Danso nach Gambia abgeschoben
Fußball Bei der SSV Hall herrschen Wut und Trauer. Ousainou Danso war seit mehr als zweieinhalb Jahren dort. Am Mittwoch früh wurde er abgeholt. Das Spiel gegen Oeffingen rückt komplett in den Hintergrund.
Wir hatten keine Möglichkeit, um noch zu reagieren.“ So beschreibt Ali Tercan, Erster Vorsitzender der SSV Schwäbisch Hall die Situation am vergangenen Mittwoch. Ousainou Danso wurde gegen zehn Uhr aus seiner Wohnung im Teurershof von Polizisten abgeholt. Um 20 Uhr bereits saß der 28-Jährige bereits im Flugzeug in sein Heimatland Gambia. Deutschland hatte Ousainou Danso, den Offensivmann der SSV Hall, abgeschoben.
Noch am Dienstag wurde Danso, der alle der letzten fünf Tore der SSV in der Landesliga geschossen hatte, von seinen Mitspielern beim Training gefeiert, wie Coach Marcus Becker berichtet. Danso hatte Geburtstag, wurde 28 Jahre alt. Die Teamkollegen standen Spalier, beglückwünschten „Ousi“, wie er gerufen wird.
Die Abschiebung kam für die SSV-Verantwortlichen überraschend. Ende September, so berichtet es Ali Tercan, musste Ousainou Danso nach Heidelberg. Dort wurde er wegen seines Asylantrags angehört. „Das war eine Massenabfertigung. Alle 20 Minuten kam jemand Neues dran“, so Tercan. Dansos Asylantrag wurde abgelehnt. Umgehend schalteten Ali Tercan und die SSV-Verantwortlichen einen Rechtsanwalt ein, der Einspruch einlegte. Beinahe wäre die Frist dazu abgelaufen, weil die Post so lange benötigte, um das Schreiben zuzustellen. Der Rechtsanwalt zeigte sich durchaus optimistisch, dass Ousainou Danso doch bleiben könne, berichtet Ali Tercan.
Kontakt über Markus Stapf
Ousainou Danso war vor knapp zweieinhalb Jahren zur SSV Hall gestoßen. Über Kroatien war er nach Schwäbisch Hall gekommen, lebte zunächst in Hessental in einer Asylunterkunft. Über Abteilungsleiter Markus Stapf kam Danso mit der SSV in Kontakt. Er suchte schlicht einen Verein, in dem er Fußball spielen konnte.
„Ousi ist ein richtiger Straßenfußballer“, meint Ali Tercan. Technisch stark, wuchs mit der Zeit auch sein taktisches Verständnis. Mittlerweile ist er Leistungsträger der Landesliga-Mannschaft, schoss in neun Saisonspielen acht Tore. Das blieb nicht unbemerkt. „Danso wurde von mehreren Oberligisten beobachtet“, verrät Ali Tercan.
Doch die Scouts können Ousainou Danso vorerst nicht mehr begutachten. Am Mittwoch gegen zehn Uhr klingelte das Telefon Ali Tercans. Ein verängstigter Ousainou Danso teilte ihm mit, dass die Polizei da sei, um ihn mitzunehmen. „Ich habe dann noch mit den Polizisten gesprochen. Kein Vorwurf an diese, sie sind nur ausführendes Organ.“ Die Wohnung im Teurershof hatte die SSV ihrem Spieler vermittelt. Die Teamkollegen spendeten Möbel und weitere Einrichtungsgegenstände. Ousainou Danso belegte auch Deutschkurse. „Er ist da auch hingegangen“, unterstreicht Ali Tercan, „wir hatten uns zudem um eine Ausbildungsstelle gekümmert – dafür ist es nun mal wichtig, dass man Deutsch kann.“
Die Mitspieler gingen mit Danso einkaufen, nahmen ihn zum Jakobimarkt mit. „Er war vollständig integriert.“ Ali Tercans Stimme wird lauter. „Warum schiebt man so einen feinen Kerl ab? Ousi hat niemandem etwas getan, hat alles dafür gemacht, sich zu integrieren! Das ist die Folge dieser neuen Politik, die wir dem Gedankengut der AfD zu „verdanken“ haben. Es geht nicht um Menschen, sondern nur darum, Abschiebe-Quoten zu erfüllen. Und um diese zu erfüllen, werden alle abgeschoben, derer man habhaft werden kann. Und das sind eben genau die, die sich integrieren wollen! Denn Kriminelle wird man wohl kaum so antreffen.“ Der Vorsitzende erläutert weiter: „Wir reden in diesem Fall eben nicht von illegaler Einwanderung“, gegen die er sich auch ausspreche.
Am Mittwochabend informierte Ali Tercan die Mannschaft: „Das war ein großer Schock für uns. Viele Spieler haben geweint, als sie es erfahren haben. Wir können es nicht nachvollziehen. Noch am Sonntag haben wir von der SSV ein Integrationsturnier ausgerichtet, und jetzt das! Ist das der Lohn dafür, was wir als Verein geleistet haben? Es ist vielmehr eine Strafe für unsere Arbeit!“
Die SSV Schwäbisch Hall will die Hoffnung nicht aufgeben, ihren Mitspieler zurückholen zu können. Gleichzeitig arbeitet Ali Tercan bereits an einem Alternativplan. In seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied bei Galatasaray Istanbul will er versuchen, über Kontakte Ousainou Danso in die Türkei zu vermitteln.
Das Spiel am Sonntag gegen den TV Oeffingen, sei angesichts dieser Umstände „völlig egal. Wir können nur für Ousi spielen.“