Neue Rechtsform als Lösung?

  • Will Unternehmern die Weitergabe ihrer Betriebe durch die Schaffung einer neuen Rechtsform erleichtern: Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD). Foto: Kay Nietfeld/dpa

Unternehmen Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) will die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmgV) einführen.

Berlin. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat angekündigt, eine neue Rechtsform für Unternehmen einzuführen – die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmgV). Die Kernidee der neuen Gesellschaftsform ist auf den ersten Blick überraschend: Erwirtschaftetes Kapital soll im Unternehmen verbleiben müssen. Unternehmer leiten ihre Firma, doch haben sie keinen Zugriff auf den Unternehmensgewinn und das in der Gesellschaft gebundene Vermögen. Man kann sagen, dass sie als Treuhänder fungieren. „Asset lock“ heißt das im Wirtschaftsdeutsch.

Das Projekt klingt neu, hat aber eine lange Vorgeschichte. Schon die Ampelregierung hatte sich die Reform vorgenommen. Um das Konzept funktionstüchtig zu machen, hatte sie eine Gruppe von sechs Hochschulprofessoren beauftragt, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Der aber traf dann auf Bedenken – vor allem beim damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). An dem Entwurf gab es inzwischen mehrere Änderungen. Lange war ein Thema, ob das Modell innerhalb der etablierten Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) machbar ist. Nun aber liegt das Konzept der neuen Rechtsform der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen vor.

Aber gibt es überhaupt eine Nachfrage dafür? Der Motor der Idee ist die „Stiftung Verantwortungsvermögen“. Ihr Sprecher Christoph Bietz nennt zwei Personenkreise, für die die neue Idee interessant sein könnte: „zum einen für die vielen mittelständischen Familienunternehmen, die in ihrer Familie keine Nachfolger finden und denen dann nichts anderes übrig bleibt, als das Unternehmen zu schließen oder zu verkaufen, mitsamt seinen Mitarbeitern, Kunden und Traditionen.“ Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen biete ihnen nun als eine weitere Option „die treuhänderische Weitergabe an Menschen, die sich für den Job eignen.“ Zweitens sei die GmgV interessant „für werteorientierte Start-ups und Sozialunternehmen, denen es darum geht, dass dauerhaft und verbindlich ihre Mission und Aufgabe im Zentrum steht und nicht das Interesse an schnellen persönlichen Gewinnen.“ Die Stiftung schätzt, dass bis zu 100.000 Unternehmen die neue Rechtsform nutzen werden.

Unumstritten ist die Idee nicht. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, sagte dieser Zeitung: „Und wieder einmal treibt die Politik eine Sau durchs Dorf, die keine wirklichen Probleme löst, aber in den nächsten Jahren die Steuergerichte zu beschäftigen verspricht.“ Seine Einschätzung: „Im besten Fall ist die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen schlichtweg überflüssig, im schlechtesten Fall beschäftigt sie über Jahre den Gesetzgeber und die Gerichte.“

Noch hat die Ministerin keine Eckpunkte vorgelegt. Im Ministerium arbeite man „unter Hochdruck“ an einem Vorschlag, erklärte eine Sprecherin in der Bundespressekonferenz.

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