Gemeinsam auf bequemen Stühlen auf dem Sternenweg
Konzertlesung Barbara Gräsle und Rudolf Guckelsberger nahmen das Publikum im Uditorium in Uhingen mit auf den Jakobsweg.
Eine Wanderstrecke von 730 Kilometer, ausgehend von Saint- Jean-Pied-de-Port in Frankreich über die Orte Pamplona, Burgos, Leon bis ans Ziel Santiago de Compostela in Nordspanien, auf bequemen Stühlen zurückzulegen, das sei schon eine „feine Sache“. Zu dieser Pilgerreise nahmen Barbara Gräsle an der Gitarre und Rudolf Guckelsberger als Erzähler die Besucher im Uditorium mit. Mit literarischen Traktaten aus historischen Texten des Mittelalters, kombiniert mit literarischen Auszügen aus der Neuzeit, stimmte Rudolf Guckelsberger auf die imaginäre Pilgerreise ein und beantwortete auf unterhaltsame Weise, was einem so alles auf dem Jakobsweg zum heiligen Grab des Apostel Jakobus widerfahren könne.
Das kleine Pilger-ABC
Barbara Gräsle interpretierte das Pilgern auf dem Jakobsweg durch musikalische Einlagen. Guckelsberger hangelte sich Buchstabe für Buchstabe durch das „Kleine Pilger-ABC“ von Martin Thull und listete auf, dass das A für Aufbruch stehen kann, für das Gefühl der Unsicherheit, das einem vor der langen Reise beschleiche oder, dass der Buchstabe „E wie Erotik“ Bezug nehmen könne auf zwei nackte Protagonisten, die aus einer Episode aus Brigitte Riebes historischem Roman „Straße der Sterne“ stammten.
Generell sei die Pilgermuschel das Sinnbild für den keuschen Schoß der heiligen Jungfrau. Es sei das Erkennungszeichen für die Pilgerschaft und hänge an jedem Rucksack auf der Wegstrecke. „Der Pilger erobert den Pilgerweg wie eine schöne Frau“, natürlich nicht ohne P wie Pflaster, mit dem sowohl der Verband als auch der Straßenbelag gemeint sei, fährt Guckelsberger fort.
Kerkeling: Ich bin dann mal weg
Zu den entstehenden Strapazen gab es auch bei Hape Kerkeling in seinem Bestseller „Ich bin dann mal weg“ Beschreibungen, wie mit dem S, dem „Schweinehund im Innern“ zu verfahren sei. Hungrig, durstig und staubig, wollte er mehrfach „den Pilger in sich um die Ecke bringen“ und dachte ans Aufgeben, bis ihm beim H wie Herberge mit einem großzügigen opulenten Frühstück wieder neuer Lebensmut eingehaucht wurde.
Ein Hühnerwunder
Auch zur Kathedrale in Santo Domingo de la Calzada machte Guckelsberger einen literarischen Abstecher. Denn dort geschah der Legende nach ein Hühnerwunder: Bis heute werden Hennen und Hahn in der Kathedrale gehalten, weil einst gebratenes Federvieh vom Tisch weg wieder lebendig geworden sei. Mit einer Entdeckertour aus Cess Nootebooms „Der Umweg nach Santiago“ erfahren die Zuhörer vom Alltag in den kleinen Dörfern entlang der Route und von der Schönheit der kargen Landschaft. Barbara Gräsle unterstützte mit meisterlich vorgetragenen Gitarrenklängen, die eine besinnliche Aufbruchsstimmung, aber auch traditionelle spanische Melodien widergaben. Zum Ausklang des Abends wurde gemeinsam das Pilgerlied „Chant des Pèlerins de Compostelle“ gesungen.
Der Pilger erobert den Pilgerweg wie eine schöne Frau - nicht ohne Pflaster. Martin Thull Buchautor