Tausende Arbeitsplätze fallen weg

  • Ein Arbeiter des Maschinenbauers Dürr montiert einen Roboterarm für eine Lackieranlage für Fahrzeuge. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Maschinenbau Baden-Württembergs wichtigste Industriebranche fühlt sich von der Politik alleingelassen. „Wir brauchen mehr als Ankündigungen“, sagt der VDMA-Vorsitzende Mathias Kammüller.

Der wichtigste industrielle Arbeitgeber Baden-Württembergs, die knapp 2000 Maschinenbaubetriebe, gehen schwierigen Monaten entgegen. Im zweiten Jahr in Folge wird der Branchenumsatz 2025 sinken – und mit rund 80 Milliarden Euro fünf Prozent nominal unter dem Vorjahresergebnis liegen. Infolge des Auftragsmangels sank die Auslastung in der Produktion auf 77,6 Prozent. Das sei schlechter als im Corona-Jahr und liege deutlich unter dem langjährigen Mittel von 86 Prozent, sagten Mathias Kammüller, Vorsitzender des Branchenverbandes VDMA Baden-Württemberg, und Geschäftsführer Dietrich Birk bei einer Online-Pressekonferenz.

Angesichts einer Exportquote des baden-württembergischen Maschinenbaus von 80 Prozent, leidet die Branche besonders stark unter den Zollkonflikten, geopolitischen Risiken und der weltweiten Investitionsflaute. Auch im Inland gehe das Geschäft leicht zurück. Es sehe so aus, als ob zumindest die Talsohle erreicht sei, sagte Kammüller. „Es fehlt jedoch weiterhin an klaren Wachstumsimpulsen, sodass eine mögliche Erholung nur äußerst zögerlich eintreten dürfte“, sagte der VDMA-Vorsitzende.  Der Investitionsbooster der Bundesregierung springe nicht an. Ein Abbau der Bürokratie sei ebenso wenig erkennbar wie schnellere Genehmigungsverfahren und Investitionen in die Infrastruktur.

Bürokratischer Aufwand

Das alles gebe den Betrieben keine Zuversicht. „Für den Stimmungsumschwung braucht es mehr als Ankündigungen und Absichtserklärungen: Es braucht echte Reformen und – da, wo nötig – auch unbequeme Entscheidungen“, sagte Kammüller mit Blick auf die Bundesregierung. Schon heute, so Birk, seien die Lohnstückkosten in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zu teuer. Die Lohnnebenkosten, zu denen die Ausgaben für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gehören, würden aktuell rund 42 Prozent betragen. Eine Entlastung sei dringend nötig, um industrielle Wertschöpfung und mit ihr Arbeitsplätze in Deutschland zu halten.

Im wichtigsten Auslandsmarkt der Branche, den USA, ist die Lage dreifach verzwickt. Neben den pauschalen Zöllen treffen die Maschinenbauer auch der 50-prozentige Zusatz auf Stahl- und Aluminiumprodukte. Für die Betriebe seien das nicht nur finanzielle Belastungen, sondern auch einen erheblichen bürokratischen Aufwand. Bei der Berechnung des Zollsatzes müssten Zusammensetzung, Gewicht, Herkunft und Kosten einzelner Bauteile aus Stahl oder Aluminium exakt beziffert werden, erläuterte Kammüller. Fehler bei der Zoll-Kalkulation von tausenden Komponenten und Teilen einer Maschine können zu hohen Strafzahlungen führen, die um ein Vielfaches über dem Maschinenwert liegen. Obendrein macht der deutlich gesunkene Dollar-Kurs deutsche Maschinen für US-Kunden deutlich teurer.

Eine weitere Folge der US-Politik: China leitet Waren, die aufgrund der US-Zölle zu teuer für die USA sind, auf andere Märkte und vermehrt nach Europa. Das verstärkt den Konkurrenzdruck für deutsche Hersteller. Angesichts der schwierigen Lage stehen die Zeichen in der Branche auf Stellenabbau. Das Abbauen der Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit reichten bei etlichen Betrieben nicht mehr aus, sagte Birk. Bis zum Jahresende werde  die Beschäftigtenzahl wohl um knapp drei Prozent sinken. Das entspricht einem Abbau von rund 9000 Arbeitsplätzen. Zudem kommt: Trotz des drohenden Fachkräftemangels gab bei einer Umfrage des Verbandes jedes dritte Unternehmen an, selbst die Stammbelegschaft nicht mehr vollständig halten zu können.

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