Großchance liegengelassen

Zum Artikel „Bührle legt Ratsmitglied Rücktritt nahe“ vom 17. Oktober:

Am Bad Boller Wahlabend rief Bürgermeister Bührle in einer persönlichen Erklärung zur verbalen Abrüstung und Mäßigung auf. Die Großchance, als scheidender Bürgermeister über den Dingen zu stehen, Vorbild der Konfliktmoderation für die Gemeinde zu sein und sich ein Image als Brückenbauer zu sichern, hat er liegengelassen. Entgegen seinem Mäßigungs-Aufruf hat er drei verdiente Boller Bürgerinnen und Bürger im amtlichen Mitteilungsblatt an den Pranger gestellt. Eine Fürsorge für die Bediensteten der Gemeindeverwaltung anlässlich von Vorwürfen muss er wahrnehmen. Aber das geht effektvoller und weniger konfliktverschärfend.

Nein, Bürgermeister Bührle kämpft und hat den Weg der Empörungspolitik gewählt. Sie schürt das Gefühl, allein man selbst sei rechtschaffen. Diese Haltung spaltet eine Gemeinde in Rechtschaffene und andere. Die angeblich Rechtschaffenen können übrigens auch falsch liegen. Die angemaßte Rechtschaffenheit muss nicht mit einem ordnungsgemäßen Wahlverfahren übereinstimmen. So ist auch die etwas selbstherrliche Feststellung von Bürgermeister Bührle, man habe überhaupt keine Fehler gemacht, bereits widerlegt: Durch Tatsachen, die die NWZ in ihrem Bericht erwähnt, und dadurch, dass die Verwaltungsspitze auf Beschwerden reagiert hat, weil sie offensichtlich berechtigt waren.

Wer angesichts einer anstehenden demokratischen Wahl von „Spaltung“ spricht, beansprucht die eigene Position als alleingültig und als Bewahrerin einer „Gemeinschaft“. Das Ergebnis des ersten Wahlgangs zeigt aber, dass die Dorfgemeinschaft vielfältig ist und in ihr unterschiedliche Ideen lebendig sind. Für eine gedeihliche Zukunft sind die Ideen wohl die geeignetsten, die keiner Empörungspolitik folgen, sondern die voller Hoffnung auf die vielen Chancen und Kompetenzen bauen, die Bad Boll aufgreifen könnte.

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