Abschied mit Magenbrot

  • Rainer Horn sinniert über die Muswiese privat

Magenbrotmorgen

Noch träumt der Magen, leer und bang,/

vom Abend, schweren Speisen:/

Da naht – wie Trost nach Pilgergang –/

ein süßer Bissen, warm und lang./

Vom Magenbrot ich Heil empfang:/

Braunes Gold sei gepreisen!

Also, ich würde es nicht verkraften. Das Magenbrot nach langer Nacht. Hat doch ein Stück mit 30 Gramm bestimmt 50 Gramm Zucker drin. Nach fünf Stücken ist mir schlecht. Nach zehn ist der Sodbrand schon ganz enorm. Und trotzdem kaufe ich jedes Jahr für mich und alle Verwandten je eine Spitztüte.

Magenbrot gibt’s auf der Muswiese, horcht her, weil alter Pilgerort. Also Pilger zur Michaelskirche. Die Pilger waren oft lange unterwegs und hatten oder bekamen nix Gscheits zu essen. Oder Ungewohntes und schwer Verträgliches. Da war ein magenberuhigendes Gebäck sehr willkommen.

So griffen Pilgersfrau und Pilgersmann zum Magenbrot. Das hat den Namen tatsächlich, ob du es glaubst oder nicht, daher, dass es als besonders gut für den Magen galt. Magenbrot wurde traditionell mit Gewürzen wie Zimt, Anis, Nelken, Muskat und manchmal auch mit Kräutern gebacken. Das alles galt als gut für den Magen.

I will amoal sou soocha: Nedd jedi Gschichd is woor. Dia wua i glai vrzeil, is net woor. Dr Bärchrmaschdr und dr Pfarr (beide in Rende) wora uff dr Muswisa. Und hewwa viil Mocha­broad gässa. Und viiil Bier drunga. Dann sann’s hammgschwangd. Da Bärchrmaschdr habds in da Groowa nei. Schbugga muas’r, gaanz elend iss’m. Dr Pfarr: „Karl, iss sou schlimm – brauchsch die ledschde Eelung?“ Dr Bärchrmaschdr: „Naa, jezz bloaß nix Fäddichs.“

Als Kind glaubte ich immer, es heißt: „Magerbrot“. Aber mager wirst du davon garantiert nicht. Aber Magenbrot ist Pilgerbrot. Und jetzt, wo die Muswiese vorbei ist, gibt’s zwar kein Mager- oder Magenbrot mehr. Aber die Michaelskirche – das heurige Motto der Muswiese – gibt’s noch. Da kann man auch zwischen der Muswiese, also von Oktober bis Oktober, sonntags mal hinpilgern. Am besten, wenn Kirch ist. Und früh dran sein und schauen, wie da an den Seilen der beiden Glocken vom Lachamann aus Nürnberg gezogen wird.

Bleiben Sie wacker in einer wackligen Welt. Bis zur nächsten Muswiese.

Info Rainer Horn kommt aus Heroldhausen. Er ist Präsident der dortigen Schlepper- und Maibaumfreunde. Und er ist sehr verliebt – in sei Fraa, na klar, und in den Hohenloher Menschenschlag.

Jedes Jahr bekam ich einen Spielzeugporsche.

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