Mit Kettensäge am Seil

  • Janick Schwanzer und Stephanie Schüler hängen im Seil. 15 Meter geht es an dieser Stelle nach unten. Foto: Thumilan Selvakumaran
  • Lenny Sölter steuert den Kran, an dessen Ausleger die Seile für die Kollegen fixiert sind. Für Autos ist die Strecke aktuell gesperrt. Auch Fußgänger und Radfahrer sollten die Route, wenn möglich, meiden. Foto: Thumilan Selvakumaran

Aktion Kletterer entfernen den Bewuchs an der bröckelnden Mauer zwischen Steinbach und Hall. Vorarbeiten für eine millionenschwere Sanierung.

Akrobatisch streckt sich die Frau am Seil nach vorne, liegt fast waagerecht in der Luft, während sie mit einer Hand die Elektrokettensäge ansetzt. Unter Stephanie Schüler fließt an diesem Morgen der Kocher nur gemächlich, schlängelt sich vorbei an den Kocherwiesen in Richtung Stadtwerke-Wehr. Fußgänger und Radfahrer bleiben auf beiden Seiten des Flusses stehen und staunen über die zwei Arbeiter, die in den Seilen hängen. Stephanie Schüler vom gleichnamigen Baumpflegeunternehmen aus Neuenstein ist seit Montag wieder an der Stützmauer an der Haalsteige entlang der Unterlimpurger Straße in Steinbach im Einsatz. Bereits Ende 2023 wurde der Bereich freigeschnitten. Jetzt müssen erneut Sägen, Freischneider und Heckenscheren ran.

15 Meter in die Tiefe

Hintergrund seien Vermessungsarbeiten, so Schüler. „Da muss die Mauer frei sein.“ Das, was sie im Team wegschneiden, sei der Bewuchs seit dem letzten Rückschnitt. Unter anderem reichlich Efeu lässt kaum einen freien Blick auf die historische Mauer zu. Das Schnittgut bleibe unten am Rand liegen. „Wir haben auch eine Esche gefällt. Die holen wir aber mit dem Seil nach oben“, berichtet Schüler. Rund 15 Meter geht es für das Team an dieser Stelle runter. Gesichert mit Seil, Karabinern, Schutzhelm und Schutzkleidung packt Schüler zusammen mit Jannick Schwanzer an, sägt und schneidet, vollzieht akrobatische Bewegungen, um auch an die etwas weiter entfernt liegenden Äste zu kommen. Kollege Lenny Sölter bedient von oben den Kran und hilft Passanten und Radfahrer, um an der Engstelle vorbeizukommen.

Mehr als 700 Jahre alt

Die 460 Meter lange und mehr als 700 Jahre alte Stützmauer entlang der Unterlimpurger Straße, die am Ende in der Neustetterstraße mündet, ist brüchig. Das ist seit Jahren bekannt. Teile des Geländers wurden bereits vor einigen Jahren erneuert. Richtung Steinbach stehen seit Jahren Bauzäune. Doch die Arbeiten an der Mauer an sich sind kompliziert – nicht nur technisch, sondern auch naturschutzrechtlich. Die eigentliche Sanierung beginnt wohl nicht vor 2028. Bis die Arbeiten abgeschlossen sind, ist vermutlich 2031, inklusive Weg darauf wohl eher 2032.

Allein die Planungsleistungen kosten – wie seit Mai bekannt ist – fast eine Million Euro. Es gelte in jedem Abschnitt zu prüfen, ob dort beispielsweise Fledermäuse wohnen, erklärte im Frühjahr Holger Göttler, städtischer Fachbereichsleiter für Planen und Bauen. Für jedes Tier, das dort lebt, müsse eine individuelle Problemlösung vorgelegt werden. Er erwartet, dass dort bei den Untersuchungen viele verschiedene Tierarten entdeckt werden. Es gelte zudem knifflige Fragen zu klären, wie welcher Hohlraum unter der Straße aus gefüllt und wie welche Mauerpartie mit der Böschung verankert werden muss.

Zufahrt eingeschränkt

Jetzt stehen weitere Untersuchungen an. Dafür muss laut Stadtverwaltung der Bewuchs an der Mauer und am Mauerfuß entfernt werden. Weil der Kran den Weg blockiert, ist die Durchfahrt mit Pkw bis Freitag nicht möglich. Das Team wandert nach und nach mit Kran und Ausrüstung Richtung Stadtwerke. Der Geh- und Radverkehr wird laut Verwaltung an dem Arbeitsfeld vorbeigeleitet, falls diese an der engen Stelle zwischen Fahrzeug und Hang nicht vorbeikommen.

Wie teuer die Sanierung des historischen Bauwerks wird, ist aktuell noch nicht klar. Die Verwaltung geht derzeit von 5,6 Millionen Euro aus. Ein aus heutiger Sicht teures Erbe. Die Schwierigkeit dabei: Häuser sind an den Hang gebaut, ein Torturm steht als Solitär an einem Steilstück. „Man muss die Zugänglichkeit zu den Gebäuden während der Bauphase gewährleisten“, erklärte Tiefbauamtschef Philipp Hansjörg Herrmann. Daher werde wohl der Fluss mit einer Plattform aus Gerüstelementen überdeckelt. So könnten Arbeiter von unten an die Baustelle ran.

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