Liebesgeschichten aus dem Eis
Vortrag Mit beeindruckenden Fotos und Filmen hat der mehrfach ausgezeichnete Geislinger Naturfotograf und Physiker Stefan Christmann sein Publikum in die Antarktis mitgenommen.
Der Besucherkreis war mit rund 60 Gästen nicht groß, aber die erlebten einen ganz außergewöhnlichen Abend mit faszinierenden Pinguin-Bildern, Filmen und vielen Anekdoten aus der deutschen Forschungsstation. Gleich nach dem Studium war er als Geophysiker beim Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung für zwei Jahre angestellt, konnte so Beruf und Tierfotografie unter einen Hut bringen.
Los gings mit dem Abflug von Kapstadt, nicht im Linienflugzeug, sondern mit einer alten russischen Cargomaschine, spartanisch ausgestattet, was schon das Dixie-Klo beweist. An der antarktischen russischen Versorgungsstation gelandet, geht’s mit umgebauten Rosinenbombern aus dem Zweiten Weltkrieg zum Ziel: Neumayer III. Die Station steht auf Schelfeis, dem Teil des antarktischen Gletschers, der nicht mehr auf festen Landmassen aufliegt, sondern auf dem Meer schwimmt. Das Eis ist rund 300 Meter dick. Im ewigen Eis bestimmen Wetter und Naturgewalten das Leben.
„Manchmal konnte man die Station tagelang nicht verlassen“, erzählt Christmann. Die Temperaturen sind beeindruckend, bis zu minus 40 Grad und Stürme mit 120 Stundenkilometern gehören zur Tagesordnung. Mit acht sogenannten Überwinterern hat Christmann die komplette Isolation von der Außenwelt erlebt, neun Monate waren sie auf sich gestellt. „Man muss sich bewusst sein, dass es in dieser Zeit keine Möglichkeit gibt wegzukommen“, so Christmann. Der erste Flieger landet nach Ende der Winterzeit. Auf der Leinwand gibt es einen Einblick in die Forschungsstation, in Arbeitsräume, Unterkünfte, Aufenthalts- und Fitnessraum sowie Sauna und die Krankenstation, voll ausgestattet mit Operationssaal und allem nötigen Equipment.
Christmann hat die Zeit genutzt, um das Leben der Kaiserpinguine mit der Kamera eingefangen. Herausgekommen sind herausragende Aufnahmen der 10000 Tiere zählenden Kolonie in der Atka-Bucht, erwachsenen Tiere, schlüpfender Nachwuchs oder Pinguin-Kindergärten, die unter extremsten Wetterbedingungen entstanden sind. Fotos, die Herz und Seele berühren, untermalt mit Geschichten, die zum Staunen bringen. Christmann erzählt von der Partnersuche. „Speeddating“, sagt er und dem anschließenden Ritual, mit dem sich das Paar in Einklang bringt, nicht nur in puncto Laute, sondern auch Bewegung. „Eine regelrechte Synchronisation“, erklärt er.
Er hat dokumentiert, wie Pinguinpaare die Eiabgabe mit Schneebällen einüben, wie das einzige Ei des Paares von der Mutter an den Vater übergeben wird. Pinguine auf der Wanderung zum Meer, zu abertausenden dicht gedrängt, um Kälte und Wind zu trotzen. Eine Liebesgeschichte vom Ende der Welt, die oft in beeindruckende Polarlichter gebettet ist. Die Antarktis speichert rund drei Viertel des weltweiten Süßwassers, beeinflusst durch Reflexionsstrahlung und Temperatur das globale Klima. Und ganz zum Schluss sein Appell: „Zum Klimaschutz kann und muss jeder einzelne beitragen“.
Man muss sich bewusst sein, dass es in dieser Zeit keine Möglichkeit gibt, wegzukommen. Stefan Christmann Naturfotograf