Erinnerung an einen populären Sohn
Festabend Der Männerchor-Komponist Julius Wengert starb vor 100 Jahren. Im Dorfschulmuseum in Wallhausen-Hengstfeld stellt die Gemeinde am 25. Oktober dessen Leben und Werk vor.
Die Wiedereröffnung der Alten Schule in Wallhausen-Hengstfeld wurde vergangenen Mai nach einjähriger Sanierung gefeiert. Am Samstag, 25. Oktober, erinnert dort die Gemeinde Wallhausen an einen ihrer größten Söhne: den Lehrer, Chorleiter und Komponisten Julius Wengert. Er wurde 1871 geboren und steht für eine ungewöhnlich steile Karriere im Königreich Württemberg und einen Ruhm, der sich vor allem auf seine damals sehr populären Chorsätze für Männerchöre gründete.
Nicht abzusehen war, dass der Sohn der kleinbäuerlichen Familie Wengert zu solchen Ehren kommen würde. Sein Vater Johann Wengert musste neben seiner kleinen Landwirtschaft weitere Tätigkeiten annehmen, um seine neunköpfige Familie durchzubringen. Nach dessen Tod kamen noch vier Halbgeschwister aus der zweiten Ehe seiner Mutter Rosine hinzu. „Über seine Kindheit ist sonst fast nichts bekannt, aber er wuchs mit Sicherheit dorfgerecht auf“, schreibt Roland Jakel in seiner Biografie.
Dorfgerecht, das hieß damals, in der beengten einklassigen Dorfschule unterrichtet zu werden, Mitarbeit in Haus und Hof, aber etwas von der nationalen Euphorie nach dem gewonnenen Krieg 1870/71 und der Hochstimmung in der Bevölkerung musste ihn wohl erfasst und geprägt haben. Dass der Halbwaise in die evangelischen Lehrerbildungsanstalt Tempelhof aufgenommen wurde, war sicher seiner musikalischen Begabung zu verdanken.
Lehrer in Stuttgart
Diese prägte auch das Berufsleben Wengerts von Anfang an, denn neben der Lehrertätigkeit an Schulen im Stuttgarter Westen besuchte er Kurse in Kompositionslehre und übernahm bald die Chorleitung mehrerer Männerchöre. Und mit seinen eigenen vierstimmigen Chorsätzen, die er selbst textete, teilweise auch unter Pseudonym, traf er offensichtlich den Nerv der Zeit. Die nationale Hochstimmung und Begeisterung für Militär, Pathos und Naturerleben verbanden sich mit hymnischen und feierlichen Gesängen.
190 Chorsätze zeugen im Dorfschulmuseum Hengstfeld von Wengerts Schaffen, das besonders in Württemberg, Baden, im Rheinland und sogar bei deutschen Männerchören in den USA und Polen Anklang fand und seine Krönung mit der Ernennung zum Königlichen Hofmusikdirektor. Julius Wengert starb am 7. Oktober 1925 an einer Lungenentzündung. Er hat auf dem Waldfriedhof in Stuttgart ein Ehrengrab.
Am 25. Oktober wird bei einem Festabend sein Leben und Werk vorgestellt. Roland Jakel, der frühere Ortsvorsteher, hatte im ehemaligen Klassenzimmer der Oberklassen 5 bis 8 den von Wengerts Enkelin an die Gemeinde übergebenen Nachlass des Komponisten stilvoll eingerichtet. Städtisches Wohninterieur bildete so einen wirkungsvollen Gegensatz zur schlichten und funktionellen Ausstattung des Dorfschulmuseums in der ehemaligen Lehrerwohnung im Dachgeschoss. Allerdings ist das repräsentative Mobiliar Wengerts derzeit noch ausgelagert, da das endgültige künftige Nutzungskonzept des Raumes offen ist. Dafür kann hier gefeiert werden, denn eine Leader-Förderung hat die Generalsanierung des Gebäudes innen und außen möglich gemacht und damit auch den technischen Standard an heutige Anforderungen angepasst.
Nach dem Empfang und einem Grußwort von Bürgermeister Andreas Frickinger wird der Komponist in Wort und Bild sowie mit musikalischen Einlagen vorgestellt. Dabei steht die Chormusik im Mittelpunkt, denn sie ist schließlich das Bindeglied, das Wengert sowohl als Lehrer an seine Schüler, als Dirigent an seine Sänger und die hiesigen Gesangvereine an ihre Aktiven vermittelt haben. Wie Otto Ströbel in seiner Hengstfelder Chronik schreibt, wurde hier schon 1832 ein Männerchor gegründet. Und im Jahr 1863 betont der Pfarrgemeinderat sogar ausdrücklich, „dass die vom Schulverweser Mayer eingeübten und an Festtagen in der Kirche vorgetragenen vierstimmigen Choräle und Psalmen in der Gemeinde Beifall finden“. Viel Gesprächsstoff wird es für die ehemaligen Sänger der drei Männerchöre in der Gemeinde und alle Musikfreunde auf jeden Fall geben.
Info Das Schulmuseum kann von Gruppen und Schulklassen nach Voranmeldung bei der Gemeindeverwaltung Wallhausen, Telefon 0 79 55 / 93 81-0, im Zuge einer Führung besichtigt werden.
Über seine Kindheit ist sonst fast nichts bekannt, aber er wuchs mit Sicherheit dorfgerecht auf. Roland Jakel Biograf