Der Kampf der rebellischen Nonnen geht weiter
Konflikt Drei Ordensfrauen wehren sich gegen die Abschiebung ins Seniorenheim und besetzen ihre frühere Wirkungsstätte im Schloss Goldenstein bei Salzburg.
Wir erleben jeden Tag Wunder“, sagt Schwester Bernadette. Seit sechs Wochen besetzt sie mit zwei weiteren betagten Ordensfrauen das ehemalige Kloster im Schloss Goldenstein in Österreich. Sie berichten von einer Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft, auch aus Deutschland. Ihr Status bleibt zwar ungeklärt, doch eine Zwangsräumung müssen sie vorerst nicht fürchten.
Über den bewaldeten Bergen um Goldenstein in Elsbethen bei Salzburg hängt schon herbstlicher Nebel, doch im Klostergarten blühen noch einzelne Rosen. Hier haben Schwester Bernadette (88), Schwester Regina (86) und Schwester Rita (82) jahrzehntelang gelebt und in der angeschlossenen Mittelschule gearbeitet, bevor sie in ein Altenheim verlegt wurden – gegen ihren Willen, wie sie sagen. Anfang September nahmen sie aus dem Heim Reißaus, ließen ihr leerstehendes Kloster aufsperren und richteten sich dort wieder ein. Dadurch gerieten sie in Konflikt mit dem für sie zuständigen Ordensleiter – und erregten internationale Aufmerksamkeit in den Medien.
Bernadette gleitet mit einem Treppenlift hinab zum Gebet in die Kapelle. Der Lift wurde von einer Firma aus dem nordhessischen Neukirchen gespendet und eingebaut. Die Kapelle ist mit Blumen geschmückt. Eine ehemalige Schülerin der Nonnen, die einen Blumenladen betreibt, hat dafür gesorgt. Helferinnen und Helfer haben einen Instagram-Kanal für die Chorfrauen eingerichtet. Etwa 70.000 Follower verfolgen so ihr Leben – vom Gebet bis zum Knödel-Kochen von Bernadette, die früher in der Schule Kochlehrerin war. Vor wenigen Tagen wurde eine Pflegerin für die drei Frauen organisiert.
Doch hinter der scheinbaren neuen Idylle von Goldenstein steht ein schwerer Konflikt zwischen den Schwestern und dem Leiter des nahegelegenen Augustiner-Stifts Reichersberg, der für die Nonnen zuständig ist. Der Leiter, Propst Markus Grasl, hat sie dazu aufgerufen, in das Seniorenheim zurückzukehren. Die drei Frauen wiederum haben Grasl und einen weiteren Kirchenmann bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Dass der Propst das Kloster räumen lässt, ist indes nicht zu erwarten, wie dessen Sprecher Harald Schiffl betont. „Der Propst ist sehr langmütig und auch sehr gutmütig.“ Er weist aber auch darauf hin, dass die Anzeige die Möglichkeit eines Dialogs zunichtegemacht habe.
In der Anzeige fordern die Nonnen Ermittlungen zu ihrer Verlegung in das Altenheim vor fast drei Jahren, die aus ihrer Sicht rechtswidrig war. Außerdem solle der Verbleib von Hunderttausenden Euro an Ordens-Vermögen der Nonnen untersucht werden sowie die Umstände, unter denen die Nonnen 2022 das Schloss Goldenstein unentgeltlich an das Stift Reichersberg und die Erzdiözese Salzburg abgetreten hatten. Grasl hatte argumentiert, dass die Nonnen aus gesundheitlichen Gründen nicht länger in Goldenstein wohnen könnten.
Die Nonnen und ihre Helferinnen sagen hingegen, dass sich der Zustand der drei Damen seit der Rückkehr nach Goldenstein verbessert habe, besonders der von Schwester Regina. Sie unterrichtete früher nicht nur Mathematik und Naturwissenschaften an der Klosterschule, sie war auch Direktorin sowie oberste Nonne von Goldenstein. Das Schloss, in dem einst Dutzende Schwestern lebten, war seit dem späten 19. Jahrhundert im Besitz der Augustiner-Chorfrauen.
Die drei Nonnen schmieden bereits Pläne für ihre Zukunft in Goldenstein. Im Frühling will Schwester Rita den Klostergarten samt Gewächshaus mit Blumen und Gemüse reaktivieren. „Ab Februar wächst die Natur wieder“, sagt sie. „Da werde ich dann wieder starten.“