Powerfrau mit Musik im Blut

Kulturinitiative Kultic startet mit der US-Sängerin Sydney Ellis in die 28. Saison. Der Crailsheimer Ratskeller ist mäßig besucht. Der Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch.

Es ist Samstagabend, kurz nach 20 Uhr. Menschen unterschiedlichen Alters nähern sich dem Crailsheimer Ratskeller. Sie schreiten die Treppen hinab, zeigen an der Abendkasse ihre bereits gekauften Tickets vor. Andere nutzen die Möglichkeit der Abendkasse, um an der Eröffnung der 28. Kultic-Saison beizuwohnen. Auf der Bühne steht Sydney Ellis.

Nach 2017 ist sie zum zweiten Mal in Crailsheim – auf Einladung von Kultic, der Crailsheimer Kleinkunstinitiative. „Das ist heute das erste Konzert in dieser Saison und mir macht es immer viel Spaß“, sagt Kassier Wolfgang Hägele. Der Crailsheimer schwärmt vom vielfältigen Programm. Im Februar oder März steigt das Team in die Planungen ein. Jeder macht Vorschläge, es wird diskutiert und beratschlagt. Kompromisse werden gefunden, sodass für praktisch jede Vorliebe etwas Passendes dabei ist. „Dieses Jahr machen wir auch wieder das Philosophische Frühstück“, so Hägele.

Stimmgewalt und Ausstrahlung

Pünktlich um 20.30 Uhr kommt die aus West Virginia stammende Sängerin auf die Bühne. Von Sekunde eins an zieht sie durch ihre Stimmgewalt und ihre unglaublich positive Ausstrahlung das Crailsheimer Publikum in ihren Bann. Ihre African-American Folk-Musik kommt gut an. Einige der Besucher haben es sich an Stehtischen gemütlich gemacht. Andere sitzen direkt an der Bühne auf roten Hockern.

Was sie gemeinsam haben: Sie wippen mit. Klatschen. Tippen mit den Füßen zum Takt. „Ich habe mich ziemlich lange beherrscht“, sagt Gaby Mack schmunzelnd. Die Crailsheimerin hält es kurz vor der Pause nicht mehr auf ihrem Platz. Sie möchte tanzen, nähert sich rhythmisch der Bühne. So sieht es aus, wenn der Funke überspringt. „Mir gefällt der heutige Abend sehr gut. Sydney Ellis hat eine super Stimme, sie ist eine super Frau“, betont sie. Der Ratskeller sei genau die richtige Location, freut sie sich. Und sie bedauert: „Aber leider sind nicht so viele Leute da. Das ist schade.“

Der Stimmung jedoch tut dies keinen Abbruch. Wer da ist, genießt den Abend augenscheinlich in vollen Zügen. „Das ist eine tolle Künstlerin und hier ist es einfach immer schön“, resümiert ein Besucher. Seine Ehefrau fügt hinzu: „Wenn man Kultur fördert, muss man Kultur auch bedienen und kommen.“ Das Ehepaar unterstützt den Verein, die beiden sind Stammgäste. An diesem Samstagabend treffen sie auf einen alten Bekannten, der mittlerweile in Freiburg wohnt. „Ich habe immer noch Kontakt zu alten Freunden in Crailsheim“, sagt dieser.

Auf der Bühne performt Sydney Ellis Songs wie „All My Rowdy Friends Are Coming Over Tonight“. Ihr stolzes Alter von 78 Jahren ist ihr dabei kaum anzumerken.

Immer wieder gibt es Zwischenbeifall. Immer wieder bedankt sich die Künstlerin bei ihrem Publikum: „Thank you so much!“ Und immer wieder nippt sie an ihrem Wasserglas, ehe die Band den nächsten Song anstimmt.

Sydney Ellis strahlt ins Publikum. Sie nimmt Blickkontakt auf. Sie fühlt sich offenbar pudelwohl. Mit vollem Körpereinsatz groovt die Künstlerin durch den Abend. „Dass man mit 78 noch solch eine Bühnenpräsenz haben kann“, schwärmt Hans-Hermann Eckert vom Kultic-Team. Seit Gründung des Vereins ist er mit von der Partie.

„Wir achten stets darauf, dass wir Qualität bieten und auch weltliche Anlässe wahrnehmen“, betont er. Damit meine er beispielsweise eine kürzlich durchgeführte audiovisuelle Veranstaltung mit politischem Hintergrund. Als Mitglied des Programmausschusses weiß er mittlerweile immer besser, was beim Crailsheimer Publikum gut ankommt.

Sydney Ellis gehört jedenfalls mit dazu. „Wir freuen uns, dass wir sie wieder hier haben“, bestätigt er freudig. Zweimal 50 Minuten heizt die in Ohio lebende Sängerin dem Hohenloher Publikum ein. Ein gelungener Einstieg in die 28. Kultic-Saison.

Psychedelisches Dolce Vita in Hohenlohe

Konzert Die italienische Band Mother Island begeistert ihr Publikum in der Crailsheimer 7180-Bar.

Crailsheim. „Das hier ist meine zweite Heimat. Das ist für mich tatsächlich so“, erzählt Roland Läßle aus Frankenhardt-Bechhof. Wie ein alter Bekannter bewegt er sich in der familiären 7180-Bar im Herzen Crailsheims. „Samstags sind wir immer zu viert hier. Wir machen eine Art Rentnerstammtisch“, erzählt er.

An diesem Abend startet die Konzertserie des Vereins Adieu Tristesse in eine neue Runde. Auf der Bühne: die Band Mother Island. Das sind fünf Musiker aus Italien, die ihre ursprünglichen und neuen Einflüsse wiederentdecken und hierbei den psychedelischen Rock der 60er-Jahre auf ihre eigene Art interpretieren. „Seit Mai war nichts mehr. Das ist wieder richtig schön heute“, so Läßle. „Man kann auch allein herkommen, weil man weiß, man trifft sicher jemanden“, sagt Gitta Baierlein. Sie gehört zur Vorstandschaft, empfängt die Gäste mit einem Lächeln an der Tür. „Circa 50 Besucher sind schon da. Dafür, dass gerade auch Muswiese ist, sind das echt viele“, freut sie sich. Und schon drängen die nächsten herein.

Eng geht es zu, aber auch schnuckelig. An einem kleinen Tisch machen es sich Carmen Breitlinger und Michael Glebe gemütlich. Aus Dinkelsbühl kommen sie, nehmen die Anfahrt aber immer wieder gerne auf sich. „Wegen der Band und dem Ambiente bin ich hier“, so Breitlinger. Ihre Begleitung fasst zusammen: „Spitzen Bar, nette Leute, tolle Musik!“ Da laufe der Künstler noch direkt an einem vorbei. „Das ist eine echte Clubatmosphäre“, schwärmt Glebe, dessen Musikgeschmack breit gefächert ist. „Letzte Woche war ich noch auf einem Metal-Konzert in Stuttgart. Auch beim Summer Breeze war ich in diesem Jahr“, so der Dinkelsbühler.

Währenddessen betreten die fünf Musiker die Bühne. Einige Besucher haben sich bereits direkt vor der Band eingefunden und die besten Plätze gesichert. Hautnah dabei, so soll es sein. „Wenn es die Bar mal nicht mehr gibt, weiß ich nicht, was wir machen“, sagt Baierlein. Läßle wirft ein: „Da will ich gar nicht dran denken.“ Mother Island punkten mit ihren twangy Songs beim Publikum. Tanzen ist angesagt. „Es ist auf jeden Fall ein sehr schöner Auftakt heute“, resümiert Baierlein.

70 Jahre Theater in Dinkelsbühl

Ausstellung Unter dem Titel „Musenaufstand“ ist im Haus der Geschichte Theatergeschichte zu sehen.

Dinkelsbühl. „Hereinspaziert“ gilt nicht nur als Motto für das Herbst- und Winterprogramm beim Landestheater, sondern auch für die anlässlich des 70-jährigen Theaterbetriebs in der Großen Kreisstadt konzipierte Ausstellung im Haus der Geschichte. In Kooperation des Landestheaters mit dem Theater- und Kulturring und dem Haus der Geschichte wurde eine Ausstellung mit dem Titel „Musenaufstand“ zusammengestellt. Sie gibt bis Sonntag, 9. November, Einblick in sieben Jahrzehnten Theaterkultur in Dinkelsbühl.

Plakate, Programmhefte, Zeitungsausschnitte, Kostüme, Requisiten und persönliche Erinnerungen sind in den Räumen zu sehen. Dazu können Besucherinnen und Besucher an einem Selfie-Stand posieren. Einen Film über die Historie gibt es ebenfalls. Auf Bannern wird an die fünf bisherigen Intendanten erinnert und deren Lebensgeschichte nachgezeichnet. Erster Intendant war Erich Krempin ab 1956 bis 1959, dann für elf Jahre Klaus Schlette und ab 1970 begann die Ära von Klaus Troemer bis zum Jahr 1997. Danach war für vier Jahre Christian Alexander Schnell für die Intendanz zuständig. Ab 2001 bis zur diesjährigen Sommerspielzeit führte Peter Cahn das Landestheater Dinkelsbühl.

Seit 1. September ist Jasmin Meindl die erste Intendantin in Dinkelsbühl. Sie ist gebürtig aus Regensburg, Autorin, Regisseurin und Theaterpädagogin und war maßgeblich am Aufbau des Bandhaus-Theaters im baden-württembergischen Backnang beteiligt. Seit Februar wohnt sie in Dinkelsbühl und genau das ist ihr wichtig. Hinhören auf die Stimmungslage und das Gefühl der Menschen für das Theater will Meindl und eine Nähe zu Stadt und Region erspüren, damit das in einen attraktiven Spielplan einfließen kann.

Dackel und schreckhafte Tote

Wie dies bisher gelang und wie der Nerv des Publikums getroffen wurde, können die Besucherinnen und Besucher bei der Ausstellung nachverfolgen. Bei der Vernissage reflektierte die ehemalige Schauspielerin Helga Wahrlich-Troemer ihre Zeit am Landestheater mit Anekdoten. Schwanger auf der Bühne habe sie gespielt, in einem transparenten Kleid bei Regen. Und dass ein Rauhaardackel bei einer Vorstellung auf die Bühne kam und bei einem Gewitterdonner ein gespielter „Toter“ hochschreckte, waren nur einige der amüsanten Begebenheiten, die sie in ihrem fast 30-jährigen Engagement erlebt hat.

Info Die Ausstellung ist bis 9. November Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr (ab November ab 10 Uhr) sowie samstags, sonn- und feiertags von 10 bis 16 Uhr zu sehen.

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