Viele Ärzte sind gegen Praxisgebühr

  • Von 2002 bis 2012 mussten gesetzlich versicherte Personen zehn Euro pro Quartal bei einem Arztbesuch bezahlen. Die jetzt diskutierte abermalige Einführung einer Praxisgebühr lehnt der Vorstand der Ärzteschaft im Kreis Göppingen, Marc Lux, ab. Foto: Patrick Pleul/dpa

Gesundheit Der Vorstand der Kreisärzteschaft Göppingen lehnt eine mögliche Gebühr pro Arztbesuch ab.

Kreis Göppingen. Einige Politiker und Arbeitgebervertreter fordern eine Selbstbeteiligung der Patienten an den Kosten für Arztbesuche, ähnlich wie dies von 2002 bis 2012 der Fall war. Damals mussten gesetzlich Versicherte zehn Euro pro Quartal bei Arzt-, Zahnarzt- und Psychotherapeutenbesuchen zahlen. Ende 2012 wurde diese Zuzahlung von der Bundesregierung ersatzlos abgeschafft. Der Vorstand der Ärzteschaft im Kreis, Marc Lux, der selbst eine Hausarztpraxis betreibt, spricht sich gegen die Einführung einer Praxisgebühr aus. „Die Gebühr hatte schon beim letzten Mal keine wirkliche Patientensteuerung ermöglicht und hat nur zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand geführt“, so der Vorstand der Ärzteschaft. Sinnvoller sei es, zur Entlastung von Notfallambulanzen eine Notfallgebühr zu diskutieren.

Fachärztin Dr. Ulrike Hoffmeister von der kardiologischen Praxis in Geislingen, eine Zweigstelle der Herzklinik Ulm, sieht dies ähnlich. „Wir brauchen keine neuen Hürden für Patienten und keinen weiteren Verwaltungsaufwand für die Praxen, sondern bessere Strukturen im System“, betont sie. Der Degginger Hausarzt Dr. Stefan Geis könnte sich hingegen mit einer Gebühr anfreunden, auch wenn dies für seine Praxis einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. „Ich bin aber gerne bereit, das zu tragen, da mich jeder Euro, den ich unabhängig von den Krankenkassen erwirtschafte, unabhängiger macht.“ Prinzipiell müsse man die Patienten mehr an den Kosten für ihre Gesundheit beteiligen. Eine Praxisgebühr lehnt die AOK Baden-Württemberg ab. „Der Vorschlag, neben den Krankenkassenbeiträgen eine Gebühr für Arztbesuche einzuführen, geht in eine völlig falsche Richtung“, so eine Sprecherin. Erfahrungen mit der quartalsweisen Praxisgebühr hätten gezeigt, dass dadurch besonders einkommensschwache Versicherte oft auf notwendige Arztbesuche verzichten. Dies könne zu höheren Folgekosten für die Solidargemeinschaft führen.

Unterdessen verteidigt die Kreisärzteschaft Göppingen, die oftmals in der Bevölkerung bemängelte, lange Wartezeit bei der Vergabe von Facharztterminen. „Auch wenn es anders empfunden wird, ist die allgemeine Facharztversorgung in ihrer fachlichen Breite im Vergleich mit anderen Landkreisen bei uns noch ganz gut“, sagt Lux. In medizinisch wirklich dringlichen Fällen seien seiner Ansicht nach genug Terminmöglichkeiten vorhanden.

Wir brauchen keine neuen Hürden, sondern bessere Strukturen im System. Dr. Ulrike Hoffmeister Kardiologin

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