Gericht Ein Landwirt schlug einer Tankstellenangestellten mit der Faust ins Gesicht. Sein „dummes Geschwätz“ brachte ihm ein noch höheres Strafmaß.
Eigentlich war die Sache klar: Auf einem Überwachungsvideo war zu sehen, dass ein Landwirt in einer Munderkinger Tankstelle die Angestellte hinter der Theke blitzartig mit der Faust ins Gesicht schlug. Doch der Angeklagte behauptete vor dem Ehinger Amtsgericht, dass sein Schlag nur eine Berührung gewesen sei und außerdem die aufgeplatzte Lippe der Angestellten nicht von seinem Schlag herrühren konnte. Er sei mit seiner rechten Hand seitlich gekommen und könne so die Lippe gar nicht erreicht haben.
Ein Höchstmaß an Geduld
Mit einem Höchstmaß an Geduld hörte sich Richter Wolfgang Lampa die Ausführungen an, die dem „satten rechten Schwinger“ des Angeklagten vorausgegangen waren. Der Landwirt wollte an der Tankstelle seine Kanister mit Diesel füllen. „Dann isch da nichts mehr gekommen“, beschrieb er seinen Tankvorgang, bei dem kein Diesel mehr aus der Tankpistole kam. Mit anschwellender Wut im Bauch beschwerte sich der Landwirt, dass die Geschädigte ihm wohl die Zapfsäule abgestellt habe. Die beschwichtigte den Mann. Das könne sie gar nicht, hat sie ihm gesagt.
Dass er beim Füllen des Kanisters auch noch Kraftstoff verschüttete, schien der Landwirt als Begleiterscheinung zu sehen. Für solche Fälle hatte er eine Flasche Wasser zum Händewaschen dabei. Die Lache an der Zapfsäule übersah er. Die Geschädigte empfahl dem Angeklagten eine andere Zapfsäule. Dabei übersah der Angeklagte, dass dort die Tankpistole nicht in die Öffnung seines Kanisters passte, weil diese Zapfsäule für LKW vorgesehen war. Der Landwirt probierte trotzdem zu tanken und verursachte eine weitere Kraftstofflache.
Beim Bezahlen wies ihn die Angestellte darauf hin, dass er beim Füllen nächstes Mal bitte vorsichtiger sein möge und sie nun zwei Pfützen mit Kraftstoff zu putzen habe. Daraufhin habe er sich gepiesackt gefühlt, meinte der Landwirt. Wie er der Dame mit der Faust daraufhin eine „scheuerte“, demonstrierte der Angeklagte mehrmals.
Frau vielleicht gestolpert
Um die Lippe zu treffen, hätte er von vorne kommen müssen, argumentierte er. Also könne es nicht sein, dass der Schlag die Lippe getroffen habe. Dass die Angestellte zurückzuckte und den Kopf drehte, schien der Angeklagte nicht wahrzunehmen. In Anbetracht eines Fotos von der geschwollenen Lippe mutmaßte er, die Frau sei vielleicht gestolpert.
Wolfgang Lampa hörte sich die abstrus wirkenden Ausführungen geduldig an und befragte die Angestellte als Zeugin. Die berichtete, dass der Landwirt nach dem Faustschlag blitzartig weggefahren sei. „Mit offenem Kofferraum, und einen Kanister hat er noch stehen lassen.“ Der Angeklagte habe sich weder entschuldigt noch eine Entschädigung angeboten, berichtet die Angestellte, die von den wirren Erzählungen des Angeklagten sichtlich mitgenommen war und sich immer wieder fassen musste.
„Sie erzählen Mist“
Das starrköpfige Verhalten des Angeklagten in Kombination „mit dem Mist, den Sie erzählen“ (Zitat Lampa) erhöhte letztlich sein Strafmaß. Der Staatsanwalt forderte für die Körperverletzung eine Geldbuße in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 25 Euro. Richter Wolfgang Lampa verurteilte den Sturkopf jedoch zu 120 Tagessätzen zu 30 Euro. Damit gilt der Mann als vorbestraft.
Er weiche in sehr seltenen Fällen nach oben ab, begründete der Richter sein Urteil, aber aus nichtigem Anlass zuzuschlagen und dann noch ein dermaßen hohes Maß an Uneinsichtigkeit zu zeigen, rechtfertige den Geldbetrag. Der Landwirt müsse sich den dokumentierten Realitäten stellen und sein „dummes Geschwätz“, mit dem er seinen Faustschlag rechtfertigen wolle, einstellen, empfahl Lampa. Doch das war dem 60-Jährigen auch in seinem Schlusswort nicht möglich.