Generationswechsel Steinmetzmeister Fabian Storrer kennt sich mit einem Thema sehr gut aus, mit dem sich viele Unternehmer nur ungern beschäftigen: der Nachfolge. Einblicke, wie eine Übernahme gelingt.
Ein Auge geworfen hatte Fabian Storrer auf den Betrieb seines Kollegen im benachbarten Tettnang schon lange. Der selbstständige Steinmetzmeister mit Sitz in Ravensburg wusste, dass sich der Inhaber auf absehbare Zeit aus Altersgründen zur Ruhe setzen wollte und bislang keinen Nachfolger hatte. „Der Betrieb hatte einen sehr guten Ruf, machte ordentliche Umsätze und verfügte über qualifizierte Fachkräfte, die auch in meiner Branche knapp sind. Die Einzugsgebiete ergänzten sich ideal und am Ende war er auch ein starker Wettbewerber“, fasst Storrer die strategischen Gründe für sein Interesse zusammen. Was ihm noch fehlte, war die passende Gelegenheit, um die Transaktion anzustoßen.
Eine direkte Anfrage an den Alt-Eigentümer kann zwar auf grundsätzliches Interesse stoßen. Wenn es dann aber in die konkreten Verhandlungen geht, schwächt ein zu deutlich geäußerter Kaufwille die eigene Position und treibt den Preis nach oben. Steinmetzmeister Storrer hat daher geduldig abgewartet und vor gut eineinhalb Jahren kam das notwendige Quäntchen Glück dazu.
„Auf der Betriebsbörse der Handwerkskammer Ulm, bei der ich zu der Zeit regelmäßig reingeschaut habe, können Eigentümer ihre Firma anonymisiert anbieten“, erzählt der 35-Jährige. „Als dort ein neues Inserat auftauchte, wusste ich aufgrund der Beschreibung sofort, dass es sich nur um den betreffenden Betrieb handeln konnte.“ Er schrieb auf die Chiffreanzeige, traf sich mit dem Eigentümer und nach einigen Verhandlungsrunden brachte Storrer den Kauf nach einem halben Jahr erfolgreich unter Dach und Fach. Im November steht bereits die nächste Übernahme an. Dieses Mal ist es der elterliche Betrieb in Ertingen (Kreis Biberach), der vor 147 Jahren gegründet worden ist. Fabian Storrer ist die fünfte Generation, die das Familienunternehmen führt. In Ravensburg, Tettnang und Ertingen beschäftigt die Familie Storrer 15 Mitarbeiter
Großer Bedarf
Dass Unternehmer, die ihren Betrieb verkaufen wollen, und Interessenten ohne Hilfe von Banken und teuren Beratern zueinander finden, ist eher die Ausnahme. Dabei ist der Bedarf groß – und wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen. Eine Ende vergangenen Jahres veröffentlichte Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform kommt zu dem Ergebnis, dass bei rund 40 Prozent der inhabergeführten Firmen in Deutschland in den kommenden drei bis fünf Jahren das Thema Nachfolge ansteht.
Der Grund: Mindestens ein Inhaber oder eine Inhaberin ist älter als 60 Jahre und kommt damit absehbar ins Rentenalter. Besonders groß ist der Handlungsbedarf der Studie zufolge demnach in Dienstleistungsbranchen. Aber auch im Handel und im verarbeitenden Gewerbe steht in vielen Betrieben in den nächsten Jahren ein Wechsel in der Unternehmensführung an.
Häufig fehlt es an jemandem aus der Familie, der den Betrieb weiterführt. Die jüngere Generation zögere, nach Angaben der Creditreform-Experten, das steigende unternehmerische Risiko einzugehen. Daher muss in vielen Fällen nach einem externen Nachfolger gesucht werden. „Das gestaltet sich wegen der engen Bindung der Inhaber zum Betrieb häufig schwierig“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Die Folge: Oft beschäftigten sich Firmen zu spät mit der Planung und finden dann keine passende Nachfolgelösung. Die Alt-Eigentümer arbeiten dann häufig weiter und gehen erst im hohen Alter in den Ruhestand. Der Betrieb muss dann nicht selten aufgegeben werden.
„Auch im Gebiet der Handwerkskammer steht in vielen Betrieben aus Altersgründen die Nachfolge an“, weiß Benjamin Hauber, Moderator für Betriebsnachfolge bei der Handwerkskammer Ulm (HWK). Hauber und ein Team aus gut zehn Experten stehen im Zentrum für Betriebsnachfolge, das die HWK seit 2016 betreibt, und bei den Beratungsdiensten als Ansprechpartner für betroffene Unternehmer bereit und leisten Hilfe. „Wir bieten Betrieben etwa eine kostenfreie Orientierungsberatung an, um die ersten Schritte zu einer geordneten Nachfolgeregelung anzustoßen, aber auch Stolpersteine auf dem Weg dahin zu identifizieren“, so Hauber.
Einer der größten ist, erst einmal überhaupt einen passenden Kandidaten für die Nachfolge zu finden, der ein schlüssiges Konzept hat und am Ende in der Lage ist, einen angemessenen Preis zu zahlen. „Digitale Plattformen wie unsere Betriebsbörse oder auch die bundesweite branchenübergreifende Nexxtchange helfen Betrieben, für Interessenten sichtbar zu werden“, sagt Hauber. „Vier bis fünf Rückmeldungen pro Inserat sind die Regel. Das bedeute nicht automatisch einen Abschluss. Jedoch erhöhe diese Dynamik die Wahrscheinlichkeit, dass ein Käufer und der Verkäufer zusammenfinden.
Zudem sind er und sein Team im laufenden Austausch mit den Bildungsinstitutionen und sprechen dort Absolventen und junge Meister an. „Zusätzlich schauen wir auch auf die andere Seite und helfen, einen Betrieb auch attraktiv zu machen für einen potenziellen Nachfolger – etwa, indem wir die betriebswirtschaftliche Situation analysieren. Insgesamt werden unsere allesamt kostenfreien Angebote rege nachgefragt“, sagt Hauber.
Betriebswirtschaftliche Beratung durch externe Experten im Vorfeld hilft andererseits auch potenziellen Käufern. „Für die Bankberater ist das häufig eine Art Gütesiegel, das ihnen zeigt, dass sich ihr Kunde gewissenhaft auf das Nachfolgeprojekt vorbereitet hat“, weiß Moderator Hauber. „Das erleichtert dann häufig die Gespräche über die Anträge zur Finanzierung.“
Geholfen hat Steinmetzmeister Storrer bei seiner Finanzierung, dass er seiner Hausbank monatlich seine betriebswirtschaftlichen Auswertungen hat zukommen lassen: „Das sorgt für Vertrauen, was dann auch die Entscheidung über eine Kreditvergabe beschleunigt.“ Ein valides Finanzierungskonzept ist auch Voraussetzung, um den letzten und bedeutendsten Stolperstein aus dem Weg zu räumen: die Einigung über den Kaufpreis. „Auch hier hat uns die Beraterin der Handwerkskammer gut unterstützt, indem sie uns auf Basis von objektiven Kennziffern und Branchenzahlen einen Bewertungskorridor an die Hand gegeben hat“, sagt Storrer. „Damit konnte jeder von uns beiden sehen, welcher Preis fair ist – was geholfen hat, die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.“