Metzingen Der Ehrenbürger und ehemalige Erste Bürgermeister der Kelternstadt ist gestorben. In Beruf und Ehrenamt hat er die Kelternstadt geprägt. V
Dr. Dieter Feucht lebt nicht mehr. Vergangene Woche, am 16. Oktober, hat er diese Welt verlassen. Zwar hat ihm das Alter in den vergangenen Jahren zunehmende Lasten aufgebürdet, doch sein Verstand war so hellwach wie ehedem. Ebenso wach blieb Dieter Feuchts Interesse an all jenen Ereignissen, die um ihn herum passiert sind, sei es im kleinen Metzingen oder weltweit.
Zu vielen Dingen hatte er eine klare Meinung, die er pointiert zum Ausdruck bringen konnte. Unter Umständen klingelte dann in der Redaktionsstube das Telefon. Weil Dieter Feucht über einen Sachverhalt reden wollte, weil er sich wegen eines fehlenden Genitivs ärgerte, oder, weil ihm ein Anglizismus aufgefallen war, der seiner Ansicht nach ebenso unüberlegt wie überflüssig Eingang in einen Text gefunden hatte. Manchmal war es ihm auch einfach ein Anliegen, einen gelungenen Artikel zu loben.
Dieter Feucht war ein streitbarer Geist, ein Freund der demokratischen Debatte, des fairen Ringens um den besten Weg. Er pflegte damit eine Tugend, die in der heutigen Zeit mehr denn je gebraucht wird. Zuspruch hielt er im Übrigen für jene parat, die einen Vortrag auf Schwäbisch hielten oder zumindest nicht verhehlten, dass sie Dialekt sprechen. „Schwätzet Schwäbisch mit eure Jonge“, hat er dem Publikum vor vielen Jahren zugerufen, als der Kabarettist Uli Keuler zu Gast in Metzingen war. Denn der Dialekt, das wusste Dieter Feucht, kennt eine sprachliche Tiefe und Differenziertheit, die das glatte Schriftdeutsch nie erreichen wird.
Jurastudium in Tübingen
Geboren 1936 in Stuttgart, konnte er sich noch gut an seine von der NS-Diktatur und dem Zweiten Weltkrieg geprägte Kindheit erinnern. Vielleicht rührte daher sein großes Interesse an historischen Zusammenhängen.
Nach dem Abitur entschied er sich allerdings nicht für ein Geschichtsstudium, sondern für die Rechtswissenschaften. 1965 promovierte er an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und arbeitete danach als wissenschaftlicher Assistent unter anderem an einem Kommentar zum Grundgesetz mit. Jener Verfassung also, auf der das demokratische Deutschland nach 1945 seine Zukunft aufgebaut hat. Für diese Demokratie und ihre Werte ist Dieter Feucht stets eingestanden. Über Jahrzehnte engagierte er sich in der SPD, seiner Partei hielt er über alle politischen Stürme hinweg bis zu seinem Tod die Treue.
Im Juli 1972 wurde Dieter Feucht zum Ersten Beigeordneten der Stadt Metzingen gewählt. Drei Mal hat ihn der Gemeinderat mit großer Mehrheit in diesem Amt bestätigt. Diesen Posten, seit der Ernennung Metzingens zur Großen Kreisstadt war Feucht Erster Bürgermeister, bekleidete er bis zu seiner Pensionierung 2001.
Während dieser langen Zeit hat Feucht einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung der Stadt geleistet. Beteiligt an allen wichtigen Entscheidungen halfen seine solide und vorausschauende Finanzpolitik sowie seine große Fach- und Sachkompetenz dabei, Metzingen in eine gute Zukunft zu führen. Für seine Arbeit erhielt er bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand das Bundesverdienstkreuz. Im Jahr 2017 ernannte ihn die Kelternstadt außerdem zu ihrem Ehrenbürger.
Sein privates Glück
Doch nicht nur beruflich war Metzingen ein gutes Pflaster für ihn, hier fand er auch sein privates Glück. Im Januar 1965 traf er am dortigen Bahnhof seine künftige Ehefrau Hildegard, ein Zufall, der beide noch im selben Jahr vor den Traualtar führte.
Ende August dieses Jahres konnte das Ehepaar seine diamantene Hochzeit feiern. Dazu gratulierten auch die beiden Kinder Ulla und Thilo sowie die Enkelkinder, von denen der stolze Großvater in privater Runde gerne erzählte.
Aufs engste verbunden war Dieter Feucht mit dem Metzinger Albverein. Verantwortung übernahm er dort unter anderem als Erster Vorsitzender. Überdies organisierte und führte er gemeinsam mit seiner Frau Hildegard im Laufe der Jahre viele wunderbare Wanderungen. Dabei kam ihm nicht zuletzt sein großes historisches Wissen zugute, das er ebenfalls beim Arbeitskreis Stadtgeschichte Metzingen eingebracht hat. Prägende Jahre erlebte auch der TV Neuhausen unter seiner Ägide. Damals spielten die Handballherren in der ersten Bundesliga, die Mitgliederzahl des Vereins verdoppelte sich in dieser Zeit.
Ebenso stark engagierte sich Dieter Feucht in der evangelischen Martinsgemeinde in Metzingen. Seit Anfang der 1980er Jahre gehörte er deren Kirchengemeinderat an, später fungierte er als Vorsitzender des Gesamtkirchengemeinderats. Gleichzeitig wirkte der Musikliebhaber über viele Jahre als aktiver Sänger in der renommierten Martinskantorei. Nun ist seine Stimme für immer verstummt.