Helle Begeisterung beim letzten Auftritt mit Orchester

Konzert Die Klarinettistin Sabine Meyer konzertiert mit Nils Mönkemeyer (Viola) und den Würth-Philharmonikern. Zudem überzeugt ein Chor aus Brünn.

Klangmagie“ ist der Titel des jüngsten Konzerts der Würth-Philharmoniker, und der Abend am vergangenen Samstag wird diesem Anspruch vollkommen gerecht. Zumal man ganz verschiedene Klänge zu hören bekommt: Da sind reine Orchesterwerke, Opern-Auszüge und Chöre.

Vor allem aber ist da das Konzert für Klarinette, Viola und Orchester von Max Bruch. Dafür bietet die Kultur bei Würth einmal mehr Prominenz auf: Die Soloparts werden von Sabine Meyer (Klarinette) und Nils Mönkemeyer (Viola) gespielt. Beide sind Weltklasse-Musizierende, und das Publikum wohnt sogar einem historischen Datum bei: Die 66 Jahre alte Sabine Meyer, die aus Crailsheim stammt und bis 2022 Professorin an der Musikhochschule Lübeck war, hat beschlossen, ihre Konzerttätigkeit zum Jahresende zu beenden. In Künzelsau gibt sie ihr letztes Konzert mit Orchester.

Es ist ein wundervoller Auftritt. Nils Mönkemeyer ist knapp 20 Jahre jünger als Sabine Meyer, aber die beiden sind seit langem ein eingespieltes Team – unter anderem waren sie vor etwa zehn Jahren beim Hohenloher Kultursommer gemeinsam in Langenburg zu hören – und sie verstehen sich offensichtlich prächtig, sie strahlen sich immer wieder an. Die Klänge ihrer beiden Instrumente verschmelzen manchmal vollkommen, an anderen Stellen ergänzen sie sich ideal. Beide gehen ganz in der Musik auf, an einer Stelle, an der sie Pause haben, tanzen sie fast zur Orchestermusik.

Nils Mönkemeyer gefällt schon bei den ersten Tönen mit einem kraftvollen, volltönenden Klang. Und beide können ihre Virtuosität vor allem  im dritten, sehr flott angegangenen Satz beweisen. Selbstverständlich gibt es dafür tosenden Applaus. Sabine Meyer und Nils Mönkemeyer bedanken sich mit einem Walzer aus „Fünf Stücke für zwei Violinen und Klavier“ von Schostakowitsch, bearbeitet für Klarinette und Viola, als Zugabe.

Aber die beiden Stars sind beileibe nicht die Einzigen, die verdient Beifall bekommen. Gleich am Beginn des Abends zeigen die Würth-Philharmoniker in der Ouvertüre zu „Die Loreley“ von Max Bruch einen warmen Klang und gefallen mit einer atmosphärischen Interpretation des romantischen Stoffs –  eine wahre Wohlfühl-Musik.

Im zweiten Konzertteil gibt es Wagner satt. Auszüge aus vier Opern, mit und ohne Chor, dramatisch, vielgestaltig, klangfarbenreich, mal sinnlich, mal regelrecht ohrenbetäubend. Dazu wurde der Tschechische Philharmonische Chor Brünn engagiert. Etwa 70 Personen platzieren sich dafür oben auf der Empore hinter dem Orchester. Durch diese räumliche Distanz kommen die Sängerinnen und Sänger auch klanglich gut gegen das Orchester an.

So ein Profichor kann ganz schön viel Schalldruck erzeugen. Aber noch besser gefällt er in den eher nachdenklichen Passagen und in der Zugabe „Ave verum corpus“ von Mozart, die auch vom Orchester wundervoll zart begleitet wird.

Mit Musik zur „Seelenruh“

Schwäbisch Hall. „Wir haben keine Zeit zum Ausruhen.“ So denken Menschen laut Henrike Frey-Anthes oft. Vollgepackte Terminkalender, ellenlange To-do-Listen, Chaos auf dem Schreibtisch. Gott hat da gut reden mit seinem Ruhetag am siebten Tag. Einen guten Termin zum Zur-Ruhe-Kommen bietet da die jüngste Stunde der Kirchenmusik in St. Michael.

Unter dem Motto „Seelen.un.Ruh“ entführen Sophie Sauter (Sopran), Dietlind Mayer (Barockvioline), Niels Pfeffer (Cembalo und Barocklaute) sowie Dmitri Dichtiar (Barockcello) in die Welt der barocken Seelenschau. „Wir können ganz in Ruhe dem lauschen, was die Musik uns unserer Seele sagt“, so Frey-Anthes. Denn der Wunsch nach Ruhe und Frieden ist heute so groß wie vor 300 Jahren.

Expressiver Sopran

„Meine Seele hört im Sehen“ – ein frühlingshaft lautmalerischer Lobgesang aus Händels „Neun deutschen Arien“ eröffnet das gut einstündige Konzert. Sauters expressiver Sopran und Mayers filigrane Barockvioline finden sich darin zu einem erfrischend fröhlichen Duett zusammen, das sich über Pfeffers sprudelndem Cembalo und Dichtiars samtenen Barockcello ausbreitet. Dass die vier Musikerinnen und Musiker bereits lange zusammen musizieren, ist ihrem Spiel anzumerken. Dies zeichnet sich einmal mehr in Graupners „Gott hat sein Reich in unsren Seelen“ ab: Pfeffer bereitet Sauters kraftvoll schillernden Sopran-Rezitativen einen silbrigen Klangteppich, von dem sich die melodiösen Arien umso ausdrucksstärker absetzen. Immer wieder scheint die unruhige Welt mit ihrem Spott und ihren „Lästerschlangen“ – welch barocke Sprachgewalt – hereinzubrechen. Doch die besungene „Seelenruh“ ist stärker, die mit ihr einhergehenden Klänge ruhen in sich und zeugen zugleich von großer Strahlkraft.

Klangliche Gegenstücke zu den Gesangsstücken mit Basso continuo, darunter auch Bachs nachdenkliches „Warum betrübst du dich“ oder Graupners bedächtiges „Jesu, teure Kraft der Schwachen“, bilden instrumentale Solostücke für Barockvioline, -cello und Laute. Bei Pfeffers Lauten-Soli (Bachs „Gavotte 1 und 2“ aus der „Suite BWV 995 für Laute“) muss man genau hinhören, um die feinen, kunstvollen Klänge der Laute zu vernehmen. Eine gute, fast schon meditative Übung in der lauten, schnelllebigen Welt. In Bachs „Sarabande“ aus seiner „Suite für Violoncello Solo BWV 1010“ lässt Dichtiar die Melodie feinsinnig bedächtig voranschreiten und lotet mit großem Feingefühl die Tiefen aus. Bachs „Allegro“ aus der „Violinsonate Nr. 2 BWV 1003“ wiederum ist der Barockvioline gewidmet: Luftig leicht erklimmt Mayer hier die Höhe, bis sich Dichtiars warmes Cello als erdend-ausgleichendes Element dazugesellt.

Nach dieser klangschönen Auszeit fällt es schwer, wieder in die Alltagshektik zurückzukehren. Zum Glück gibt es einen schillernden Händel als Zugabe.

Kirchenmusik Sophie Sauter, Dietlind Mayer, Niels Pfeffer und Dmitri Dichtiar bieten in Hall mit barocken Werken eine Auszeit.

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