China fährt auf deutschen Straßen hinterher

Autoindustrie Auf ihrem Heimatmarkt sind Hersteller aus der Volksrepublik eine harte Konkurrenz für deutsche Marken – hierzulande stockt die Expansion.

Der Hype um Automarken aus China ist groß: In der Fachwelt werden sie als zukunftsweisend und preiswert gelobt. Für deutsche Automobilbauer dagegen gelten BYD und Co als Hybris. Aber auf deutschen Straßen sind die Fahrzeuge aus dem Reich der Mitte noch kaum unterwegs. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte dazu Anfang des Jahres Zahlen vorgelegt: Rund 50 Millionen Autos sind in der Bundesrepublik zugelassen, darunter aber nur 70.000 chinesische Modelle. Aber wie kommt dieser Unterschied von Wahrnehmung und Realität zustande?

Tatsächlich gibt es aktuell deutliche Steigerungen bei den fernöstlichen Anbietern, inklusive Polestar und Smart, das seit 2020 ein Gemeinschaftsunternehmen von Mercedes-Benz und dem chinesischen Konzern Geely ist. Im März haben sie 1,6 Prozent Marktanteil bei den Neuzulassungen erreicht. Das waren 0,4 Prozentpunkte mehr als im Vormonat und weist auf eine klare Entwicklung hin, wenn auch auf niedrigem Niveau.

Polestar, ein Joint-Venture von Volvo sowie dem Hersteller Geely mit Hauptsitz in Hangzhou, das sich als schwedisches Unternehmen mit Hauptsitz in Göteborg versteht, aber zu einem großen Teil in China produzieren lässt, hat erst vor kurzem die Verkaufszahlen für das erste Quartal in diesem Jahr bekannt gegeben. „Global konnten wir ein Wachstum von 76 Prozent erzielen, in Deutschland sind wir im Vergleich zum Vorjahresquartal ebenso um 35,5 Prozent gewachsen“, teilte Unternehmenssprecherin Anna Wesolowski mit. Aufgrund der Börsenlistung dürfe das Unternehmen keine lokalen Erwartungen kommunizieren, jedoch wird global von einem jährlichen Wachstum zwischen 30 und 35 Prozent in den kommenden drei Jahren ausgegangen.

Dünnes Vertriebsnetz

„Die Herausforderungen in Deutschland sind weiterhin die Zurückhaltung gegenüber der E-Mobilität im Allgemeinen“, sagt die Polestar-Sprecherin, „auch wenn die Koalition im 8-Punkte-Plan zu Förderung der Mobilität bereits einige positive Zeichen gesetzt hat, hätten wir uns ein klareres Bekenntnis zur E-Mobilität hier gewünscht, hoffen nun aber, dass die Punkte schnellstmöglich umgesetzt werden.“

Stefan Bratzel kommt in seiner Untersuchung für das erste Quartal des Jahres sogar auf fast 27.000 Neuzulassungen chinesischer Marken, wobei er die von Geely übernommene Marke Volvo mit allein rund 16.300 Zulassungen in seiner Auflistung dazuzählt. Der Professor und Gründer des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach übt allerdings Kritik an der bisherigen Strategie chinesischer Hersteller, was den europäischen Markt angeht: „Ich glaube, dass viele versucht haben, hier schnell zu expandieren und mit höherpreisigen Modellen größere Marktanteile zu erzielen – das ist schiefgegangen.“

Der Experte vermutet, dass sie demnächst mit einem anderen Ansatz die Expansion vorantreiben werden müssen mit noch höherer Qualität bei noch niedrigeren Preisen – so wie es die koreanischen Unternehmen Hyundai und Kia seinerzeit geschafft hätten, sich in Deutschland zu etablieren. Denn so viel günstiger als hiesige Fabrikate sind Autos aus dem Reich der Mitte nicht. „Und wenn Verbraucher ein Mittelklassefahrzeug für 40.000 Euro erwerben, dann wollen sie auch sicher sein, dass sie etwa bei Reparaturen einen guten Service vorfinden.“

Mit diesem Hinweis beschreibt der CAM-Chef ein weiteres Manko. Denn potenzielle Käufer schauen verunsichert auf ein dünnes Vertriebsnetz, das zum Beispiel an einem schnellen und ausreichenden Angebot von Ersatzteilen zweifeln lässt. Wer in Europa stark sein wolle, müsse letztlich auch die Wertschöpfung in Europa einrichten. Die Vorbereitungen dafür haben bei einigen Herstellern bereits begonnen.

„In den nächsten drei, vier Jahren werden wir sehen, wer sich aus dieser Vielzahl chinesischer Anbieter wird behaupten können“, prognostiziert Bratzel. Die, die mit eigenen Fabriken in Europa präsent sein und über ein weitverzweigtes Servicenetz verfügen werden, dürften überleben, die anderen wohl nicht. Bei Polestar jedenfalls sieht man sich gut aufgestellt: Die Produktion sei bereits auf Amerika erweitert, ein neues Modell der Oberklasse werde in Europa produziert. Wesolowski: „Da wir Produktionskapazitäten im Konzern nutzen, ist dies, ohne das Errichten von Fabriken in kurzer Zeit und ohne große Investitionen tätigen zu müssen, möglich – ein großer Wettbewerbsvorteil.“

So klappt es mit der Betriebsübergabe

Generationswechsel Steinmetzmeister Fabian Storrer kennt sich mit einem Thema sehr gut aus, mit dem sich viele Unternehmer nur ungern beschäftigen: der Nachfolge. Einblicke, wie eine Übernahme gelingt.

Ein Auge geworfen hatte Fabian Storrer auf den Betrieb seines Kollegen im benachbarten Tettnang schon lange. Der selbstständige Steinmetzmeister mit Sitz in Ravensburg wusste, dass sich der Inhaber auf absehbare Zeit aus Altersgründen zur Ruhe setzen wollte und bislang keinen Nachfolger hatte. „Der Betrieb hatte einen sehr guten Ruf, machte ordentliche Umsätze und verfügte über qualifizierte Fachkräfte, die auch in meiner Branche knapp sind. Die Einzugsgebiete ergänzten sich ideal und am Ende war er auch ein starker Wettbewerber“, fasst Storrer die strategischen Gründe für sein Interesse zusammen. Was ihm noch fehlte, war die passende Gelegenheit, um die Transaktion anzustoßen.

Eine direkte Anfrage an den Alt-Eigentümer kann zwar auf grundsätzliches Interesse stoßen. Wenn es dann aber in die konkreten Verhandlungen geht, schwächt ein zu deutlich geäußerter Kaufwille die eigene Position und treibt den Preis nach oben. Steinmetzmeister Storrer hat daher geduldig abgewartet und vor gut eineinhalb Jahren kam das notwendige Quäntchen Glück dazu.

„Auf der Betriebsbörse der Handwerkskammer Ulm, bei der ich zu der Zeit regelmäßig reingeschaut habe, können Eigentümer ihre Firma anonymisiert anbieten“, erzählt der 35-Jährige. „Als dort ein neues Inserat auftauchte, wusste ich aufgrund der Beschreibung sofort, dass es sich nur um den betreffenden Betrieb handeln konnte.“ Er schrieb auf die Chiffreanzeige, traf sich mit dem Eigentümer und nach einigen Verhandlungsrunden brachte Storrer den Kauf nach einem halben Jahr erfolgreich unter Dach und Fach. Im November steht bereits die nächste Übernahme an. Dieses Mal ist es der elterliche Betrieb in Ertingen (Kreis Biberach), der vor 147 Jahren gegründet worden ist. Fabian Storrer ist die fünfte Generation, die das Familienunternehmen führt. In Ravensburg, Tettnang und Ertingen beschäftigt die Familie Storrer 15 Mitarbeiter

Großer Bedarf

Dass Unternehmer, die ihren Betrieb verkaufen wollen, und Interessenten ohne Hilfe von Banken und teuren Beratern zueinander finden, ist eher die Ausnahme. Dabei ist der Bedarf groß – und wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Eine Ende vergangenen Jahres veröffentlichte Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform kommt zu dem Ergebnis, dass bei rund 40 Prozent der inhabergeführten Firmen in Deutschland in den kommenden drei bis fünf Jahren das Thema Nachfolge ansteht.

Der Grund: Mindestens ein Inhaber oder eine Inhaberin ist älter als 60 Jahre und kommt damit absehbar ins Rentenalter. Besonders groß ist der Handlungsbedarf der Studie zufolge demnach in Dienstleistungsbranchen. Aber auch im Handel und im verarbeitenden Gewerbe steht in vielen Betrieben in den nächsten Jahren ein Wechsel in der Unternehmensführung an.

Häufig fehlt es an jemandem aus der Familie, der den Betrieb weiterführt. Die jüngere Generation zögere, nach Angaben der Creditreform-Experten, das steigende unternehmerische Risiko einzugehen. Daher muss in vielen Fällen nach einem externen Nachfolger gesucht werden. „Das gestaltet sich wegen der engen Bindung der Inhaber zum Betrieb häufig schwierig“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.

Die Folge: Oft beschäftigten sich Firmen zu spät mit der Planung und finden dann keine passende Nachfolgelösung. Die Alt-Eigentümer arbeiten dann häufig weiter und gehen erst im hohen Alter in den Ruhestand. Der Betrieb muss dann nicht selten aufgegeben werden.

„Auch im Gebiet der Handwerkskammer steht in vielen Betrieben aus Altersgründen die Nachfolge an“, weiß Benjamin Hauber, Moderator für Betriebsnachfolge bei der Handwerkskammer Ulm (HWK). Hauber und ein Team aus gut zehn Experten stehen im Zentrum für Betriebsnachfolge, das die HWK seit 2016 betreibt, und bei den Beratungsdiensten als Ansprechpartner für betroffene Unternehmer bereit und leisten Hilfe. „Wir bieten Betrieben etwa eine kostenfreie Orientierungsberatung an, um die ersten Schritte zu einer geordneten Nachfolgeregelung anzustoßen, aber auch Stolpersteine auf dem Weg dahin zu identifizieren“, so Hauber.

Einer der größten ist, erst einmal überhaupt einen passenden Kandidaten für die Nachfolge zu finden, der ein schlüssiges Konzept hat und am Ende in der Lage ist, einen angemessenen Preis zu zahlen. „Digitale Plattformen wie unsere Betriebsbörse oder auch die bundesweite branchenübergreifende Nexxtchange helfen Betrieben, für Interessenten sichtbar zu werden“, sagt Hauber. „Vier bis fünf Rückmeldungen pro Inserat sind die Regel. Das bedeute nicht automatisch einen Abschluss. Jedoch erhöhe diese Dynamik die Wahrscheinlichkeit, dass ein Käufer und der Verkäufer zusammenfinden.

Zudem sind er und sein Team im laufenden Austausch mit den Bildungsinstitutionen und sprechen dort Absolventen und junge Meister an. „Zusätzlich schauen wir auch auf die andere Seite und helfen, einen Betrieb auch attraktiv zu machen für einen potenziellen Nachfolger – etwa, indem wir die betriebswirtschaftliche Situation analysieren. Insgesamt werden unsere allesamt kostenfreien Angebote rege nachgefragt“, sagt Hauber.

Betriebswirtschaftliche Beratung durch externe Experten im Vorfeld hilft andererseits auch potenziellen Käufern. „Für die Bankberater ist das häufig eine Art Gütesiegel, das ihnen zeigt, dass sich ihr Kunde gewissenhaft auf das Nachfolgeprojekt vorbereitet hat“, weiß Moderator Hauber. „Das erleichtert dann häufig die Gespräche über die Anträge zur Finanzierung.“

Geholfen hat Steinmetzmeister Storrer bei seiner Finanzierung, dass er seiner Hausbank monatlich seine betriebswirtschaftlichen Auswertungen hat zukommen lassen: „Das sorgt für Vertrauen, was dann auch die Entscheidung über eine Kreditvergabe beschleunigt.“ Ein valides Finanzierungskonzept ist auch Voraussetzung, um den letzten und bedeutendsten Stolperstein aus dem Weg zu räumen: die Einigung über den Kaufpreis. „Auch hier hat uns die Beraterin der Handwerkskammer gut unterstützt, indem sie uns auf Basis von objektiven Kennziffern und Branchenzahlen einen Bewertungskorridor an die Hand gegeben hat“, sagt Storrer. „Damit konnte jeder von uns beiden sehen, welcher Preis fair ist – was geholfen hat, die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.“

Kommentar

Teure Falle statt Vignette

Die nächsten Feiertage stehen vor der Tür. Da lockt ein Ausflug ins benachbarte Österreich. Es fehlt nur noch die Vignette für die dortige Autobahn. Schnell online gekauft? Vorsicht! An dieser Stelle schlagen Betrüger zu – mit professionell gestalteten Fake-Webseiten, die den offiziellen Verkaufsstellen täuschend ähnlich sehen.

Was bei Suchmaschinen ganz oben als „offizielle Seite“ für den Vignettenkauf erscheint, ist häufig eine bezahlte Anzeige von Kriminellen. Die Seiten wirken seriös, nutzen vertraute Logos. Manchmal ist der Unterschied zur echten Seite nur minimal. Wer etwa unterwegs im Auto die Vignette schnell per Smartphone kaufen will und unter Zeitdruck steht, landet leicht in der Falle. Nach Ostern meldeten sich etliche Betroffene bei der Verbraucherzentrale, weil ihre Bank den Schaden nicht erstattete.

Besonders perfide: Nach Eingabe der Kreditkartendaten folgt meist die Zwei-Faktor-Authentifizierung. Doch statt der 12,40 Euro für die 10-Tages-Vignette erscheint plötzlich ein höherer Betrag – teils mehrere Hundert Euro. Manche Betrüger buchen sogar in fremden Währungen, etwa Armenischen Dram. Ein Betrag wie „500.000,00 AMD“ wirkt auf den ersten Blick wie ein technisches Buchungszeichen. Tatsächlich entspricht er mehr als 1000 Euro. Der Betrug fällt vielen erst auf, wenn das Geld überwiesen ist.

Wer sich vor dieser Abocke schützen will, sollte sich vor der Reise die korrekte Internetadresse notieren – in diesem Fall asfinag.at. Im Zweifel kann jede Internetseite im Fakeshop-Finder der Verbraucherzentrale geprüft werden. Auch sollte man nicht auf gesponserte Suchanzeigen klicken und den Kauf sofort abbrechen, wenn der Betrag nicht exakt mit der offiziellen Gebühr übereinstimmt.

Die Betrüger nutzen die gleiche Masche auch bei Online-Anträgen für Führungszeugnisse, Wunschkennzeichen, Rundfunkbeitrag oder die neue Einreisegenehmigung nach Großbritannien (ETA). Deshalb gilt: Ein kurzer, prüfender Blick kann viel Geld und Ärger ersparen.

Unser Autor Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, informiert an dieser Stelle im Wirtschaftsteil regelmäßig über aktuelle Themen aus der Beratungspraxis der Verbraucherzentrale. Kontakt zum Autor: info@vz-bw.de.

Abwehr von Drohnen neu im Sortiment

Rüstung Heckler & Koch ist klassischer Hersteller von Handfeuerwaffen und Gewehren. Nun wird das Spektrum erweitert.

Oberndorf. Der größte deutsche Hersteller von Handfeuerwaffen, Heckler & Koch, steigt in das Geschäft mit der Drohnenabwehr ein. „Drohnen sind für Infanteristen eine unglaubliche Bedrohung, wogegen es bislang nur wenige Lösungen gibt“, sagte Firmenchef Jens Bodo Koch, ohne Details zu dem Auftrag zu nennen.

In dem neuen Verteidigungssystem werden Granatwerfer oder Granatmaschinenwerfer auf einem Fahrzeugturm installiert und mit einer Sensorbox ausgestattet, die dank Künstlicher Intelligenz Drohnen am Himmel erkennt und ihre Bedrohung einschätzt. Daraufhin wird die Granate so programmiert, dass sie in der Nähe der Drohne explodiert. „In der Luft entsteht eine Metallwolke, in die die Drohne hineinfliegt und zerstört wird“, erklärte Koch.

Kooperation mit KI-Spezialisten

Bei der Drohnenabwehr arbeitet Heckler & Koch mit dem KI-Spezialisten Autonomous Teaming aus München zusammen. Von Rheinmetall kommen Steuerungskomponenten für die Granaten, der Fahrzeugturm stammt aus einer slowenischen Firma. „Wir sind der Systemanbieter, der das alles zusammenführt“, sagte Koch.  Ende des Jahres soll das Produkt auf den Markt kommen.

Das neue Erzeugnis ist ein Beispiel für den geänderten Kurs des Herstellers. Als Koch 2018 bei der Rüstungsschmiede den Chefsessel übernahm, war die Firma ein klassischer Waffenfabrikant. Inzwischen versteht sie sich als „Systemanbieter“, der Waffenkomponenten von Zulieferern einkauft und als Gesamtsystem mitverkauft – etwa Schalldämpfer und Gewehr-Optiken.

2024 kletterte der Umsatz des Unternehmens um 14 Prozent auf 343 Millionen Euro, der Auftragseingang erhöhte sich um 50 Prozent auf den Rekordwert von 426 Millionen Euro. Der Gewinn nach Steuern stieg um 9,6 Prozent auf 31,5 Millionen Euro. Mit hohen Investitionen wurde die Produktion modernisiert. Der einst erdrückend hohe Schuldenberg hat sich dank der profitablen Geschäfte weiter verringert. Die Nettoverschuldung beträgt 90 Millionen Euro. Heckler & Koch beschäftigt rund 1250 Mitarbeiter, die meisten davon am Stammwerk in Oberndorf. In den USA hat die Firma ein kleines Montagewerk.

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