Ärzte sehen Gefahr für Patienten durch Rezeptfreiheit

  • Mitte dieses Jahres gab es noch 16.803 Apotheken in Deutschland. Foto: Fabian Sommer/dpa

Gesundheit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will den Apotheken mehr Spielraum geben. Für die Mediziner geht das komplett in die falsche Richtung.

Für die Ärzteschaft ist die Sache klar: Die von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) geplante Apothekenreform sei ein „gefährlicher Irrweg“, gar eine Bedrohung der Patientensicherheit, heißt es unisono etwa von Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Bundesärztekammer oder Hausärzteverband. Dabei geht es vor allem um einen Punkt: Dass es unter bestimmten Umständen möglich sein soll, dass Apotheker verschreibungspflichtige Medikamente ohne Rezept abgeben.

Das steht im Gesetzentwurf, den Warken in die Ressortabstimmung gegeben hat. Demnach soll gelten: Wer es versäumt hat, sich rechtzeitig das Folgerezept für ein regelmäßig einzunehmendes Medikament zu besorgen, soll diese Arznei in der kleinsten Packungsgröße auch ohne Verschreibung in der Apotheke bekommen können. Voraussetzung: Man hat das Präparat bereits mindestens ein Jahr lang genommen, was in der elektronischen Patientenakte überprüft werden soll. Allerdings muss man als Patient die Arznei dann selbst bezahlen. Und einen Servicezuschlag für die Apotheke von bis zu fünf Euro berappen.

Mehr Honorar gefordert

Eigentlich rezeptpflichtige Medikamente ohne Rezept werden auch für „akute, unkomplizierte Formen bestimmter Erkrankungen“ erwogen. Worum es sich da handeln könnte, soll später in einer Rechtsverordnung stehen. Gedacht ist etwa an Antibiotika bei einer Blasenentzündung. Für Markus Beier, den Chef des Hausärzteverbandes, ist das eine Zumutung. Ob eine Erkrankung unkompliziert sei oder nicht, könne nur ein Arzt feststellen. Apotheker verfügten nicht über die Kompetenzen, um einschätzen zu können, „ob es sich beispielsweise um einen einfachen viralen Infekt oder eine Lungenentzündung handelt“.

Kritisch sehen die Mediziner auch die Idee, dass Apotheken häufiger impfen dürfen. Bisher sind nur Grippe- und Corona-Impfungen in Apotheken erlaubt. Nun sollen etwa Tetanus und FSME dazukommen. Das hält der Verband der Ersatzkassen jedoch für eine gute Idee. „Mit dieser Öffnung wird den Menschen ein weiterer Weg ermöglicht, wichtige Impfungen wahrzunehmen“, so Vorstand Boris von Maydell.

Aber auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ist letztlich mit der Reform unzufrieden. Hier allerdings geht es um einen anderen Punkt: Im Koalitionsvertrag war in Aussicht gestellt worden, das Apothekenhonorar spürbar zu erhöhen. Nun ist nur noch von Verhandlungen zwischen Apothekerschaft und Krankenkassen über die Honorarhöhe die Rede. Für Präsident Thomas Preis wird dies „das Apothekensterben nicht stoppen, denn davon könnten die Apotheken erst nach einigen Jahren profitieren“. Das Honorar sei seit „13 Jahren eingefroren und die Kosten der Apothekenbetriebe sind im selben Zeitraum um mehr als 60 Prozent gestiegen“. Innerhalb von zehn Jahren sei so jede fünfte Apotheke verschwunden.

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