Darf Kirche politisch sein?

  • Elisabeth Zoll Reporterin Lars Schwerdtfeger

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat die Einmischung der Kirchen in die Tagespolitik kritisiert und eine Diskussion ausgelöst.

Sollen Kirchen politisch sein? Ja, selbstverständlich! Arme speisen, Kranke versorgen, Fremde und Obdachlose beherbergen, Frieden stiften – all das sind Aufträge, die die Bergpredigt nennt, das Zentraldokument des Christentums. Und all diese Aufträge sind politisch.

Übersetzt heißt das: Christen haben dafür zu sorgen, dass es in der Welt gerechter zugeht, dass jene nicht vergessen werden, deren Wirtschaftskraft nicht systemrelevant ist, deren Stimme nicht von PR-Maschinen und Lobbyverbänden verstärkt wird. Der verstorbene Papst Franziskus hat diesen Auftrag mit seinem ganzen Wirken dokumentiert. Die evangelische Kirche verdeutlicht dies aktuell beim Kirchentag in Hannover mit seinen Veranstaltungen.

Das Evangelium gibt Orientierung für ein aktives Leben in der Welt. Jede Generation muss eigene Antworten finden, wie sich Menschlichkeit und Gerechtigkeit konkret verwirklichen lassen. Auch für jene, denen die menschengemachte Erderwärmung Leben und Existenz raubt, die durch die Gier nach Rohstoffen vertrieben oder in Kriegen geschunden werden. Kirchen müssen auftreten, wenn Rechtsextreme gegen Minderheiten hetzen – und nicht wenige vor diesem Fakt die Augen verschließen oder daraus sogar Profit schlagen.

Die christliche Botschaft ist umfassend und provokant. Sie lässt sich nicht entschärfen zum Wohlgefallen eines satten Bürgertums. Das machte sie vor 2000 Jahren in den Augen der Tempelpriester und der Römer so gefährlich. Jesus von Nazareth starb nicht am Kreuz für ein individuelles Wellnessprogramm, sondern für eine Botschaft, die die Welt erschütterte. Und die war und ist hochpolitisch.

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