Haushalt am absoluten Limit

Kreis Reutlingen Rekordhaushalt und leere Kassen: Der Kreis Reutlingen muss mehr Geld ausgeben als je zuvor – und stößt damit an seine Grenzen.

Der Landkreis Reutlingen legt einen Doppelhaushalt vor, der alles sprengt, was es bisher gab – und doch kaum Handlungsspielraum lässt. 604 Millionen Euro stehen 2026 im Etat, 598 Millionen Euro 2027. Ein Rekord, den niemand feiern mag.

„Eine Situation, die schwieriger nie war“, sagte Landrat Dr. Ulrich Fiedler vor der Einbringung des Doppelhaushalts im Kreistag. Er spricht von einer „desaströsen Lage“, die nur mit einem klaren Signal an Land und Bund zu bewältigen sei: „Wir brauchen eine andere Politik, um unsere Aufgaben noch erfüllen zu können.“

Um überhaupt noch einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, hebt der Kreis die Umlage um vier Punkte auf 37 Prozent an – den zweithöchsten Satz überhaupt in der Geschichte des Kreises. Für Städte und Gemeinden bedeutet das: 213,9 Millionen Euro müssen sie 2026 an den Kreis überweisen, 34 Millionen Euro mehr als bisher. 2027 bleibt der Satz gleich, die Summe steigt dennoch weiter auf 220,3 Millionen Euro.

Auch Kreiskämmerer Wolfgang Klett nennt das eine „katastrophale Ausgangslage“. In den vergangenen drei Jahren hat der Kreis Verluste von über 21 Millionen Euro angehäuft. „Die Taschen sind leer“, sagt er. Die Ausgaben steigen rasant – vor allem durch gesetzliche Verpflichtungen. Klett formuliert es offen: „Kürzen, schieben, strecken, streichen – das war das Motto für diesen Doppelhaushalt.“

Das Ergebnis: Eine Verschuldung auf Rekordniveau für den Kreis Reutlingen. 30 Millionen Euro neue Kredite sind 2026 vorgesehen, zehn Millionen 2027. Ende 2027 liegt der Schuldenstand für den Kreis bei über 174 Millionen Euro. Erst ab 2028 soll keine neue Verschuldung mehr hinzukommen. Zwischenzeitlich fällt die Liquidität unter die gesetzliche Mindestgrenze.

Der Ergebnishaushalt 2026 weist zwar ein leichtes Plus von rund 900.000 Euro aus, 2027 soll ebenfalls knapp ausgeglichen bleiben – ein rechnerisches Gleichgewicht, das nur durch Verschiebungen und Sparmaßnahmen erreicht wird. „Wir haben versucht, die Bürgerinnen und Bürger zu verschonen, es so wenig wie möglich spürbar zu machen“, sagt Fiedler. Doch irgendwann seien die Grenzen erreicht.

Straßenbeläge würden erstmal nicht erneuert, Investitionen geschoben, Sanierungen vertagt. In den vergangenen Jahren sei vieles auch wegen des Neubaus des Landratsamts zurückgestellt worden.

Noch hält der Kreis an der Planungssicherheit fest. Die geplante Erhöhung der Kreisumlage soll bis 2029 Bestand haben. Doch schon jetzt deutet sich an, dass diese Entwicklung nur mit Einschnitten zu erreichen ist. Freiwillige Leistungen – Fiedler nennt etwa Schwimmbäder, Bibliotheken, Kulturförderung – stehen zur Diskussion. „Diese Dinge dürfen niemals leichtfertig geopfert werden“, warnt der Landrat. „Aber sie kommen auf den Prüfstand.“

Auch für Familien dürften die kommenden Jahre teurer werden. In einer Vorlage für den Kreistag schlägt die Verwaltung vor, die Eigenanteile bei der Schülerbeförderung deutlich zu erhöhen – erstmals auch für Grundschülerinnen und Grundschüler. Hintergrund ist das steigende Defizit in diesem Bereich.

Lange Liste an Investitionen

Gleichzeitig wächst der Investitionsbedarf im Kreis. 56,7 Millionen Euro fließen 2026 in Projekte, 31,2 Millionen im Folgejahr. Der Schwerpunkt liegt auf Bildung, Gesundheit und Infrastruktur – 17 Millionen Euro fließen in den zwei kommenden Jahren insgesamt in die Schulen, acht Millionen in den Gesundheitssektor. Für den Neubau des Landratsamts sind 42 Millionen Euro eingeplant.

Fiedler betont, dass der Kreis ein Viertel aller staatlichen Aufgaben erfülle, aber nur rund 15 Prozent der Steuereinnahmen erhalte, um dies zu finanzieren. Das müsse sich ändern. Der Landrat fordert von Land und Bund eine bessere Finanzierung und deutlich weniger Bürokratie. Sein Leitmotiv lautet: „Einfach machen“, auch im Sinne von: einfacher machen.

Fassungslos und machtlos

Kirchentellinsfurt/Reutlingen Industriegebiet Mahden: Vor dem Cellforce-Gelände beklagten Gewerkschaftler und Bürgermeister das Aus für die Produktion vom Hochleistungs-Batterien.

Es war ein runder Tisch der Resignation. Der Fassungslosigkeit. Und auch manchmal nur mühsam unterdrückter Wut. Von Gewerkschaftlern und zwei Bürgermeistern. Sie standen gestern Mittag im interkommunalen Gewerbegebiet Mahden auf der Straße.

Wie, buchstäblich und auch bald im übertragenen Sinne, die Beschäftigten der Cellforce GmbH. Entlassen am 25. August in einer Hauruck-Aktion: In einer 23-minütigen Betriebsversammlung bekamen sie das Aus für die Produktion mitgeteilt, noch am Abend, so erzählt man, sollen Boten die schriftlichen Kündigungen in die Briefkästen gesteckt haben.

Rund 200 von 280 Beschäftigten soll es getroffen haben – so genau weiß das niemand. Und wie es weitergeht, auch niemand, zumindest nicht auf der Seite der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaft, der IG Metall. Und auch nicht OB Thomas Keck von Reutlingen und Kirchentellinfurts Bürgermeister Bernd Haug.

Auch sie waren gekommen zum Pommes-Mobil des DGB, das vor dem Cellforce-Gelände aufgestellt war. Keine klassische Kundgebung sei das, hatte die Gewerkschaft angekündigt. Was ganz passend war: Die Lage ist aus Arbeitnehmersicht zu desolat für kraftvolle Parolen.

„Die Firma ist ein Geisterhaus“

Dafür fehlte schon das Publikum – nur locker scharten sich ein paar Handvoll Beschäftigte um das Pommesmobil und den Tisch mit den Rednern. Kein Wunder: „Die Firma ist ein Geisterhaus, wo nur noch Verwaltung und Logistik gemacht werden“, sagt Patrick Wichary.

Vor drei Jahren kam der Fertigungsplaner aus Bietigheim, wo er eine Cellforce-Niederlassung mit aufgebaut hatte, nach Kirchentellinsfurt – überzeugt, einen krisensicheren, zukunftsträchtigen Job zu haben. „An der Spitze des technischen Fortschritts. Und mit einem starken Partner dahinter.“

Cellforce ist nämlich eine hundertprozentige Tochter der Porsche AG. Und sollte Energiespeicher der Spitzenklasse produzieren – Dinge, an denen sogar Tesla gescheitert war. Stattdessen muss Patrick Wichary nicht nur einen neuen Job suchen, sondern sich auf die Schnelle in ein neues Gebiet einarbeiten: Er ist der Betriebsratsvorsitzende.

Ein Betriebsrat ist erst nach den Kündigungen ins Amt gekommen – was dem Cellforce-Management das ganze Kündigen erheblich erleichtert. Zwar waren gestern auch der DGB-Landesvorsitzende Kai Burmeister und Harald Buck vom Porsche-Gesamtbetriebsrat gekommen. Aber außer Pommes hatten sie wenig anzubieten: „Wir können für euch nichts tun.“ Außer Patrick Wichary und seine Kollegen zu unterstützen. Die versuchen jetzt, weitere Informationen von der Geschäftsführung zu bekommen: Wen trifft es genau? Was ist mit den Restarbeiten? Denn das Betriebsgelände ist noch im Aufbau, die Baustelle muss ja gemanagt werden.

Aber es heißt, das sollen Fremdfirmen machen. „Bis jetzt haben wir noch keine Antworten“, sagt Patrick Wichary. „Wir haben keinen Zugriff auf das Unternehmen“, bedauert Kai Lamparter, Geschäftsführer der IG Metall Tübingen/Reutlingen.

Das kennt Harald Buck. Er hat sich bei den Porsche-Bossen über die Umstände der Kündigungen beschwert, er fordert höhere Abfindungen (bis jetzt 0,5 Monatsgehälter pro Betriebsjahr). „Wir sind auf taube Ohren gestoßen.“ Was bleibt, ist das Aufwachen in einer neuen Konzern-Welt: „Das ist eigentlich nicht Porsche-like“, sagt Kai Lamparter. „Alle sind erstaunt, dass dieser Konzern so durchgreift.“

Nicht nur erstaunt – sondern geradezu fassungslos sind Thomas Keck und Bernd Haug. Im schlimmsten Fall droht ihnen (gegenüber der einstigen Manz AG, wo die heruntergelassenen Jalousien von einem weiteren Niedergang künden) eine Industrie-Ruine. Und nichts ist mit der Hoffnung, einen Produzenten für Spitzentechnologie in ihren Kommunen zu haben, dessen gute Geschäfte auch ordentlich Gewerbesteuer abwerfen. „Natürlich sind wir darauf angewiesen“, sagt Thomas Keck.

Vor allem aber fühlen sie sich persönlich getäuscht und hintergangen. Im Sommer war Bernd Haug noch auf Betriebsbesichtigung, und da sei Cellforce-Geschäftsführer Markus Gräf geradezu euphorisch über die Zukunfts-Aussichten gewesen: „Es gab nicht einmal einen Hauch einer anderen Entwicklung.“ Jetzt, in den Arbeitsgerichtsprozessen, 60 Verfahren seien es, sei herausgekommen, sagt Kai Lamparter, dass Porsche schon im April den Daumen über Cellforce gesenkt habe.

Thomas Keck und Bernd Haug haben da nicht den Cellforce-Geschäftsführer im Blick („der wusste das wohl auch nicht“), sondern die Porsche-Eigner, die Familien Porsche und Piech. Für Thomas Keck ist das jedenfalls eine verhängnisvolle Entscheidung für den Industriestandort Deutschland: „Jetzt verliert man nach dem Technologie-Vorsprung in der Photovoltaik auch den in der Batterie-Fertigung an die Asiaten. Mir wird bange um die Zukunft.“ Das sei doch eine nationale Aufgabe, findet Bernd Haug: „So eine Zukunfts-Chance wird jetzt fallen gelassen – das kann doch nicht sein.“

Er, der sich gezielt um die Wirtschaft in seiner Gemeinde kümmert, der Demonstrationen gegen die Cellforce-Ansiedlung entgegengetreten ist, der sich mit Thomas Keck gegenüber dem Porsche-Management für das Kommen nach Kirchentellinsfurt verkämpft hat, ist hörbar verbittert: „Man wird hier stehen gelassen wie ein kleiner Konfirmand. Porsche macht immer noch Milliarden-Gewinne, und dann stößt man das ab. Warum haben die nicht den langen Atem, um das auszuprobieren? Wenn wir unser Geschäft so machen würden, wüsste ich nicht, wie wir das als Kommune hinbekämen. So darf es jedenfalls nicht enden.“

Zwei Trassen und fünf Stationen

Pfullingen Das Großprojekt Regional-Stadtbahn Neckar-Alb im Detail für Pfullingen: Im Kulturhaus gingen 150 Interessierte in Kleingruppen alle 20 Minuten von einer Info-Station zur nächsten.

Der Pfullinger Gemeinderat wird am 18. November über die favorisierte der beiden möglichen Stadtbahn-Trassen abstimmen. Eine würde auf der alten Bahntrasse fahren, die andere mitten durch die Pfullinger Innenstadt. Beide seien, wie berichtet, rentabel und wirtschaftlich darstellbar. Das ist wichtig für die Finanziers, den Bund und das Land. Und das hört sich gut an: Berlin trägt den größten Teil der förderfähigen Kosten für Neu- und Ausbauten sowie die Elektrifizierung. Das Land Baden-Württemberg und die regionalen Projektpartner teilen sich die restlichen Kosten.

Das interessierte am Montagabend die rund 150 Besucher der Informationsveranstaltung eher weniger. Sie wollten vor allem wissen, wie so eine Bahn in die Stadt „verpflanzt“ werden kann – und wie eine solche Tram überhaupt aussieht. Hierfür gab es pfiffige Einblicke auch mittels einer VR-Brille, mit der die Leute die „Innereien“ des „TramTrains“ besichtigen konnten: Serienmäßig ist die Klimaanlage, ganz vorne und hinten befinden sich Radabstell-Nischen, auch solche für Kinderwagen, barrierefreie Zugänge, auch in die Toiletten – und WLAN samt Ladestationen für Handys, kostenlos, versteht sich. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 100 km/h.

Bei jedem der bisherigen Treffen hat sich Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner für die Innenstadttrasse ausgesprochen, dort wo man buchstäblich die meisten Leute abholen kann. Das tat er im Brustton der Überzeugung auch am Montag im Kulturhaus. Denn entlang der Strecke befinden sind die Geschäfte, die Schulen, das Kulturhaus Klosterkirche – und zudem bekäme die neue Tram eine Haltestelle direkt vor den Pfullinger Hallen und dem Freibad.

Allerdings würde es eng für die Verkehrsteilnehmer in der Innenstadt; dort, wo die Marktstraße schmaler wird, am Lindenplatz und in der Klosterstraße. Ein Pfullinger, der viele Jahrzehnte im Rathaus diente und den Überblick hat, versicherte, dass zu dem Treffen im Kulturhaus überaus viele Anwohner dieser Straßen gekommen seien.

Und Gemeinderätin Traude Koch von der Grün-Alternativen Liste betonte, dass man das Projekt Bahn im Großen und Ganzen betrachten sollte. Die Echaztalbahn ab Reutlingen-Süd sei ein wichtiger Teil, aber nur ein Mosaikstein bei der Entwicklung eines nachhaltigen Mobilitäts-Mixes für die Region. Insgesamt gehe es bei den knapp fünf Kilometern durch Pfullingen aber „um einen klimafreundlichen Umbau, der auch für die Fahrradfahrer Angebote macht“, so Koch.

Und ganz gleich, ob nun die Innenstadt-Trasse kommt oder nicht: Die Marktstraße müsse eh umgebaut werden. „Es ist schon lange überfällig, dass diese Asphalttrasse baulich verändert wird,“ sagte Koch. Die Alte Bahntrasse hingegen, zwischen dem Arbach-Park, am ehemaligen Bahnhof entlang in Richtung Unterhausen, habe viel Potenzial für einen leistungsfähigen Radweg, der es ja in weiten Bereichen seit Jahrzehnten schon ist.

Und in der Tat wollte auch die Besucherschaft beim Info-Treffen mehrheitlich vor allem wissen, wie das mit der Tram durch die enge City gehen soll. Aufgebaut hatte der Zweckverband an dem Abend einen spannenden Themen-Parcours mit fünf Stationen, an denen über 20 Experten und Expertinnen Frage und Antwort standen. Und alle 20 Minuten sollten Interessierte, für den Abend organisiert in Kleingruppen, von einem Stand zum nächsten wechseln. Der Moderator des Abends, Frank Ulmer, fand, dass das auch gut funktioniert hat.

Die Pläne der Infrastruktur erklärten Marius Strähle, sowie David Barth und Pascal Hahmann von den Planern des dänischen Planers Ramboll. Marc-Christian Knoblich von der Stadt Pfullingen war auch dabei. Wie es klappt mit der Stadtbahn in Kombination mit all den anderen Verkehrsteilnehmern? Das erläuterten Meike Nühs, Pfullingens Stadtplaner Timo Kühnel sowie Frank Schäfer von den BS Ingenieuren aus Ludwigsburg. Er ist Dauergast bei Treffen zum Thema Stadtbahn ebenso wie Prof. Tobias Bernecker, der Geschäftsführer des Zweckverbands Regional-Stadtbahn.

Grundsätzliches aber auch Details über die Züge gab es von den Zweckverbands-Pressesprecherinnen Lena Hönes und Wiebke Brosig. Den Weg hin bis zur Standardisierten Bewertung des Projekts beschrieben Nicolas Hirth und Thomas Weinmann vom Regionalverband Neckar-Alb (RNVA), den Variantenvergleich deren Kollege Steffen Thomma.

Nach knapp zwei Stunden waren alle 150 Besucher gut bedient – und damit auf dem aktuellen Kenntnisstand. Alle Pfullinger hingegen warten nun auf das Gemeinderats-Votum am Dienstag, 18. November. Wie von verschiedener Seite zu hören ist, müssten sich danach in Sachen Stadtbahn schon außerordentliche Dinge tun, damit das Regierungspräsidium Tübingen der Pfullinger Entscheidung noch widerspricht.

„Schmerzerfüllter Angstschreie“

Landgericht Verstörende Aussagen im Prozess um den Fenstersturz aus Flüchtlingsheim. Vergewaltigung beobachtet.

Reutlingen. Weil er seinen Mitbewohner in einer Asylbewerberunterkunft aus dem Fenster gestoßen und den Schwerstverletzten danach vergewaltigt haben soll, muss sich ein 30-Jähriger vor dem Landgericht unter anderem wegen versuchten Totschlags verantworten (wir berichteten). Der Angeklagte schweigt.

Der zweite Verhandlungstag am Mittwoch begann mit Verspätung, weil sich drei Zeugen, die zu Beginn geladen waren, momentan selbst in Haft befinden. Auch der Geschädigte. Lediglich einer der ehemaligen Mitbewohner des Opfers konnte vernommen werden – er saß zur gleichen Zeit in einem der anderen Säle auf der Anklagebank. Damit er aussagen konnte, wurde seine eigene Verhandlung unterbrochen.

„Die beiden sind in meinem Zimmer gewesen, wir haben Marihuana geraucht und Musik gehört“, erinnerte sich der 25-jährige Pakistani an den Tattag, den er teilweise mit dem späteren Opfer und dem Angeklagten verbracht hatte. Die beiden hätten sich immer in ihrer Landessprache (Farsi) unterhalten, die er nicht verstehe. Irgendwann sei er müde geworden und habe sie aus dem Zimmer geschickt.

Ob er selbst einmal Streit mit dem Angeklagten gehabt habe, wollte der Vorsitzende Richter Armin Ernst wissen. Streit nicht, aber einmal habe der Angeklagte völlig grundlos sein Handy aus dem Fenster geworfen. „Ich glaube, er hatte ein Problem.“ Von dem Sturz aus dem Fenster und der Vergewaltigung habe er nichts mitbekommen. Ob er jemals sexuelle Handlungen zwischen den beiden beobachtet hätte, lautete eine weitere Frage des Vorsitzenden Richters. Dies verneinte er. Er habe gedacht die beiden Männer seien Freunde.

Wie es zu dem Sturz aus dem Fenster des Geschädigten kam, darüber konnte keiner Aussagen machen, die mutmaßliche Vergewaltigung hingegen wurde beobachtet. Die erste Zeugin, die von einer „ungewöhnlichen Beobachtung“ berichtete, war eine Mitarbeiterin des benachbarten Seniorenheims. Sie habe bei Schichtende kurz vor 18.30 Uhr vor dem Haus eine Zigarette geraucht, als sie laute Rufe „Polizei, Polizei“ aus Richtung der Flüchtlingsunterkunft gehört habe. Sie habe sich dann genähert und habe ihren Augen nicht getraut. Ein junger Mann mit nacktem Körper und heruntergezogener Hose habe auf einem anderen gekniet, diesen festgehalten und rhythmische Bewegungen vollführt. Sie sei von einer Vergewaltigung ausgegangen, habe allerdings gedacht das Opfer sei eine Frau. Sie habe dann mit ihrer Handtasche nach dem Mann geschlagen und geschrien: „Steh auf, geh weg!“

Doch der habe einfach weitergemacht. Da habe sie Angst bekommen und sei zum Altenheim zurückgelaufen, wo sie mit Kollegen das Geschehen von einem Balkon aus weiterverfolgt habe. Sie habe dann noch gesehen, wie ein anderer Mann gekommen sei und dem nackten Opfer geholfen habe.

Ihre Beobachtungen wurden von mehreren Frauen bestätigt, die auf dem Nachhauseweg von einem Laternenfest waren. Am eindrücklichsten waren die Aussagen einer Frau und ihrer Tochter, die mit den Kindern unterwegs waren. Sie erhielten den Anruf einer weiteren Tochter, die zuvor auf der Heimfahrt vom Auto aus beobachtet hatte, wie ein nackter Mann einen anderen filmt. Sie riet ihren Verwandten, sie sollten die Straßenseite wechseln, was diese auch taten. Trotzdem wurden sie Zeugen des Übergriffs. Sie habe mehrmals laut gerufen „Polizei, ich rufe die Polizei“, so die Zeugin. Das Opfer habe einen „schmerzerfüllten Schrei“ ausgestoßen, erinnerte sich die Tochter: „Das war ein nicht einvernehmlicher Geschlechtsakt“.

Am Nachmittag ging es um die Spurenlage und die Auswertung der Aufnahmen dreier Überwachungskameras, die an der Asylbewerberunterkunft angebracht sind. An den Kleidern des Angeklagten habe man Blutspuren gesichert, die später dem Geschädigten zugeordnet werden konnten, so eine Kriminaltechnikerin. Spermaspuren, die im Krankenhaus beim Opfer gesichert wurden, stammen vom Tatverdächtigen.

Die Zeugin erläuterte Bilder vom Zimmer des Geschädigten, dem Fenster in sieben Metern Höhe und dem gepflasterten Weg auf dem er aufschlug.

Der Übergriff fand aber auf einem Rasenstreifen auf der anderen Seite des Gebäudes statt. 33 Meter muss der Tatverdächtige sein Opfer dorthin getragen haben. Dass sich dort eine Straßenlaterne befindet, sorgte bei Staatsanwalt Florian Fauser für Erstaunen: „Das heißt, der Geschädigte wurde aus dem Dunklen ins Licht geschleppt.“ Dies wurde durch die Videoaufzeichnungen bestätigt. Auch, dass der Mann rückwärts aus dem Fenster gefallen ist, kann man schemenhaft erkennen.

Die Verhandlung wird am 20. Oktober fortgesetzt.

Landesweit unter den Top Ten gelandet

Stadtradeln Teilnehmende der Freie Evangelische Schule Reutlingen an der Spitze.

Reutlingen. Die Freie Evangelische Schule (FES) Reutlingen hat beim diesjährigen Stadtradeln nicht nur die Konkurrenz in der Stadt hinter sich gelassen, sondern auch landesweit ein Ausrufezeichen gesetzt. Mit insgesamt mehr als 62.500 gemeinsam erradelten Kilometern belegten die Schülerinnen und Schüler Platz eins unter allen in Reutlingen angetretenen Teams und sogar Platz neun von insgesamt 1307 Schulen in ganz Baden-Württemberg, teilte die Stadt mit.

Oberbürgermeister Thomas Keck überreichte die Urkunde kürzlich persönlich in der FES – und brachte als Belohnung ein Eis-Mobil mit, das die Schülerinnen und Schüler mit Schokoladen-, Erdbeer- und Cookie-Eis versorgte. „Ihr seid mehr als eineinhalbmal um die Erde geradelt und habt dabei über zehn Tonnen CO2 eingespart“, lobte Keck. „Das ist eine starke Leistung – und ihr habt damit sogar mein Team der Stadtverwaltung deutlich auf Platz drei verwiesen.“

Neben dem Klimaschutz hob der OB auch die gesundheitlichen Vorteile hervor: Im Schnitt radelten die Schülerinnen und Schüler 157 Kilometer pro Kopf – viele Stunden Bewegung, die Herz, Kreislauf und Muskeln gestärkt haben.

Insgesamt traten rund 2400 Radlerinnen und Radler in 88 Reutlinger Stadtradeln-Teams in die Pedale. Im dreiwöchigen Aktionszeitraum legten sie in fast 42.000 Fahrten mehr als 481.000 Kilometern zurück.

Das Gesamtergebnis ist auf „www.stadtradeln.de/reutlingen“ abrufbar.

Von gezielten Übungen profitieren

TSG Reutlingen Neues Kursangebot: „Mama in Bewegung – Aktiv durch die Schwangerschaft und bei der Rückbildung“

Reutlingen. Die TSG Reutlingen erweitert ihr Angebot im Bewegungs- und Gesundheitszentrum TSG Provital (Ringelbachstraße 140) und startet ab dem 3. November den neuen Kurs „Mama in Bewegung – Aktiv durch Schwangerschaft & Rückbildung“, teilte die TSG mit. Das neue Kursprogramm richtet sich speziell an werdende und junge Mütter, die in familiärer Atmosphäre ihre Fitness, Beweglichkeit und Ausgeglichenheit fördern möchten. Die Kurse sind auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmerinnen abgestimmt. In der Schwangerschaft gibt es sanfte Übungen zur Förderung der allgemeinen Fitness, zur Vorbeugung typischer Beschwerden und zur optimalen Geburtsvorbereitung. Atem- und Kraftübungen werden individuell an das jeweilige Stadium der Schwangerschaft angepasst.

Bei der Rückbildung helfen die Kurse, den Beckenboden zu stärken, die Körpermitte zu stabilisieren und neue Kraft für den Alltag mit Baby zu gewinnen. Verspannungen werden gelöst und Entspannung gefördert. Das Baby darf selbstverständlich mitgebracht werden.

Zum Auftakt veranstaltet das TSG Provital am Samstag, 18. Oktober, von 9 bis 12 Uhr einen Aktionstag. Im Zentrum steht der Beckenboden – ein Thema, das für Schwangere und Nicht-Schwangere gleichermaßen wichtig ist. Neben Mitmachangeboten erwartet die Gäste um 10 Uhr ein Fachvortrag zum Thema Beckenboden und es gibt Informationen über Kurse und das Angebot im Gesundheitszentrum.

Grundlage für faire und rechtssichere Verhältnisse

Wohnungsmarkt Die Gemeinde Eningen veröffentlicht den fortgeschriebenen Mietspiegel für das Jahr 2025.

Eningen. Die Gemeindeverwaltung hat zum 1. Oktober den fortgeschriebenen Mietspiegel bekannt gegeben. Damit erhalten Mieterinnen und Mieter sowie Vermieter ein verlässliches und transparentes Instrument, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln, heißt es in einer Mitteilung der Gemeindeverwaltung. Der Mietspiegel steht ab sofort online auf der Homepage der Gemeinde sowie zur Einsicht im Bauamt während der Öffnungszeiten zur Verfügung. Erarbeitet wurde das Instrument erneut auf Initiative der Interessenvertretungen „Haus & Grund“ Reutlingen und Region sowie des Deutschen Mieterbunds Reutlingen–Tübingen. „Der Mietspiegel schafft Transparenz auf dem lokalen Wohnungsmarkt und sorgt für eine faire Basis zwischen Mietern und Vermietern“, betonte Bürgermeister Eric Sindek.

Im Rahmen der Fortschreibung in diesem Jahr wurden die Basismieten um 2,9 Prozent angepasst. Grundlage dafür war die im Frühjahr veröffentlichte Fortschreibungsrate des Reutlinger Mietspiegels. Damit ermöglicht der Mietspiegel eine sachliche Orientierung sowohl bei Neuvermietungen als auch bei Mieterhöhungen.

Verlässliches Instrument

„Gerade in Zeiten angespannter Wohnungsmärkte ist es wichtig, dass wir mit einem klaren und verlässlichen Instrument wie dem Mietspiegel arbeiten können“, so Sindek. „Er stärkt das Vertrauen und trägt zu einem ausgewogenen Miteinander auf dem Wohnungsmarkt bei.“

Für Eningen gelten weiterhin die Regelungen der gesetzlich geregelten Mietpreisbremse. Bei neuen Mietverträgen darf die Kaltmiete die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent übersteigen. Zudem greift seit 2020 die reduzierte Kappungsgrenze: Innerhalb von drei Jahren darf die Miete nur um maximal 15 Prozent erhöht werden.

Über den Online-Rechner der Gemeinde kann die ortsübliche Vergleichsmiete unkompliziert berechnet werden. Damit bietet Eningen eine transparente Grundlage, um Mietverhältnisse fair und rechtssicher zu gestalten, wie es abschließend in diesem Zusammenhang von Seiten der Gemeinde heißt.

Die Sanierung ist beendet

Verkehr Holzelfinger Steige: Freigabe am Donnerstagnachmittag.

Lichtenstein. Seit Anfang Juli lässt das Regierungspräsidium Tübingen die Fahrbahndecke der L 387 zwischen den Lichtensteiner Ortsteilen Unterhausen und Holzelfingen, die sogenannte Holzelfinger Steige, erneuern. Am Donnerstag, 16. Oktober, wird die Landesstraße im Laufe des Spätnachmittags wieder für den Verkehr freigegeben, teilte die Behörde mit.

Im Zuge der Baumaßnahme wurde der stark geschädigte Fahrbahnaufbau saniert und gleichzeitig verstärkt. Entlang der Strecke erhöht zukünftig ein neues Fahrbahnrückhaltesystem die Sicherheit für alle Verkehrsteilenehmer.

Starker Regen hatte die Freigabe verzögert. Hinzu kam, dass bei der Herstellung der Schutzplanken beim Rammen der Pfosten ein Stromkabel entlang der Landesstraße beschädigt wurde. Die Arbeiten zur Reparatur des Stromkabels konnten erst diese Woche abgeschlossen werden.

Die Kosten für die Fahrbahndeckenerneuerung belaufen sich auf rund 1,97 Millionen Euro und werden vom Land Baden-Württemberg getragen. Um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen und den Straßenkörper zu stabilisieren, erfolgte im Bereich der vorhandenen Fahrbahnsetzungen am talseitigen Fahrbahnrand ein Bodenaustausch und ein Neuaufbau mit Geozellen. Dieses wabenähnliche System aus Kunststoff stabilisiert durch die Verzahnung untereinander den eingebauten Boden und reduziert die auftretenden Spannungen im Untergrund, wodurch ein belastbarer Erdkörper entsteht.

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