Sonderpreis für ein Lebenswerk

Heimat sei der Platz, an dem man sich wohlfühle, sagt der Vorsitzende des Schwäbischen Heimatbundes, Andreas Felchle, am Montag in der Carl-Julius-Weber-Halle in Kupferzell. Heimat sei also nicht nur der Geburtsort.

Im Gespräch mit Petra Klein, die den Abend moderierte, betonte Felche außerdem, dass Heimat nur Zukunft habe, wenn man sich darum kümmere. Deshalb gelte: „Wer heute Abend hier ausgezeichnet wird, ist ein Vorbild.“ Dr. Matthias Neth, Präsident des finanziell den Kulturlandschaftspreis unterstützenden Sparkassenverbands Baden-Württemberg und früherer Landrat des Hohenlohekreises, unterstrich Felchles Aussage: „Menschen, die die Kulturlandschaft erhalten, sind wichtig. Es gibt an ganz vielen Ecken ganz besondere Herausforderungen. Deshalb sind es ganz besondere Menschen, die diesen Preis verdient haben.“

59 Projekte standen zur Auswahl für den Kulturlandschaftpreis, gab der Juryvorsitzende Dr. Volker Kracht bekannt. 40 davon standen für den Hauptpreis zur Auswahl, 19 für den Sonderpreis „Kleindenkmale“. Der Jugendpreis ging an das seit 50 Jahren stattfindende „Ökologische Jugendlager“ vom Bund Naturschutz Alb Neckar und vom Bund Naturschutz Oberschwaben. Die Hauptpreise erhielten Familie Schmetzer-Bucka für ihre Pflege der Kulturlandschaft mit Waldweiden und Moorwiesengebieten in den Waldenburger Bergen sowie die Interessengemeinschaft „Die Schwäbische ObstArche Fils-Alb“ für das Sichern des Genpools für künftigen Streuobstbau und die „Grüne Liste Tübingen-Hirschau“ für das Wiederherstellen und Erhalten von Hohlwegen.

Der Sonderpreis „Kleindenkmale“ wurde zweimal vergeben: zum einen an Helen Kapeller für ihre Masterarbeit über den einstigen Tiergarten Tübingen; zum anderen an Eva-Maria Kraiss für ihr „Engagement für Gedenk- und Sühnekreuze in Hohenlohe“. Die Kreuze seien, so Kracht, ein prägender Bestandteil der Kulturlandschaft. „Sie erzählen etwas über die Menschen, die dort gelebt haben.“ Eva-Maria Kraiss habe ab1997 mit ihrer Partnerin Marion Reuter die Kreuze drei Jahre lang fotografiert und dokumentiert. Manchmal sei sie zehn- bis zwanzigmal zu einem Kreuz gegangen, um es fotografisch gut einzufangen, erzählte Kraiss im Gespräch mit Petra Klein. Doch mit dem Fotografieren und Dokumentieren war es noch nicht getan. Denn es folgten, so Kracht, „viel beachtete Ausstellungen und Bücher sowie Exkursionen und Führungen“ über diese Kreuze.

Sühnekreuze ins Licht gerückt

„Damit hatte sie diesen Kleindenkmalen öffentliche Aufmerksamkeit verschafft und sie für die Zukunft geschützt.“ Denn viele waren schon zuvor Opfer, etwa von Straßenbaumaßnahmen, geworden. „Über Jahrzehnte ist Eva-Maria Kraiss so zu einer Ansprechperson für diese Gedenk- und Sühnekreuze im Hohenlohekreis und im Landkreis Schwäbisch Hall geworden. Menschen sind deswegen auf sie zugegangen und haben sie bei Funden von Kreuzen hinzugezogen. Das Thema ist zu ihrem Lebenswerk geworden“, fügte Dr. Volker Kracht an.

Auf Nachfrage ergänzt die in Michelbach an der Bilz lebende ehemalige Lehrerin und begeisterte Fotografin: „So ein Kreuz ist ein Stück Geschichte von vor 500 Jahren, die ich im Vorbeifahren sehen kann. Es hat – wie die Schlösser hier in der Region – auch eine Geschichte, aber eben nicht der Fürsten, sondern meist von kleinen Leuten. Aber diese Geschichte gibt es nicht preis. Nur durch seine Existenz weist es auf Mord und Totschlag in früherer Zeit hin. Das finde ich das Berührende daran. Und ich habe gemerkt, dass es viele Menschen interessiert.“

Dass man für solch‘ ein Thema öffentlich gewürdigt werde, sei eher selten der Fall. „Denn ich mache nichts Aufsehenerregendes. Ich gehe einfach durch den Wald oder einen Feldweg entlang und beschäftige mich mit dem Kreuz und seiner Geschichte, mache nach Möglichkeit ein gutes Foto und dann ein Buch, eine Broschüre oder eine Ausstellung. Insofern bedeutet mir die Auszeichnung mit dem Sonderpreis ‚Kleindenkmale‘ des Kulturlandschaftspreises schon etwas“, merkt Kraiss an und sagt: „Eine Würdigung für dieses Engagement nach langer Zeit: das tut gut.“

Auszeichnung Jahrzehnte dokumentierte Eva-Maria Kraiss Sühne- und Gedenkkreuze in Hohenlohe. Sie erhält dafür vom Schwäbischen Heimatbund den Sonderpreis „Kleindenkmale“ des Kulturlandschaftspreises.

„Auch mal das Maul aufmachen“

Crailsheim. Bei den Kirchenwahlen am Ersten Advent, Sonntag, 30. November, tritt Friedrich Eissen aus Roßfeld nicht mehr an. Er möchte jetzt Jüngeren den Vortritt lassen. 20 Jahre lang hat er die Geschicke der evangelischen Kirchengemeinde mitbestimmt.

Zu den Sitzungen sei er immer gerne gegangen, sagt Friedrich Eissen. Die Zusammensetzung im Gremium sei sehr gut gewesen, zudem habe man habe in der Kirchengemeinde viel zu entscheiden. „Würdest Du wieder kandidieren, wenn Du fünf Jahre jünger wärst?“, wurde er gefragt. Eissen musste nicht lange überlegen, sondern sagte sofort „Ja“. Er weiß noch genau, wann er zum ersten Mal an einer Sitzung teilgenommen hat: Es war am 31. Januar 2005. Damals war ins Gremium nachgerückt, weil eine Rätin ausgeschieden war.

Am Anfang habe er nicht wirklich gewusst, was auf ihn zukommt. Schließlich war es das erste öffentliche Amt, das er bekleidet hat. Später ist Eissen noch Vorstand der Dorfgemeinschaft Roßfeld geworden. Ein Grund für Eissen, sich als Kirchengemeinderat zur Verfügung zu stellen, war auch der Umstand, dass er damals den Roßfelder Posaunenchors leitete. Diesen direkt im Gremium vertreten zu können, schien ihm sinnvoll. Rückblickend ist Eissen wichtig, dass er immer seine Meinung vertreten hat – zum Wohl der Kirchengemeinde. „Wenn man in so einem Gremium ist, muss man auch mal das Maul aufmachen.“ Seinem Eindruck nach kamen die anderen damit klar. Trotz kontroverser Diskussionen sei die Zusammenarbeit harmonisch gewesen. Wenn es sein musste, legte sich das Gremium auch mit der Kirchenleitung an, berichtet Eissen.

So ging es einmal lange darum, ob man die schadhaften Pfarrhausfenster als Ganzes austauschen darf oder nur die Scheiben, wie der Oberkirchenrat vorschrieb. Als Schreiner kennt sich Eissen in diesem Metier besonders gut aus.

Er freut sich auch heute noch darüber, was bei der letzten Kirchenrenovierung „aus der Martinskirche geworden ist“. Daran war er mitentscheidend beteiligt. Als Schreiner hat er sich angeboten, selbst einen Altar zu machen. „Dass mein Altar so gut angenommen worden ist“ freut ihn. Auch der wieder geöffnete Altarumgang und die Gestaltung der Decke seien gelungen. Auch die Sanierung der Farbfenster im Martinshaus, dem evangelischen Gemeindehaus, geht auf den Schreiner Eissen zurück – damals war er aber noch nicht Kirchengemeinderat.

Eissen ist verheiratet mit Ehefrau Inge. Das Paar hat zwei längst erwachsene Kinder und ein Enkelkind. In seinem Beruf als Schreiner liebte er es, spezielle Aufgaben auszuführen. So hat er beispielsweise im Gästehaus der Bundesregierung Schreinerarbeiten ausgeführt, und in der Alten Kelter in Besigheim.

Kirche Friedrich Eissen hört nach 20 Jahren als Kirchengemeinderat in Crailsheim-Roßfeld auf.

Neue Jobs für Christine Watermann

Kirche Die Pfarrerin aus Michelbach/Bilz unterstützt jetzt Kolleginnen und Kollegen und unterrichtet.

Michelbach/Bilz. Wer anderen zuhört, braucht selbst jemanden, der zuhört. Diese einfache Wahrheit prägt nun den Berufsalltag von Pfarrerin Christine Watermann, die seit Herbst 2017 gemeinsam mit ihrem Mann Henrik in Michelbach/Bilz tätig war. Mitte September dieses Jahres hat sie eine neue Aufgabe übernommen – eine, die ihr spürbar am Herzen liegt. So legt es ein Interview nahe, dass die Pfarrerin mit dem evangelischen Kirchenbezirk Schwäbisch Hall-Gaildorf geführt hat.

In einer halben Stelle arbeitet Watermann mittlerweile für die Landeskirche Württemberg in der „Seelsorge an Seelsorgenden“. „Auch Pfarrerinnen und Pfarrer brauchen manchmal jemanden, der zuhört“, sagt sie. Es gehe in ihrer neuen Aufgabe um Begleitung bei Konflikten, Stellenwechseln oder schwierigen seelsorgerlichen Situationen. „Ich habe als Pfarrerin selbst erlebt, wie wertvoll solche Unterstützung sein kann. Jetzt darf ich sie anderen bieten.“ Gemeinsam mit zwei Kolleginnen bildet sie ein landeskirchliches Team, das auch Supervisionen für Pfarrteams anbietet – etwa wenn Gemeinden sich strukturell verändern und neu zusammenfinden müssen.

Die übrige Hälfte ihrer Arbeitszeit verbringt Christine Watermann als Dozentin für Schulseelsorge am Pädagogisch-Theologischen Zentrum (ptz) in Stuttgart-Birkach. Dort bildet sie Lehrkräfte und kirchliche Mitarbeitende aus, die an Schulen seelsorgerlich tätig sind. Die Schulseelsorge, so erklärt sie, richte sich „nicht nur an Schülerinnen und Schüler, sondern auch an Lehrkräfte, Eltern und Mitarbeitende“. Für diese Tätigkeit biete das ptz eine dreijährige Qualifizierung an, für die unter anderem Christine Watermann zuständig ist. Die Schulseelsorge ist ein Angebot der evangelischen Landeskirche und arbeitet an allen Schulformen. Ergänzend arbeitet Watermann als geistliche Begleiterin, Gestaltpädagogin und Notfallseelsorgerin – ein breites Feld, das ihr eines gemeinsam bietet: „Menschen in schwierigen Situationen beistehen zu dürfen, ist für mich ein Geschenk.“

Ganz loslassen will sie Michelbach aber nicht. Die Gottesdienste im Ort und die beliebten Dialogpredigten mit ihrem Mann wird sie weiterhin gestalten. Nur der Religionsunterricht fehle ihr schon jetzt, bekennt sie mit etwas Wehmut.

So bleibt die Verbindung bestehen – zwischen neuer Aufgabe und vertrautem Ort, zwischen Zuhören und Gehörtwerden. Ganz so, wie es zu einer Seelsorgerin passt.

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