Wenn das Sprechen schwerfällt

  • Nicolaus Will liest bedruckte Seiten mit Übungswörtern. Foto: Uwe Anspach/dpa

Weinheim. „Mein Name ist Nnnnnicolas Will, ich bin 32 Jahre alt, bin hier in Wweinheim geboren und auch g-groß geworden“, stellt sich Nicolas Will vor. Er sitzt in der Küche seiner Zweizimmerwohnung in Weinheim, einer 46.000-Einwohner-Stadt im Rhein-Neckar-Kreis. Will stottert seit seiner Kindheit. Er hat jahrelang mit Logopäden gearbeitet und übt täglich für ein flüssigeres Sprechen. „Ich versuche, mein Sprechen nicht unbedingt mehr als Defizit wahrzunehmen, sondern auch als Teil von mir“, sagt er.

Rund ein Prozent der Bevölkerung stottert laut der Bundesvereinigung Stottern und Selbsthilfe – in Deutschland sind das knapp 840.000 Menschen. Im Kindesalter liegt der Anteil noch deutlich höher: Rund fünf Prozent der Mädchen und Jungen stottern demnach, doch bei 70 bis 80 Prozent von ihnen legt sich das Problem wieder. Stottern ist eine Störung des Redeflusses, die laut Experten hauptsächlich genetische Ursachen hat.

Bei Will fing das Stottern als Kleinkind an – als er begann zwei, drei Sätze hintereinander zu sprechen, wie er erzählt. Der Kinderarzt testete sein Sprechvermögen und überwies den Jungen an einen Logopäden. Mit dem übte er regelmäßig über längere Zeit – allerdings nicht besonders erfolgreich, sagt Will. Mit 16 Jahren machte er zwei Wochen lang eine Intensivtherapie in Kassel. „Direkt danach war das Sprechen super.“ Doch im stressigen Alltag verloren sich die eingeübten Strategien wieder.

In der Schule sei es manchmal schwierig gewesen, erzählt Will. Seinen Realschulabschluss habe er mit einem Schnitt von etwa 2,5 gemacht. Mit seinen Mitschülern ist Will nach eigenen Angaben gut zurechtgekommen. „Ich habe ein Leben lang Fußball gespielt. Da hat man jetzt auch nicht so viel sprechen müssen“, sagt Will und lacht. Grundsätzlich sei es so, dass er mit Familie und Freunden weniger Probleme mit dem Stottern habe – wenn er entspannt sei, sich wohlfühle. Einen Ausbildungsplatz zum Speditionskaufmann habe er nach der Schule allerdings recht problemlos gefunden. Die Personalleiterin habe damals zu ihm gesagt, „dass sie das toll findet, dass ich einen kaufmännischen Beruf erlernen will, wo man natürlich auch telefonieren muss, ein bisschen mehr reden muss“. Er habe sich bewusst für den Beruf entschieden, sagt Will.

Im Fernstudium habe er einen Abschluss als Fachwirt im Logistikmanagement gemacht. Seit acht Jahren arbeitet er nun als Logistiker bei einem Wissenschaftsverlag. Will kontrolliert den Warenfluss und steht in Kontakt mit Druckereien.

Porträt Nicolas Will arbeitet als Logistiker in einem Wissenschaftsverlag – und stottert.

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL