Die Hand sagt mehr als Worte

Gelübde Delfine lügen nicht, Menschen schon. Deshalb schwören wir. Warum der Amtseid, den der künftige Bundeskanzler bald leistet, auch heute noch Sinn ergibt.

Es ist nur ein Satz, aber an ihm hängt viel. Nachdem der Bundestag Friedrich Merz am 6. Mai 2025 erwartungsgemäß zum Kanzler gewählt und ihn der Bundespräsident ernannt hat, muss der Gekürte die Hand heben, um den Amtseid abzulegen. Als Vorsitzender einer nominell christlichen Partei wird der designierte Regierungschef das Antrittsgelübde vermutlich mit der Formel „So wahr mir Gott helfe“ beenden.

Heute ist die religiöse Beteuerung nicht mehr zwingend vorgeschrieben; Gerhard Schröder verzichtete als erster Kanzler darauf. Doch seit es ihn gibt, berührt der Eid Fragen des Glaubens. Bereits antike Kulturen verknüpften den Schwur mit der Anrufung höherer Wesen. Beim Jupiter! Dabei spielte es keine Rolle, ob anlässlich großer Staatsaktionen oder bei Gericht geschworen wurde. Allerdings unterscheidet die Rechtskunde zwischen einem assertorischen Eid (der Bestätigung einer Zeugenaussage) und einem promissorischen Eid, also der Verpflichtung, in Zukunft bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen. Hierzu gehören die politischen Eide.

Den hohen Maßstab, den das Altertum an die Institution des Schwurs legte, verrät nicht zuletzt die Strafe für dessen Bruch. Auf Meineid stand der Tod. Eine derart harte Konsequenz ruft in Erinnerung, wie grundlegend die menschliche Sprache mit ethischen Aspekten zusammenhängt. Lange galt die Gabe der Rede als Hauptmerkmal, das Mensch und Tier unterscheidet. Seit Forschende die Ansicht vertreten, dass auch die Kommunikation von Delfinen und Walen als Sprache bezeichnet werden kann, wankt diese alte Überzeugung der Humanwissenschaften.

Nicht die Sprache trennt den Homo sapiens vom Tier, sondern ihr absichtlicher Missbrauch. Meeressäuger lügen nicht – anders als Menschen. Dass man sich nicht unbedingt an seine Worte hält, ist die linguistische Ursünde. So erblickt der italienische Philosoph Giorgio Agamben im Eid den Versuch, „eine der Sprache selbst inhärente Gebrechlichkeit“ auszugleichen.

Die Tatsache, dass jede getätigte Äußerung auch unwahr sein könnte, hat zur Erfindung des Eids geführt. Angesichts unserer fälschungsanfälligen Sprache stellt er eine zusätzliche Sicherungsebene dar. Gewiss, ein „unbrechbarer Schwur“ existiert nur bei Harry Potter. Gleichwohl erhöht das streng reglementierte Gelöbnis den Druck, bei der Wahrheit zu bleiben. Während das mythische Denken Lügenmäulern mit Tod durch Blitzschlag drohte, beschränkt man sich heute vor allem auf die soziale oder juristische Sanktion des Wortbrüchigen.

Wer „Ich schwöre“ sagt, tätigt oft mehr als eine verbale Äußerung. Früher wurde der Körper selbst zum Garanten für die Ernsthaftigkeit des gesprochenen Worts. Hieraus resultiert die Redewendung „die Hand ins Feuer legen“. Von den historischen Bekräftigungsritualen ist etwa die Geste der erhobenen Schwurhand geblieben. Eine weitere archaische Praxis bestand darin, dass der Schwörende beim Sprechen seine Hand auf die Genitalien legte. Auch dieses Zeremoniell wirkt im modernen Sprachgebrauch fort. Die Wörter „Testierfähigkeit“ oder „Testat“ leiten sich von testes, dem lateinischen Wort für Hoden, ab. Salopp gesagt: Wer schwört, braucht Eier.

Lange nahm die Öffentlichkeit den staatlichen Treueschwur als unzeitgemäß wahr. Mit Gustav Heinemann dachte sogar einmal ein ehemaliger Bundespräsident über dessen Abschaffung nach. Der Eid sei, selbst ohne sakralen Zusatz, weiterhin so stark religiös geprägt, dass er in einer säkularen Welt keinen Platz mehr habe. Doch im Jahr 2025, in dem eine vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei die stärkste Oppositionskraft im Deutschen Bundestag darstellt, liegen die Dinge anders.

Zeichen gegen Fake-News

Der politische Eid ist zwar in Deutschland nicht strafbewehrt, aber in höchstem Maße symbolisch: Er drückt aus, dass zumindest noch die Möglichkeit eines verbindlichen Sprechens existiert. Insofern setzt das Schwören auch ein Zeichen gegen den ausufernden Fake-News-Sumpf. Und gegen eine rechtspopulistische Strategie aus Provozieren und Relativieren, die mit den Doppeldeutigkeiten der eigenen Rede arbeitet. Öffentliches Lügen reißt das Tor zum Totalitarismus auf – diese These der jüdischen Denkerin Hannah Arendt bestätigt sich gerade jeden Tag. Nicht nur in den USA, deren Präsident mit Falschaussagen und irrlichternden Ankündigungen sein Amt selbst beschädigt.

Aus gutem Grund erinnert die Loyalitätsbekundung des Bundeskanzlers daran, dass gesellschaftliches Miteinander auf den festen Füßen der Wahrheit stehen muss. Dieselbe Meinung vertrat schon der griechische Gesetzgeber Lykurg: „Der Eid ist das, was die Demokratie zusammenhält.“

Hochbetrieb im Zentrum der Animation

Trickfilm In Stuttgart steht das internationale Festival ITFS bevor. Mit vielen Angeboten für junge Erwachsene.

Stuttgart. Die Game-Zone findet in der Staatsgalerie eine neue Heimat, der Länderfokus liegt in diesem Jahr auf der Schweiz, der Sonntag ist der große Publikumstag: Vom 6. bis zum 11. Mai verwandelt sich Stuttgart erneut in ein Zentrum der Animation – mit dem Internationalen Trickfilm-Festival (ITFS).

Ein Trend in der Animationsbranche sind die Angebote für junge Erwachsene, wie Annegret Richter, die künstlerische Leiterin, betont: „Deshalb haben wir uns 2025 entschlossen, unseren Langfilmwettbewerb AniMovie eher auf Familien- und Erwachsenenfilme auszurichten und diesen Filmen eine Leinwand zu bieten.“ Nicht nur für Young Adults interessant ist die Kooperation mit Warner: So gibt es ein Preview-Special mit Folgen der achten Staffel von „Rick & Morty“. Für Hartgesottenere sei das „Animation Nightmare Night Special“ mit dem Film „Stopmotion“ von Robert Morgan das Richtige.

Im Wettbewerb „AniMovie“ ist mit „Memory Hotel“ ein deutscher Puppenanimationsfilm von Heinrich Sabl vertreten. Der Film beginnt am 8. Mai 1945 und erzählt deutsche Geschichte bis in die 1990er Jahre als Kammerspiel. Als thematische Schwerpunkte hebt Richter den Stop-Motion-Fokus hervor, darunter zwei kuratierte Programme und mehrere Langfilme, die Puppen-Ausstellung zu „Sauvages“ oder eine Masterclass mit Claude Barras.

Wichtig ist in diesem Jahr auch der weitere Fokus „Grenzen(los)“ zu 80 Jahre Frieden und Demokratie in Europa, mit dem das ITFS dem Kriegsende 1945 gedenkt. Sowohl in den Wettbewerbsprogrammen als auch in den Branchenevents spiegelt sich das Thema wider. Mit insgesamt 2500 Einreichungen liegt das Trickfilm-Festival deutlich über dem Vorjahr. 30 Filme sind für den internationalen Wettbewerb ausgewählt worden.

Eine Entdeckung ist der Schweiz-Schwerpunkt: Die Eidgenossen haben im Vorjahr 25 Animationskurzfilme produziert – in Relation zur Bevölkerung eine beachtliche Zahl. In Stuttgart sollen sie nun in der kommenden Woche ein breites Publikum finden.

Berliner Kultursenator tritt zurück

Kulturpolitik Joe Chialo (CDU) zieht wegen geplanter Etatkürzungen die Reißleine. Zentrale Projekte seien gefährdet.

Berlin. Der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat seinen Rücktritt angekündigt. Er habe den Regierenden Bürgermeister Kai Wegener (CDU) am Freitag um die Entlassung aus dem Amt als Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gebeten, erklärte Chialo. Er begründete seinen Schritt mit den geplanten Kürzungen im Kulturhaushalt.

Im vergangenen Jahr habe er die geforderten Einschnitte im Kulturhaushalt aus Verantwortung für die Stadt „schweren Herzens mitgetragen“. „Die nun geplanten weiteren Kürzungen greifen jedoch zu tief in bestehende Planungen und Zielsetzungen ein, verändern zentrale fachliche Voraussetzungen und führen so zur drohenden Schließung von bundesweit bekannten Kultureinrichtungen“, erklärte der CDU-Politiker.

Insgesamt muss die Berliner Kultur im Haushalt 2025 rund 130 Millionen Euro einsparen, knapp zwölf Prozent ihres eigentlich angedachten Budgets. Viele Theater müssen mit weniger Geld vom Land auskommen. Von Einsparungen im Gesamtumfang von drei Milliarden Euro sind auch zahlreiche andere Bereiche in der Stadt betroffen.

Eine konstruktive Diskussion darüber sei zuletzt erschwert worden, „da sich öffentliche Kritik zunehmend auf meine Person konzentrierte“. Er sei „mit dem Anspruch in die Politik gegangen, aktiv zur guten Entwicklung unserer Stadt beizutragen“. Dies sehe er nicht mehr als gegeben an. „Wenn sich zentrale politische und fachliche Ziele dauerhaft nicht mehr im gegebenen Rahmen umsetzen lassen, ist es aus meiner Sicht konsequent, einen Schritt zur Seite zu machen und das Amt in neue Hände zu legen“, erklärte er.

Der Musikmanager Chialo war seit April 2023 Kultursenator in Berlin. Zuletzt wurde er in der künftigen schwarz-roten Bundesregierung als möglicher Nachfolger von Claudia Roth (Grüne) im Amt des Kulturstaatsministers gehandelt. Am Montag verkündete die CDU allerdings, dass der Medienunternehmer Wolfram Weimer den Posten übernehmen soll. Kurz vor der Bundestagswahl im vergangenen Februar war Chialo auch außerhalb Berlins einige Tage in den Schlagzeilen, nachdem ihn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) laut einem Bericht von Focus Online „Hofnarr“ und „Feigenblatt“ der CDU genannt haben soll. Chialo empfand diese Worte als „herabwürdigend“. Scholz selbst wies die Vorwürfe als „absurd und künstlich konstruiert“ zurück.

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