Er verleiht dem Unsichtbaren Gestalt
Neuffen Seit 1983 schnitzt Erwin Götz Figuren aus Holz. Die dürfen aber nicht nur dekorativ sein: Jede muss für den Künstler einen tieferen Sinn ergeben.
Studium an der pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, eine Lehrtätigkeit als Lehrer und Seminarschulrat. Dann war Erwin Götz die Hälfte seines Berufslebens am Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Nürtingen. Irgendwann kam aber der Punkt, an dem der Neuffener „was Kreatives machen wollte“, erzählt er im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE. Zum Glück hatte er damals, 1983, schon handwerkliche Fähigkeiten durch eine Schlosserlehre im Gepäck und konnte so ohne Umschweife starten.
Aber wie? Der Anfang ist ja oft das schwierigste, wie sicher jeder bestätigen kann, der schon einmal ein Produkt aus dem Nichts schaffen wollte. Götz’ Freund und Künstler Richard Wetzel riet ihm damals: „Du fängst an, und dann fragst du.“ Fragen war dann nicht mehr nötig.
Was macht man?
„Das Handwerkliche ist nicht die Herausforderung“, findet Götz, „sondern was man macht. Die Frage ist ja, warum ich was erschaffe.“ Seine erste Intention damals: „Dinge, die mich innerlich bedrängt haben, denen ein Äußeres zu geben“, erzählt der Holz-Bildhauer im Rückblick und zeigt eine Figur, die mit gesenktem Kopf die Faust in den Himmel reckt. Sie wirkt ambivalent, einerseits auf Protest aus und andererseits geduckt. „Das Wichtigste an meiner Arbeit ist, dass die Dinge, die ich mache, einen tieferen Sinn für mich ergeben“, so Erwin Götz.
Die eine Skulptur, die er gefertigt hat und die dem nicht gerecht werden kann – weil sie einfach nur dekorativ ist – findet er „endlos langweilig.“ Diesen Anspruch überträgt er allerdings nicht auf die Betrachter seiner Kunst: Jeder kann sich selbst für eine Interpretation entscheiden, oder eben nicht. Es hilft, so der Neuffener, wenn man die Haltung der Skulptur einnimmt, so lässt sich deren Bedeutung leichter nachfühlen.
Aber Erwin Götz widmet sich natürlich auch leichten Themen: Im Garten zieren seine sogenannten Zaungäste die Götz‘sche Umrandung, kleine Köpfe, die die unterschiedlichsten Grimassen schneiden.
Den mit den gebleckten Zähnen hat sie am liebsten, erzählt Ehefrau Angelika und lacht. Eigentlich ist sie Musikerin, aber sie lässt sich nur allzu gerne auch von der Holz-Kunst ihres Ehemanns begeistern. Mehr noch, gegen Ende des Schaffungsprozesses wirft sie auch einen Blick auf die Skulpturen und darf Anregungen an ihren Mann weitergeben. Der ist in diesem Zeitraum dagegen meist pessimistisch: „Da gibt’s immer eine Phase, in der ich die Kettensäge holen will und denke, das wird doch nix.“ Seit 1970 lebt Erwin Götz in Neuffen, seit 1971 mit Ehefrau. Im ganzen Haus der beiden sind die Holzskulpturen zu finden, vor allem im Wohnzimmer, das mit seiner gläsernen Front einen schönen Blick auf den verträumten Garten offenbart. Aber man findet auch kleinere Stücke, die Götz aus Dingen fertigt, die er in der Natur findet. Alles, was auf den ersten Blick unscheinbar ist, wird von ihm in Szene gesetzt. So finden abgeschnittene Reben, Seegras oder Pyritknollen aus einer Baugrube einen neuen Weg zurück ins Leben.
Das Holz für die großen Figuren bekommt Erwin Götz aus dem Gemeindewald, manchmal bieten ihm auch Leute welches an, wenn sie auf ihrem Grundstück einen Baum fällen. Manchmal, wenn das Holz ein Angebot macht, wie es der 1943 geborene Künstler formuliert, folgt er diesem nur zu gerne. So kann er durchaus Ästhetisches in den Fraßspuren eines Käfers finden oder in einem Baumstamm, der zum Teil abgestorben ist. Diese Eigenheiten arbeitet der Neuffener dann heraus, sodass am Ende aus einem bloßen Zufall ein ganz eigenes Kunstwerk entsteht.