Abgründe einer strengen Glaubenswelt

  • Ein stiller Film: In „Ich war ein Zeuge“ kommen Aussteiger der Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas zu Wort. Foto: „Ich war ein Zeuge“/Andreas Reiner
  • Im Dokumentarfilm „Ich war ein Zeuge“ erzählt Leonie von ihrer Zeit in der strengen Glaubensgemeinschaft. Foto: „Ich war ein Zeuge“/Andreas Reiner
  • Fotograf Andreas Reiner: Aus dem Fotoprojekt wurde ein Dokumentarfilm. Foto: Alexander Gonschior

Film Die berührende Dokumentation „Ich war ein Zeuge“ von Andreas Reiner hat Premiere bei den Hofer Filmtagen.

Es ist ein stiller Film. Die Dokumentation „Ich war ein Zeuge“ verzichtet auf große Dramatik. Wer sie anschaut, muss zuhören können. „Der Film, der darf nicht unterhalten“, sagt der Fotograf und Fotojournalist Andreas, oder auch Andy, Reiner aus Warthausen (Kreis Biberach). Zunächst hatte Reiner ein deutschlandweites Fotoprojekt geplant, mit dem er Aussteigern aus der Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas eine Stimme geben will.

Bald entstand die Idee, daraus einen Dokumentarfilm zu entwickeln. Mit Monika Agler und Günter Moritz (Regie sowie Produktion) hat Reiner nun eine 84-minütige Dokumentation gedreht. Reiner wirkt als Gesprächspartner mit.

Wer aussteigt, verliert alles

Premiere hat „Ich war ein Zeuge“ am kommenden Donnerstag bei den Hofer Filmtagen. Vier ehemalige Mitglieder der Zeugen Jehovas erzählen in der Arbeit von ihren Erlebnissen in der Glaubensgemeinschaft – von enormem Druck, strengen Regeln, sexualisierter Gewalt. Es ist ein Einblick in die Abgründe einer religiösen Welt: Homosexuelle werden in eine „Konversionstherapie“ gezwungen. Wer aussteigt, verliert alles, was bislang sein Leben ausmachte – auch die eigene Familie. Physische und psychische Gewalt hätten Struktur bei den Zeugen Jehovas, sagt Reiner. „Diese Struktur muss aufhören.“

Die Idee sei, den Protagonisten so viel Raum wie möglich zu geben, sagt Monika Agler über den Film. Entscheidend sei, die Menschen zu Wort kommen zu lassen, erläutert Günter Moritz. Das gelingt: Es gibt nichts, das ablenkt. Stattdessen Platz für Stille. Das Gesagte darf wirken. Die Kamera folgt ruhig und langsam. Der Zuschauer wird Teil eines Zweiergesprächs, das stark berührt. Die Musik kommt von der Singer-Songwriterin Omnitah.

Die 59. Internationalen Hofer Filmtage finden vom 21. bis 26. Oktober statt. Sie gelten sie als eines der bedeutendsten deutschen Filmfestivals. Viele der gezeigten Beiträge sind nach der Festivalpremiere bis zum 2. November über die Plattform „plus7streamdays“ online abrufbar.

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL