die Verletzlichkeit des Amazonasgebiets sichtbar“, hieß es. Der Fotograf wurde 1944 in Brasilien geboren und ist im Mai in Paris gestorben. Salgado gilt als einer der renommiertesten Fotografen des 20. und 21. Jahrhunderts. Mit seinen Schwarz-Weiß-Bildern von Natur und Katastrophen wurde er weltweit berühmt. Die Ausstellung „Amazonia“ war bereits in zahlreichen Metropolen zu sehen und kommt nun nach Deutschland.

Zeitgleich zeigt die Kölner Galerie Bene Taschen eine Retrospektive Salgados mit Arbeiten aus den Werkgruppen Genesis, Workers, Gold, Exodus und Other Americas. Darin gehe es um die Schönheit der Erde und ihrer Natur, um die Arbeitswelt von Menschen aus verschiedenen Ländern, um eine Goldmine im brasilianischen Regenwald, um Flucht, Vertreibung und Migration sowie die kulturelle Vielfalt Lateinamerikas, erklärte die Galerie. Die Schau ist bis zum 24. Januar 2026 geplant.

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