Altes Dach wird zum Hotel

  • Die Protagonisten vor ihrem vollendeten Werk - hinten von links Barbara Giesen, Katharina Eisele, Karin Lamparter, Daniel Spohn, Luisa Schweikert, Markus Gaus. Foto: Gerhard Rebmann

Nachhaltigkeit Die Empfinger Viertklässler haben im Rahmen eines Projekts gemeinsam mit der Firma Öl Brändle ein Bienenhotel gebaut.

Ein gemeinsames Projekt starteten die Schülerinnen und Schüler der beiden vierten Klassen der Grundschule mit ihren Lehrerinnen und Lehrern sowie der Geschäftsführung der Empfinger Firma Öl-Mühle Brändle – in produktiver Zusammenarbeit fertigten sie in den Werkräumen und auf dem Gelände des Unternehmens ein großes „Hotel“, das neben Wildbienen auch anderen Tieren Unterschlupf und Brutplätze bietet.

Karin Lamparter von der Öl-Mühle Brändle war auf Lehrerin Barbara Giesen zugekommen mit der Idee, eine solch nachhaltige Aktion zu starten. „Das Dach, das bisher die erste Öl-Mühle der Firma geschützt und vor dem Hauptgebäude gestanden hatte, musste aufgrund der Neubaumaßnahmen weichen und wir wollten es nicht einfach entsorgen“, erklärte die Geschäftsführerin. Schnell gruppierte Giesen ihre Kolleginnen Luisa Schweikert und Katharina Eisele sowie den Kollegen Markus Gaus um sich und arbeitete zügig ein Konzept aus.

Schüler bohren 1300 Löcher

Dieses enthielt „Arbeit“, die auf drei Vormittage aufgeteilt wurde: An Tag eins stand die Theorie im Vordergrund. „Die Kinder beider Klassen hatten viel Spaß, waren voll dabei, erarbeiteten sich viel selber durch Lesen, wir haben einen Film angeschaut und das erlangte Wissen in Lapbooks eingebracht“, sagte Klassenlehrerin Giesen. Ein Lapbook ist eine Mappe, die sich mehrfach aufklappen lässt, und in die kleine Faltbüchlein, Taschen, Klappkarten oder Umschläge mit Karten eingeklebt sind. „Wir waren immer wieder positiv überrascht von den Kindern – wie viel Wissen in der kurzen Zeit bei ihnen hängengeblieben ist, aber auch, dass fast die Hälfte der 45 Schülerinnen und Schüler noch nie Honig gegessen hat“, wunderte sie sich.

Am zweiten Tag wurden die vom Kollegium gesammelten und vorbereiteten Materialien zugeschnitten, gesägt, gebündelt und für den Transport fertig gemacht. „Ich habe zuvor nicht gewusst, dass bestimmte Bienenarten Behausungen aus Eschenholz oder Buche brauchen, keinesfalls Tanne“, verriet Fachlehrer Markus Gaus. Und weiter: „Vier Stunden lang haben Schüler etwa 1300 Löcher mit verschiedenen Durchmessern (3 bis 6 Millimeter) in die Hölzer gebohrt und die Löcher dann noch ausgeblasen!“

Um einen konstruktiven Ablauf zu gewährleisten, wurden vom Organisationsteam drei Gruppen gebildet: Während die eine für das Schilf zuständig war, bearbeitete die andere das Holz und die dritte war für die „Kunst“ verantwortlich. „Es ist unglaublich interessant, was man beim Bau eines solchen Hotels alles beachten muss: Die Ränder des Schilfs oder des Holzes zum Beispiel dürfen nicht ausgefranst sein, da sich die Tiere ansonsten daran verletzen können, die Schilfröhrle müssen noch mit Schaschlikspießen freigeputzt werden, die verschiedenen Durchmesser locken unterschiedliche Bienenarten an“, gab Giesen preis.

Ruhig und konzentriert

Um jedem Kind die Möglichkeit zu bieten, in allen drei Gruppen mitarbeiten zu können, war die Einteilung nicht starr vorgegeben. „Es war für uns Pädagogen frappant, wie ruhig und konzentriert die kleinen Pennälerinnen und Pennäler selbst die stumpfsinnigsten Arbeiten erledigt haben. Sie sind richtig runtergekommen und haben Spaß dabei“, hatte Giesen erkannt. Der dritte Tag sollte das Ergebnis von Theorie und Praxis bringen.

Materialien nicht nur für Bienen

Nach einer kleinen Wanderung von der Schule zum Gelände der Firma Brändle wurde erstmals das Objekt für das Insektenhotel in Augenschein genommen. Arbeiter der Firma hatten es optimiert und an geeigneter Stelle, mitten im Grünen und umgeben von Wiesen und Äckern, aufgestellt. Sofort machten sich die Kinder ans Werk und bestückten die Fächer mit den zum Nisten und Brüten benötigten Materialien. Um den Betrieb an der neuen Behausung effektiv zu gestalten, durften die Kinder sich zeitweise auch dem Feder- und Fußballspiel widmen, oder einfach herumtoben.

„Das gesamte Projekt war richtig toll. Vorhin sind wir noch mit Arbeitern der Firma ins Gespräch gekommen, da waren Hobbyimker dabei, die uns ebenso interessantes erzählt haben. Zum Beispiel, wie besorgniserregend es ist, wie oft sie ganze Bienenvölker aufgrund eines krankmachenden Befalls aussortieren müssen“, sagte Giesen. Sie versprach, auch im Namen ihrer Kolleginnen, des Kollegen und der Kinder, auch nach dem Abschluss des Projektes das Hotel zu betreuen. „Die Materialien werden hauptsächlich Wildbienen anlocken. Es ist aber auch welches für Marienkäfer und Ohrenzwicker dabei“, schloss sie am Ende.

Nachahmer gewünscht

Karin und Simone Lamparter sowie Daniel Spohn bedankten sich ganz herzlich bei Schülern für ihre Emsigkeit. „Kommt immer mal wieder vorbei und guckt. Wir freuen uns darauf und über die neue Behausung.“

Giesen freute sich riesig, als sie am Freitagnachmittag zum neuen Insektenhotel zurückkehrte: „Da haben schon die ersten Bienen Röhren zugekleistert – das war so ein schönes Projekt und der Eifer der Kinder war so ansteckend“, war sie ganz euphorisch. Wünschenswert wäre, gäbe es zukünftig viele Nachahmer für solch nachhaltige Projekte.

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