Zu teuer und unerreichbar

Immobilien Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland wünscht sich eine andere Wohnsituation. Doch viele empfinden den Markt als blockiert.

Mehr als die Hälfte der Deutschen wünschen sich eine Wohnsituation, die besser zu ihren Lebensumständen passt. Nur ein Viertel glaubt allerdings, eine Veränderung tatsächlich erreichen zu können. Das ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen „Wohntraumstudie“ des Münchener Immobilienfinanzierungsberaters Interhyp. Einmal im Jahr untersucht das Unternehmen, wie sich die Sehnsüchte, Ängste und Wünsche der Deutschen in Bezug auf ihre Wohnumstände verändern. Die Studie enthält eine Mischung aus Interviews und Onlinebefragungen und fand dieses Jahr im Juli statt.

Viele Menschen hielten an Wohnkonstellationen fest, die nicht mehr zu ihrem Alltag passen, analysiert die Interhyp-Vertriebsvorständin Mirjam Mohr. Aus Angst, keine passende Alternative zu finden, verharrten ältere Menschen in Wohnungen, die ihnen zu groß geworden sind. Junge Familien, die gerne näher an ihrem Arbeitsort wären, zögerten mit dem Umzug in die Stadt. Mehr als die Hälfte der Befragten bewerteten den Wohnraum in Deutschland insgesamt als zu knapp, sagt Mohr, 63 Prozent empfänden den Markt als „blockiert“.

Dabei bleibe das Eigenheim ein wichtiger Sehnsuchts- und zunehmend auch Rückzugsort: Die eigenen vier Wände würden zum Schutzraum vor den Konflikten und wirkten als Bollwerk gegen die Konflikte der Welt, sagt Mohr. Deren Einfluss auf die Wünsche und Träume der Deutschen wachse jedes Jahr: „Krisen erreichen uns digital quasi im Sekundentakt.“

Der Traum vom eigenen Haus

Fast alle der aktuellen Studienteilnehmer wünschten sich vom eigenen Zuhause auch eine Absicherung für das Alter. „Je unüberschaubarer die Außenwelt, desto größer wird das Bedürfnis nach Kontrolle und Selbstwirksamkeit“, erklärt Mohr.

Spitzenreiter auf der Wohn-Wunschliste bleibt das freistehende Einfamilienhaus. Die Deutschen zählen es nach wie vor zu den wichtigsten Dingen im Leben. Auch zwei Drittel der Mieter würde der Befragung zufolge gerne in Eigentum leben. Dennoch gehört Deutschland mit einer Eigentumsquote von 50 Prozent traditionell zu den Schlusslichtern in Europa. Das liegt auch daran, dass die Deutschen sich mit dem Immobilienkauf Zeit lassen.

Wer hierzulande ein Haus erwirbt, ist im Schnitt 38 Jahre alt. Für Marktbeobachter geht der Trend aber in die verkehrte Richtung: Nach Analyse des Verbands der Privaten Bausparkassen ist die Wohneigentumsquote in den vergangenen zehn Jahren bei den 25- bis 44-Jährigen um sechs Prozentpunkte von 32 auf 26 Prozent gesunken.

Vor dem Hintergrund widriger Umstände schrumpfen die Ansprüche. Die Deutschen träumten pragmatischer, analysiert Mohr: Bescheidenere Wohnlösungen gewinnen in den Überlegungen an Bedeutung, während die Hoffnung auf Villen-Luxus an Relevanz einbüßen.

Zulegen können dagegen das Mehrfamilienhaus und die Doppelhaushälfte. Viele Menschen machten ihr Empfinden für die Möglichkeiten eines sozialen Aufstiegs auch an ihrer Wohnsituation fest, warnt Mohr: „Das Aufstiegsvertrauen bröckelt“, formuliert sie. Ohne elterliche Hilfe durch Erbschaften oder Schenkungen geht in Sachen Immobilienfinanzierung häufig nichts mehr.

Mehr als drei Viertel der Befragten nennen laut Interhyp niedrigere Immobilienpreise als wichtigste Voraussetzung für einen Kauf, 53 Prozent niedrigere Kreditzinsen. Damit sei aber in naher Zukunft nicht zu rechnen, prognostiziert die Interhyp. Auch die Immobilienpreise ziehen tendenziell wieder an. Für das Jahr 2025 erwarten unter anderem die Sparkassen Preissteigerungen von zwei bis vier Prozent, insbesondere bei energieeffizienten Immobilien in städtischen Gebieten.

Von der Politik erwartet laut Studie die Mehrzahl der Befragten mehr Mut und Pragmatismus, um erstarrte Strukturen aufzulösen. Die Hürden für den Eintritt in den Immobilienmarkt empfinden viele Menschen als zu hoch. Als mögliche Rezepte plädiert der Vermittler privater Baufinanzierungen für eine Absenkung der Grunderwerbsteuer oder steuerliche Freibeträge, eine verlässliche Förderkulisse und den Abbau bürokratischer Hürden.

Neues Modell könnte Sprit verteuern

Kraftstoff Das Land will, dass die Preise nur noch einmal am Tag steigen dürfen. Der ADAC sieht Risiken.

München. Der ADAC warnt, die von Baden-Württemberg angeregte Regulierung der Spritpreise für Autofahrer könnte nach hinten losgehen. Das Land will im Bundesrat den Vorschlag einbringen, dass die Preise – wie in Österreich – nur noch einmal am Tag erhöht, aber beliebig oft gesenkt werden dürfen. Der Kraftstoffmarktexperte des ADAC, Christian Laberer, rät deutlich davon ab: Dieses Vorgehen könnte Sprit teurer machen.

„Wenn die Konzerne nur einmal am Tag die Preise anheben dürfen, besteht die Gefahr, dass die Erhöhung von vorneherein stärker ausfällt als in einem flexiblen Modell“, sagt er. Der Gedanke dahinter: Wer später nicht mehr erhöhen kann, geht im Zweifelsfall lieber weiter nach oben.

„Das kann durchaus dazu führen, dass die Tagesdurchschnittspreise durch eine solche Regulierung steigen. Das wäre aus Verbrauchersicht kontraproduktiv“, sagt Laberer und fügt hinzu: „Ziemlich sicher kann der informierte Autofahrer mit dem deutschen System günstiger tanken, wenn er sich an die seit Jahren geltende Faustregel hält: Tanke abends, meide den teuren Morgen.“

Auch hier schneidet das österreichische Modell in den Augen des Experten schlechter ab. Dort darf nur um 12 Uhr mittags der Spritpreis erhöht werden. Der günstigste Tankzeitpunkt ist daher in der Regel kurz davor. „Und dann zu tanken, ist für die meisten Arbeitnehmer unpraktisch.“

Dennoch sind die Kraftstoffpreise in Österreich in der Regel niedriger als in Deutschland. Das habe mit der Beschränkung auf eine Erhöhung am Tag aber nichts zu tun, betont Laberer: „Das liegt an den dort niedrigeren Steuern auf Kraftstoffe.“

Der baden-württembergische Vorschlag soll am Freitag im Bundesrat eingebracht werden. Hintergrund ist Kritik, dass die Benzinpreise in Deutschland sich sehr häufig ändern. Im Schnitt sind es nach Daten des Bundeskartellamts um die 20 Anpassungen pro Tag und Tankstelle. Typischerweise folgt auf eine hohe Spitze im morgendlichen Berufsverkehr eine wellenförmige Abwärtsbewegung bis zum Tief am Abend.

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