Die Hölle ist überall

Probe Was passiert, wenn der Teufel die Lust am Böse-Sein verliert und die Welt am Abgrund steht? Antworten gibt’s in einer Komödie beim Theater im Bahnhof.

Aperitif mit dem Teufel“ lautet der Titel der „kleinen Komödie über die letzten Dinge“ aus der Feder des Schweizers Marius Leutenegger, die das Theater im Bahnhof da gerade in der Neuinszenierung von Alexander Munz einübt. „Mir war das Original mit Mafiosi unpassend und zu platt, viel spannender ist es, nur mit Frauen zu inszenieren“, sagt Munz.

Als Regisseur ist es sein Debüt, man kennt den 38-Jährigen aus Wäschenbeuren auf der Bühne eher als Schauspieler und Musiker (Gitarre, Klavier, Schlagzeug), zum Beispiel beim TiB-Erfolgsstück „Beatles an Bord“. Übrigens, noch erfolgreicher war mit Blick auf die jüngere Vergangenheit die Kriminalkomödie „8 Frauen“ – es läuft bei den Mädels.

Gelangweilter Satan

Seit Oktober des vergangenen Jahres wird geprobt, ein „philosophisch-nachdenkliches“ Stück, das zu den scharfsinnigen Dialogen der erstklassig spielenden Akteurinnen von Musik aufgelockert wird. Alexander Munz verrät: „Von Stefan Weidner am Piano gezielt eingesetzt, passend und nicht bewusst“. In dem Stück „Aperitif mit dem Teufel“ wird die Mephisto-Darstellerin Frau Schwarz (Karin Hoyer) mitten in der Faust-Inszenierung entführt, um dem gelangweilten Satan höchstpersönlich Nachhilfe in Sachen Teufelswerk zu geben. Der Grund: Luzi Fähr (Andrea Breidohr) hat die Nase voll von ihrer Rolle als Bösewicht, lieber widmet sie sich dem Sherry und droht damit, allem ein Ende zu setzen.

Doch die himmlische Mission wird gestört, unter anderem vom Erzengel Michaela (Nathalie Bisco), von den Cherubim Viola (Svenja Boldt) und Violetta (Lara Maxi Hiebl), zwei übernatürliche Wesen, die ihre Daseinsberechtigung zum Teil sehr überlegt ausleben. Nicht so die temperamentvolle Lilith (Ulrike DesRoches), die ihre ganz eigenen finsteren Pläne verfolgt. Sie liebt Samba, und was viele nicht wissen, sie ist Adams erste Frau, noch vor Eva. Als Adam am zweiten Tag zu ihr kam, sagte er: „Lass uns Kinder machen, Schätzchen. Leg dich hin. – Nein, sagte ich, erstens bin ich nicht dein Schätzchen und zweitens leg ich mich nicht hin. Kindermachen ist okay, aber du legst dich hin, ich will dir nicht unterlegen sein.“

Das ließ sich der alte Adam natürlich nicht gefallen und sagte: „Dein Mann sei dein Herr!“ Und die Antwort von Lilith! „Pfeifensack. Ich bin gleichberechtigt, ich kann selbständig denken und handeln. Wenn du mir Kinder machen willst, dann so, wie es mir gefällt, sonst lassen wir es bleiben.“

Adam bleibt stur

Doch Adam blieb stur. Er habe nichts gegen gelegentliche Stellungswechsel, meinte er, aber ihm gehe es ums Prinzip. Lilith: „Er sei der Himmel, ich die Erde, und der Himmel befinde sich immer über die Erde.“

Das wars dann aber auch mit den erotischen Sätzen im „himmlisch-höllischen“ Spektakel voller skurriler Begegnungen, mit viel Sherry, überraschenden Wendungen und der Erkenntnis: Die Hölle ist überall, auch in Rechberghausen.

„A nasser Cup of Coffee“ und andere Spezialitäten

Konzert Vor Stammpublikum spielt Streetlife im Bartenbacher Engel Rock und Pop aus vergangenen Jahrzehnten.

Göppingen. „Schön, dass wir keine Party machen müssen“, frohlockte Berti Müller zu Beginn, entzückt darüber, da an diesem Abend alles gespielt werden könnte, ruhigere Titel, Fetzigeres, verschiedene Genres. Vieles davon werde man sicher in der kommenden Woche in der SWR1-Hitparade wieder hören, vermutete Müller. Kein Zwang zur Party, hieß natürlich nicht, dass sie nicht stattfand; und auch der Zusammenhang war aller Unterschiedlichkeit zum Trotz gegeben – unterhaltsam geknüpft von Müller und teils so haarsträubend, dass es urkomisch war.

Kleines Schlaglicht: Beim Essen vor dem Auftritt habe sich das Musiker-Trio gefühlt wie im Hotel – und schon erklangen die wohl bekanntesten Klänge der Eagles. Um dann zum Kaffee überzuleiten, der dem Schnitzel folgen müsse. Aber ein ganz flüssiger, feuchter Kaffee müsse es sein, „a nasser“, wie der Schwabe sagt. Logisch, dass dann nur „Another Cup of Coffee“ von Mike and the Mechanics erklingen konnte, gelungen interpretiert, wie auch die anderen Titel von Streetlife.

Anmoderiert wurden die Songs stets in breitem Lautertäler Dialekt, um hin und wieder ein paar Brocken Oxford-English einzustreuen: „Ed, dass Ihr moinat, mir kenndad bloß schwäbischa Scheiß schwätza“. Denn die auf den Kaffee folgende notwendige Ruhepause erfordert auch Stille: „Ladies and Gentlemen, please enjoy the silence!“. Frühstück gabs dann mit Supertramp in Amerika, wo sie gut angekommen sind, obwohl sich auch Dave auf den Straßen rumgetrieben hatte, wie Streetlife von Manns „Mampfred“ erfahren hatten.

Und manchmal wurden Lieder auch zu einer wilden Mischung kombiniert. Eintopf mit vielen Zutaten, die aber fein aufeinander abgestimmt dem Publikum vernehmlich schmeckten. Angekündigt wird das beispielsweise als „Mister Farnham learns to Roxette“. Aus dem großen Topf konnten unter anderem „You’re the Voice“, „Hey Jude“ und „The Look“ gefischt werden.

Goutiert von einem dem Filstalrock ähnelnden Publikum: Der musikaffine autochthone Boomer überwintert scheinbar bei der Live-Bühne Engel. Darunter manch bekanntes Gesicht aus Politik und Polizei sowie weitere pensionierte Prominenz der Provinz. Man teilt Sprache, Musikvorlieben sowie Erinnerungen. „Früher isch mer freitags en da Oichahof zom Danza ganga“, meinte Berti Müller nach „Friday I‘m in Love“ von „The Cure“.

„Hammer-Band“, dazu eine Atmosphäre, ein Ambiente, das „immer wieder geil“ sei, schwärmt Olaf Schmidt aus Göppingen, der zu den Stammgästen der Livebühnenauftritte an ausgewählten Donnerstagen gehört. Axel Raisch

Trio Toccata überzeugt in Eislingen

Konzert Der Organist Patrick Brugger und die Trompeter Daniel Bucher und Florian Keller spielen in der Christuskirche.

Eislingen. Es ist ja schon gute Tradition, dass die drei Musiker Patrick Brugger (Organist an der Münsterorgel Salem/Bodensee) und die Trompeter Daniel Bucher und Florian Keller in Eislingen konzertieren. Jetzt war es wieder soweit: Das „Trio Toccata“ spielte in der Christuskirche.

Die programmatische Klammer dieses herausragenden Konzertes bildeten Sigfrid Karg-Elert, Felix Mendelssohn-Bartholdy sowie Modest Mussorgsky mit seiner siebenteiligen Programm-Musik „Bilder einer Ausstellung“, komponiert 1874.

In abwechslungsreicher Melodik und Akkordfolge ertönte die Karg-Elert’sche „Suite“ über drei Choralmelodien „Nun danket alle Gott“, „Freu dich sehr, o meine Seele“ sowie „Ich dank`. dir, lieber Herre“, passend zum Erntedanksonntag. In großer Könnerschaft zeichneten die drei Musiker „die wandlungsfähige – dialogische – eigene Tonsprache“ des in Oberndorf am Neckar geborenen und in Leipzig aufgewachsenen Karg-Elert. Bei der sich anschließenden „Sonate Nr. 2 in c-moll“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die Patrick Brugger sehr differenziert gestaltete, erfüllte er die instrumentale Vielfalt der historischen Link-Mühleisen-Orgel.

Im Mittelpunkt des Konzerts stand Telemanns „Heldenmusik“ (verlegt 1728 „als Liebhabermusik für eine flexible Besetzung“). Neben den klanglich-strahlenden Sätzen „Die Würde“ und „Die Fröhlichkeit“ überzeugten die drei Musiker auch in den ruhigen Sätzen, etwa „Die Ruhe“ oder „Die Gnade“. Patrick Brugger überraschte mit gekonntem Orgelsolovortrag das zahlreich erschienene Publikium mit Variationen über „Nous chanterons pour toi, Seigneur“ („Herr Gott, dich loben alle wir“) des 1950 gebürtigen Denis Bedard, passend zum Michaelis-Fest. Der Text, der auch von den Engeln als Gottes Boten handelt, geht auf eine lateinische Grundlage zurück und wurde vom Reformator Philipp Melanchthon (1497-1560) ins Deutsche übertragen.

Die ganze Klangvielfalt der historischen Christuskirchen-Orgel wie auch der verschiedenen Trompeten, Flügelhörner und Corni da Caccia (Jagdhörner) wurde in Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ mit ihren sieben abwechslungsreichen Sätzen zum Ausdruck gebracht.

Mit einer schmissigen Zugabe präsentierten die drei „Toccata-Musiker“ dann noch den dritten Satz des Barock-Komponisten Francesco Manfredini aus seinem Trompeten-Doppelkonzert neben der Kanzel der Christuskirche mit der „kleinen“ Begleitorgel direkt vor dem aufmerksamen Publikum, das am Ende reichlich applaudierte. Eckhart Naumann

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