Gewappnet für die Fluten von morgen

  • Zur Einweihung des Hochwasserschutzes in Neckartenzlingen wurden zwei Schwarzpappeln am Flussufer gepflanzt. Deren natürlicher Lebensraum sind Flussauen. Foto: Katja Länge

Neckartenzlingen Nach 15 Jahren Planungs- und Bauzeit ist die Gemeinde nun gegen hundertjährliches Hochwasser geschützt. Dafür soll noch die Erms umgeleitet werden.

In Zukunft könnten die Bewohner Neckartenzlingens bei Nacht ruhiger schlafen, so Bürgermeisterin Melanie Braun. Die Gemeinde verfügt nun über Hochwasserschutzanlagen von etwa 3,6 Kilometern entlang Neckar und Erms und ist damit für kommende hundertjährliche Hochwasser besser gerüstet.

„Vor zweieinhalb Jahren waren wir am gleichen Ort und ähnlicher Besetzung für den Spatenstich“, stellte Braun bei der Einweihungsfeier am Montag heraus. Der Bau, der 2023 begann, hat jedoch nur einen kleinen Teil des kompletten Prozesses eingenommen: Die vorhergehende Planungs- und Genehmigungsphase startete 2010 und umfasste insgesamt 13 Jahre.

Bei einem Treffen vor Baubeginn erklärte Braun Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Details des Hochwasserschutzprogramms. Als sie sich jüngst für einen Austausch trafen, sagte der Ministerpräsident, dass er sich noch gut daran erinnern könne. „Das wunderte mich. Als ich nachhakte, erklärte er, dass das seither sein Musterbeispiel für Überbürokratisierung ist“, berichtete Braun in ihrer Rede, „man sollte viel schneller ins Tun kommen.“ Aufgrund von Naturschutzauflagen mussten zahlreiche Befunde erstellt werden, die im Laufe der Zeit ihre Gültigkeit verloren haben und neu aufgesetzt werden mussten.

Dennoch sei es gelungen, im veranschlagten Kostenrahmen und der geplanten Bauzeit zu bleiben, so Achim Maxion, Leiter der Abteilung Umwelt im Regierungspräsidium Stuttgart. Die Gesamtkosten betragen rund fünf Millionen Euro. Davon trägt die Gemeinde 30 Prozent, also etwa 1,8 Millionen Euro. „Für das kommende Haushaltsjahr ist noch ein Anteil von 100.000 Euro veranschlagt und dann sind wir durch“, erklärte Braun.

Die Schutzmaßnahmen umfassen die Erhöhung der Hochwasserschutzmauern entlang der Stuttgarter Straße und In der Steige. Entlang des Höllbachs im Gewerbegebiet wurde ebenfalls der Schutzdamm erhöht, und auch das linke Ufer der Erms wurde durch Baumaßnahmen gesichert. So kann verhindert werden, dass sich Hochwasser aus dem Neckar in die Nebenflüsse zurückstaut.

Zusätzliche Sicherheit

Dadurch sind die angrenzenden Bereiche besser vor Überschwemmungen geschützt. Entlang der Neckarstraße wurde zudem eine Spundwand aus Stahl in den Damm eingebaut, wodurch dieser zusätzlich abgedichtet ist. Das sorgte zeitweise für starken Lärm und Erschütterungen in der Umgebung, sagte Maxon. Mit dem Abschluss der Arbeiten im Gebiet Im Wasen wurde das Projekt nun beendet.

Eine weitere Vorkehrung, um Schutz vor Überflutungen in Neckartenzlingen zu garantieren, ist aktuell vom Regierungspräsidium Stuttgart ausgeschrieben: „Um die Ökologie an der Erms zu verbessern, soll sie in die Flutmulde umgeleitet werden“, erklärt Maxion. Die Flutmulde zwischen Rundsporthalle und Brücke am Kelternplatz wurde 2006 als Abflussweg angelegt.

Durch die Umleitung könne der Bach wieder mäandern und Biotope schaffen; „es entstehen schöne Ecken“, beschreibt es Maxion. Dort, wo die Erms aktuell noch fließt, solle sie dann trockengelegt werden – dieser Bereich diene dann in Zukunft als Abfluss bei Hochwasser.

Auch ein Klimazuschlag wurde bei dem Projekt umgesetzt: Die Schutzleistung der Maßnahmen wurde dafür um 15 Prozent erhöht. So ist die Gemeinde auch auf Extremwetterereignisse besser vorbereitet. Denn aufgrund der Klimaveränderungen sei davon auszugehen, dass es zukünftig zu 15 Prozent mehr Abfluss kommen kann. Dem folglich höheren Wasserstand solle der Klimazuschlag entgegenwirken. Doch Maxion weist nachdrücklich darauf hin: „Es gibt keine absolute Sicherheit bei Hochwasser.“ Er appelliert an die Bevölkerung, sich entsprechend für den Extremfall vorzubereiten und Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.

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