Er denkt nur an sich
Von Tomahawk-Raketen ist keine Rede mehr, stattdessen stehen wieder Gebietsabtretungen an Russland im Raum. Das Pendel von US-Präsident Donald Trump schlägt – nach einem Telefonat mit Putin – mal wieder gen Moskau.
Die Ausgangslagen könnten unterschiedlicher kaum sein: Die EU berät darüber, wie und ob man eingefrorenes russisches Vermögen zur Unterstützung der Ukraine nutzen sollte und beschließt ein schrittweises Verbot russischer Gasimporte in die EU. Währenddessen bereitet der US-Präsident Zugeständnisse an Putin im Ukraine-Krieg vor. Das Verhaltens-Pendel des Donald Trump schwingt erneut Richtung Moskau. Und wieder einmal festigt er damit den Eindruck, dass er immer der Person folgt, mit der er zuletzt gesprochen hat.
Denn laut Trump hätten die Russen in der Ukraine gekämpft und gewisses „Eigentum“ gewonnen, sagte er in einem Interview mit Fox News – das unmittelbar im Anschluss mit seinem Telefonat mit Präsident Wladimir Putin und vor dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgezeichnet wurde. Statt einer Verurteilung des Angriffskrieges, des Bruchs von internationalem Recht also das Signal an Putin für Gebietsabtretungen.
Ganz anders die Tage davor: Da hatte Trump deutlich ernstere und mahnendere Worte Richtung Moskau verloren, hatte sogar die Lieferung von Tomahawk-Raketen in Aussicht gestellt und war sichtlich sauer, dass Putin nach dem Alaska-Gipfel gar nicht von seinem täglichen Beschuss der Ukraine abließ. Von den Raketen, geschweige denn Aufforderungen gen Moskau, die Bombardierung von Zivilbevölkerung, Energieinfrastruktur und Zügen sofort zu unterlassen, hört man jetzt nichts mehr.
Schon die Friedensplan-Unterzeichnung für den Gaza-Krieg zeigte vergangene Woche, dass es Trump vor allem um eins geht: seinen großen Moment im Scheinwerferlicht. Dass es für einen Frieden mehr braucht als Händeschütteln und eine Unterschrift mit schwarzem Filzstift, zeigt sich dieser Tage. Doch mit den Details, den eigentlichen Schritte hin zu einem stabilen Frieden, damit will sich Trump nicht aufhalten. Da nimmt er sogar in Kauf, dass die Hamas, ausgerechnet diese Terrorbande, in Gaza patrouilliert und Zivilisten exekutiert.
Trump bewegt sich lieber gleich zum nächsten Schauplatz, er muss für seine Liste sammeln, um sich mit angeblich durch ihn gelösten Konflikten in die Geschichtsbücher zu schreiben.
Für die Ukraine kann das nichts Gutes heißen. Schon jetzt sind die gefürchteten Gebietsabtretungen dank Trump wieder auf dem Tisch. In Budapest könnte Trump diesen Deal klarmachen – über die Köpfe der Ukrainer hinweg. Dass er gemeinsam mit dessen letztem Verbündeten in Europa, mit Viktor Orbán, den Kriegsverbrecher Putin auf EU-Boden einlädt, ist alleine schon ein Affront. Doch für die Ukraine ist es ein besonderer Schlag ins Gesicht: Genau an dieser Stelle gab die Ukraine 1994 im Vertrauen auf Schutz und Unterstützung durch die USA, Großbritannien und Russland (!) ihre Atomwaffen aus Sowjetzeiten ab. Wie gut die Sicherheitsgarantien aus dem Budapester Memorandum funktioniert haben, zeigte sich spätestens 2014 mit der Annexion der Krim und dem Beginn des Kriegs in der Ostukraine. Man kann nur hoffen, dass nicht erneut in der ungarischen Hauptstadt das ukrainische Schicksal besiegelt wird.
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In Budapest könnte Trump diesen Deal klarmachen – über die Köpfe der Ukrainer hinweg.