Kartoffeln landen in der Biogas-Anlage

Lebensmittel Pommes und Speisekartoffeln kosten im Supermarkt oder auf dem Markt gerade auffallend wenig. Was für Verbraucher gut ist, belastet die Landwirte sehr.

Mit dem Spruch: „Noch mehr sparen mit Aldi“ warb der Discounter erst vor wenigen Tagen für ein ganz besonderes Angebot: Pommes, eines der beliebtesten Tiefkühl-Lebensmittel der Deutschen, wurden günstiger und sollen das laut den Angaben auch dauerhaft bleiben. So sank der Preis bei vielen Packungen um 10 bis 20 Cent.

Damit ist der Discounter nicht alleine. Rohe Kartoffeln und die verarbeiteten Produkte sind derzeit im Durchschnitt deutlich günstiger zu haben als noch vor einem Jahr. Laut Statistischem Bundesamt lag der Preis im September 2025 um fast 12 Prozent unter dem ein Jahr zuvor. Derzeit kosten Kartoffeln im Handel nach Schätzungen des Bauernbundes durchschnittlich einen Euro pro Kilogramm – das sind weiterhin zehn bis 15 Prozent weniger als im Vorjahr.

Was Verbraucherinnen und Verbraucher freut, ist für viele Landwirte ein Problem. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Erzeugerpreise für Speisekartoffeln im Juli beispielsweise um 53 Prozent niedriger, also bekamen die Anbauer für ihre Ware weniger als die Hälfte. Experten sprachen von einem „Ausnahmezustand“. Und die Lage hat sich seitdem nicht verbessert.

„Reichliche Ernte“

Doch warum ist das so? „Wir haben eine reichliche Kartoffelernte“, erklärt Christoph Hambloch, Marktanalyst Pflanzenanbau bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Die sei so groß wie seit 30 Jahren nicht mehr. Laut einer Berechnung des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) werden etwa 13,4 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet. Das sind 5,3 Prozent mehr als im letzten Jahr und 17 Prozent mehr als im mehrjährigen Durchschnitt.

„Für die Verbraucher ist das super, es gibt günstige Kartoffeln in Hülle und Fülle in sehr guter Qualität“, sagt Hambloch. Für Erzeuger nicht. „Der Kartoffelmarkt ist in keiner Weise reguliert, da gibt es keine Marktordnung. Der Preis entwickelt sich aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage“, erklärt der Experte. Viele Landwirte wollten nun vor dem Winter, bevor der Frost komme, ihre Kartoffeln loswerden. Die müssen in geschützte Lager, damit sie hinterher noch vermarktet werden können – „und da sind ein paar übrig, die da nicht mehr reinpassen“.

Das drückt die Preise noch mehr, wobei Hambloch zwischen den Anbauern von Speisekartoffeln und den Landwirten unterscheidet, die Verarbeitungskartoffeln haben, die beispielsweise für Pommes, Chips oder Kartoffelstärke verwendet werden. „Speisekartoffel-Anbauer schreiben in diesem Jahr Verluste“, erklärt er. Für Preise von um die zehn Euro für 100 Kilogramm Kartoffeln könnten diese nicht produzieren. Auch weil das Saatgut im vergangenen Jahr sehr teuer gewesen sei, Pflanzenschutz ebenfalls. Dazu kommen noch Lohnkosten und so weiter. „Da wird es nicht nur knapp, viele schreiben Verluste, insbesondere im Norden Deutschlands“, sagt Hambloch.

Verarbeitungskartoffeln hingegen entstünden größtenteils im Vertragsanbau. „Teilweise werden da vorab Festpreise festgelegt, also bekommen die Landwirte auch das, was sie vorab kalkuliert hatten.“ Das entschärfe die Probleme deutlich. „Wenn man allerdings rein auf Spekulationsbasis angebaut hat und dachte, dass irgendeine Pommesfabrik die Kartoffeln schon abnehmen werde, dann ist es problematisch.“ Wer keine Abnehmer für diese Ware findet, bringt sie in eine Biogas-Anlage oder verfüttert sie. „Die sind dann noch schlechter gestellt als der Speisekartoffelproduzent.“

Trügerische Aufbruchstimmung

Überrascht ist Hambloch von der Situation nicht. „Die Landwirtschaft hat zwei Jahre hintereinander den Kartoffelanbau in einer Größenordnung von jeweils sieben Prozent ausgedehnt, inzwischen werden Kartoffeln auf 301.000 Hektar angebaut, das ist zu viel“, erklärt er. Wie es zu der großen Anbaufläche kommt? Noch vor wenige Jahren erzielten Kartoffeln hohe Preise, alternative Feldfrüchte dagegen weniger.

Außerdem habe Aufbruchstimmung geherrscht, in den letzten zwei, drei Jahren sei der Weltmarkt an Kartoffeln für Pommes frites gewachsen, es wurde mehr Ware gebraucht, neue Frittenfabriken gebaut. Deshalb seien viele Landwirte auf den Zug aufgesprungen. „Aber den Hype gibt es nicht mehr. Der globale Markt ist leicht geschrumpft, hier in Europa sind die Märkte gesättigt.“

Über mehr Export lässt sich das Problem auch nicht lösen. Deutschland exportiert bereits 2,5 Millionen Tonnen Kartoffeln pro Jahr, allerdings sind zwei Drittel Verarbeitungsrohstoff für Frittenfabriken unter anderem in Holland und Belgien. Dann gehe noch ein Teil in einige Nachbarländer, so Hambloch,  „aber das sind keine Märkte, die den großen Überschuss aufnehmen könnten“.

Er geht davon aus, dass im kommenden Jahr etwas weniger Kartoffeln angebaut werden, aber nicht entscheidend weniger. Einige Neueinsteiger, die nicht in Maschinen und Lager investiert haben, sondern Lohnunternehmen beauftragten, dürften aufhören. „So manche, die ihre Kartoffeln nicht loswerden, könnten sie auch aufbewahren, keine Keimhemmung betreiben und sie im nächsten Jahr wieder in die Erde stecken“, vermutet der AMI-Experte.

Das sei dann zwar günstiges Pflanzgut, aber für die Pflanzenhygiene auf dem Acker eher nicht so vorteilhaft. Viele Landwirte lagerten aktuell mit der Ungewissheit ein, ob sich ihr Engagement für den langfristigen Erhalt der produzierten guten Qualitäten überhaupt lohne, so sein Fazit.

Täuschend echt

Handel Millionen gefälschte Artikel erreichen die EU, das wichtigste Ziel der Absender ist Deutschland. Der dabei angerichtete Schaden geht in die Milliarden.

Videospiele, T-Shirts, Kinderspielzeug, Parfüm: Deutschland ist nach Angaben des Markenverbandes größtes Ziel für Fälscherware in der EU. Den Unternehmen entstehe dadurch jedes Jahr ein Milliardenschaden, sagt Präsident Franz-Olaf Kallerhoff. „Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass unser Markt mit gefährlichen und gefälschten Produkten überschwemmt wird, die unter Missachtung von Umwelt- und Arbeitsstandards produziert sind.“ Der Verband vertritt Unternehmen wie Hugo Boss, Haribo, Henkel, Miele und Vileda und veranstaltet am Donnerstag den Tag der Markenwirtschaft in Berlin. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz wird erwartet.

Wie viele gefälschte Artikel gelangen nach Europa?

Die EU-Agentur für geistiges Eigentum (EUIPO) veröffentlichte kürzlich neue Zahlen. 2024 stellten die Behörden demnach an Außengrenzen und im Binnenmarkt 112 Millionen gefälschte Waren sicher. Das war weniger als im Vorjahr, doch der geschätzte Verkaufswert stieg auf 3,8 Milliarden Euro, so viel wie nie zuvor. Grund dafür sind höhere Stückpreise.

Deutschland war das Ziel für rund ein Viertel des an den Außengrenzen sichergestellten Warenwertes. Das ist mehr als in jedem anderen Mitgliedsstaat. „Deutschland ist als größte Volkswirtschaft in Europa besonders betroffen“, sagt Kallerhoff. Deutsche Marken würden international für ihre Qualität geschätzt, das mache sie für Fälscher so attraktiv. Die EU-Behörde äußerte sich zu möglichen Gründen nicht.

Zu den Versendern der gefälschten Ware machen weder EUIPO noch die Generalzolldirektion aus Datenschutzgründen Angaben. Die Täter – sofern sie überhaupt ertappt werden – bleiben meist straffrei, nur 0,74 Prozent der aufgegriffenen Fälschungen endeten zuletzt in gerichtlichen Verfahren.

Wie hoch ist der Schaden?

Der durch Fälschungen angerichtete Schaden für Hersteller in Deutschland lässt sich lediglich schätzen. Der Markenverband geht davon aus, dass er wegen der hohen Dunkelziffer weit über den offiziellen Zahlen liegt. Diese gehen von rund acht Milliarden Euro pro Jahr aus.

Wieviele Fälschungen gibt es?

Jede Woche erreichten etwa 144.000 Pakete mit Fälschungen das Land. Beschlagnahmte Waren werden vernichtet. Laut EUIPO erleichtern technische Fortschritte die Herstellung und Verbreitung immer raffinierterer Fälschungen. Begrenzte Kontrollkapazitäten und der stark wachsende Onlinehandel machten „proaktive Maßnahmen dringend erforderlich“.

Was tun gegen Fälschungen?

Der Markenverband und auch der Handelsverband Deutschland (HDE) drängen auf stärkere Kontrollen und eine klare Haftung der Online-Plattformen. Sie fordern mehr Personal und bessere Ausstattung für Zoll und Marktüberwachung, die Abschaffung der Zollfreigrenze von 150 Euro und eine Anmeldepflicht für jedes Paket. Zudem soll es verboten werden, entfernte Fälschungen wieder online einzustellen. „Wer hierzulande Waren verkauft, muss sich an die hiesigen Regeln halten. Ansonsten blutet in diesem unfairen Wettbewerb der heimische Einzelhandel aus“, sagt HDE-Präsident Alexander von Preen. Rund 64.000 Arbeitsplätze seien bedroht.

Was können betroffene Verbraucher machen?

Wer ein gefälschtes Produkt erhält, kann Anzeige erstatten. Markenverband und Verbraucherschützer raten zudem, nach dem Kauf gefälschter Ware über eine Online-Plattform den Betreiber zu informieren. Der Erwerb einer Fälschung ist in den meisten EU-Staaten nicht strafbar, der Weiterverkauf jedoch verboten. Inhaber von Markenrechten können juristisch gegen Hersteller und Verkäufer vorgehen. Gefälschte Produkte stellen für Käufer sogar ein Risiko dar: Bei der Herstellung könnten gesundheitsschädliche Substanzen verwendet worden sein, Sicherheitsstandards fehlen, und eine Produkthaftung gibt es auch nicht.

Verband warnt vor Abhängigkeit

Medikamente Viele Nachahmerprodukte sind einer Studie zufolge stark angewiesen auf Wirkstoffe aus China.

Berlin. Deutschland ist bei vielen Arzneien auf China angewiesen. Der Pharmaverband Pro Generika warnt in einer neuen Studie vor einer starken Abhängigkeit, die China als politisches Druckmittel einsetzen könne. Ein möglicher Lieferstopp von Wirkstoffen für Nachahmermedikamente würde große Lücken in die Arzneiversorgung in Deutschland reißen, heißt es in der Analyse.

Dafür wurden 56 Wirkstoffe untersucht, die amtlich als versorgungsrelevant eingestuft sind, darunter Schmerzmittel, Antibiotika, Diabetes-Medikamente und biopharmazeutische Nachahmerprodukte. Bei 20 der Wirkstoffe sei der Anteil chinesischer Hersteller so hoch, dass die Versorgung bei einem Lieferstopp in Gefahr wäre, hieß es. Besonders betroffen seien Antibiotika sowie Diabetes- und Schmerzmittel.

Chinesische Produzenten hätten sich in den vergangenen Jahren zu zentralen Zulieferern antibiotischer Wirkstoffe weltweit entwickelt. Bei einem Ausfall stünden keine ausreichenden alternativen Bezugsquellen bereit, „ein kurzfristiger Ausbau eigener Kapazitäten ist technisch nicht möglich“. Die Autoren der Studie für Pro Generika kommen unter anderem vom Institut der deutschen Wirtschaft und dem European Union Institute for Security Studies. Generika sind Nachahmerprodukte von Arzneien, deren Patentschutz abgelaufen ist. Sie spielen wegen niedriger Preise eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem.

Ringen um europäische Börse

Frankfurt am Main. Europa bringt viele erfolgreiche Unternehmen hervor, doch oft gehen sie in den USA an die Börse. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will das ändern und fordert eine gemeinsame europäische Börse. Experten stimmen dem Bundeskanzler zu. Doch vor der Umsetzung der Idee stehen große Hürden.

„Der Vorschlag von Herrn Merz ist der Königsweg für Europa“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer des Anlegerschutzvereins DSW. Eine zentrale europäische Börse würde Liquidität bündeln. „Dem stehen aber nationale Interessen entgegen, da alle Länder ihre eigene Börse haben wollen.“ Auch die Deutsche Börse begrüßt den Vorstoß von Merz. „Mit mehr als 500 Handelsplätzen hat die EU nicht nur den fragmentiertesten Markt geschaffen, sondern auch den intransparentesten“, erklärte der Dax-Konzern. Die Stärkung der Kapitalmärkte sei nötig, um wichtige gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen, etwa bei der Unternehmensfinanzierung oder der Altersvorsorge.

Der Mainzer Impfstoffentwickler Biontech, bekanntgeworden in der Corona-Pandemie, ging 2019 an die amerikanische Technologiebörse Nasdaq. Auch der schwedische Bezahldienst Klarna und der Sandalenhersteller Birkenstock entschieden sich zum Börsengang an der Wall Street. In den USA gibt es starke Börsen, große Investoren und viel Wagniskapital für junge Unternehmen, während der Finanzmarkt in Europa zersplittert ist.

In Europa gab es zwar schon erfolgreiche Anläufe, Börsenplätze zusammenzuführen. So entstand die Börse Euronext, zu der die Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel, Dublin, Lissabon, Mailand und Oslo gehören. Die Deutsche Börse scheiterte dagegen vor Jahren wiederholt an einer Fusion mit der Londoner Börse LSE.

In Brüssel wird seit einigen Jahren um einen gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt gerungen, doch die Umsetzung des Projekts stockt. Hauptstreitpunkt ist bislang die zentrale Aufsicht über die Kapitalmärkte in der EU. Während aus Berlin dazu bislang eher Ablehnung kam, scheint man dafür nun offener. Deutschland werde sich für die sogenannte Kapitalmarktunion genauso wie andere Länder bewegen müssen, sagt Klingbeil.

Aktienmärkte Die Idee des Bundeskanzlers zu einem gemeinsamen Finanzplatz wird begrüßt. Doch die Hürden sind hoch.

Auch Bayern verstärkt den Bahnausbau

München. Für zusätzliche neue Gleise und Weichen in Bayern will die Bahn im kommenden Jahr mehrere Hundert Millionen Euro mehr ausgeben als ursprünglich geplant. Insgesamt fließen damit mehr als vier Milliarden Euro in den Neubau und Ausbau von Strecken sowie in Bahnhöfe in Bayern, sagte der Vorstandschef der DB Infrago, Philipp Nagl.

Ein Großteil davon entfällt auf zwei Generalsanierungen. Jetzt sollen knapp 40 Kilometer Gleise und 20 Weichen dazukommen. Betroffen von den zusätzlichen Baustellen sind demnach die Münchner S-Bahnlinien S2, S4 und S7 sowie das Allgäu-Netz. Was genau das wann für Fahrgäste auf den Routen bedeutet, werde man rechtzeitig mitteilen. „Wir wissen, dass die vielen Baustellen im nächsten Jahr den Reisenden viel Geduld abnötigen werden“, sagte Nagl. „Gleichzeitig wollen wir dauerhafte Einschränkungen im Bahnbetrieb möglichst vermeiden.“

Die Ankündigung kommt wenige Tage nach Berichten über eine Konferenz, in der Bahnvertreter viele sogenannte Langsamfahrstellen auf den Strecken angekündigt haben sollen. Solche Stellen werden eingerichtet, um die Sicherheit auf älteren Gleisen zu gewährleisten, ohne Strecken sperren zu müssen. Züge müssen dort deutlich langsamer fahren als üblich. Den Berichten zufolge wurden von Teilnehmern an der Schalte deshalb Zugausfälle und verpasste Umstiege befürchtet.

Schienenverkehr Das Unternehmen kündigt millionenschwere Investitionen in neue Gleise und Weichen an.

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