Mit Musik zur „Seelenruh“

  • Sophie Sauter (Sopran), Dietlind Mayer (Barockvioline), Niels Pfeffer (Cembalo und Barocklaute) sowie Dmitri Dichtiar (Barockcello) bei ihrem Auftritt in St. Michael. Nina Piorr

Schwäbisch Hall. „Wir haben keine Zeit zum Ausruhen.“ So denken Menschen laut Henrike Frey-Anthes oft. Vollgepackte Terminkalender, ellenlange To-do-Listen, Chaos auf dem Schreibtisch. Gott hat da gut reden mit seinem Ruhetag am siebten Tag. Einen guten Termin zum Zur-Ruhe-Kommen bietet da die jüngste Stunde der Kirchenmusik in St. Michael.

Unter dem Motto „Seelen.un.Ruh“ entführen Sophie Sauter (Sopran), Dietlind Mayer (Barockvioline), Niels Pfeffer (Cembalo und Barocklaute) sowie Dmitri Dichtiar (Barockcello) in die Welt der barocken Seelenschau. „Wir können ganz in Ruhe dem lauschen, was die Musik uns unserer Seele sagt“, so Frey-Anthes. Denn der Wunsch nach Ruhe und Frieden ist heute so groß wie vor 300 Jahren.

Expressiver Sopran

„Meine Seele hört im Sehen“ – ein frühlingshaft lautmalerischer Lobgesang aus Händels „Neun deutschen Arien“ eröffnet das gut einstündige Konzert. Sauters expressiver Sopran und Mayers filigrane Barockvioline finden sich darin zu einem erfrischend fröhlichen Duett zusammen, das sich über Pfeffers sprudelndem Cembalo und Dichtiars samtenen Barockcello ausbreitet. Dass die vier Musikerinnen und Musiker bereits lange zusammen musizieren, ist ihrem Spiel anzumerken. Dies zeichnet sich einmal mehr in Graupners „Gott hat sein Reich in unsren Seelen“ ab: Pfeffer bereitet Sauters kraftvoll schillernden Sopran-Rezitativen einen silbrigen Klangteppich, von dem sich die melodiösen Arien umso ausdrucksstärker absetzen. Immer wieder scheint die unruhige Welt mit ihrem Spott und ihren „Lästerschlangen“ – welch barocke Sprachgewalt – hereinzubrechen. Doch die besungene „Seelenruh“ ist stärker, die mit ihr einhergehenden Klänge ruhen in sich und zeugen zugleich von großer Strahlkraft.

Klangliche Gegenstücke zu den Gesangsstücken mit Basso continuo, darunter auch Bachs nachdenkliches „Warum betrübst du dich“ oder Graupners bedächtiges „Jesu, teure Kraft der Schwachen“, bilden instrumentale Solostücke für Barockvioline, -cello und Laute. Bei Pfeffers Lauten-Soli (Bachs „Gavotte 1 und 2“ aus der „Suite BWV 995 für Laute“) muss man genau hinhören, um die feinen, kunstvollen Klänge der Laute zu vernehmen. Eine gute, fast schon meditative Übung in der lauten, schnelllebigen Welt. In Bachs „Sarabande“ aus seiner „Suite für Violoncello Solo BWV 1010“ lässt Dichtiar die Melodie feinsinnig bedächtig voranschreiten und lotet mit großem Feingefühl die Tiefen aus. Bachs „Allegro“ aus der „Violinsonate Nr. 2 BWV 1003“ wiederum ist der Barockvioline gewidmet: Luftig leicht erklimmt Mayer hier die Höhe, bis sich Dichtiars warmes Cello als erdend-ausgleichendes Element dazugesellt.

Nach dieser klangschönen Auszeit fällt es schwer, wieder in die Alltagshektik zurückzukehren. Zum Glück gibt es einen schillernden Händel als Zugabe.

Kirchenmusik Sophie Sauter, Dietlind Mayer, Niels Pfeffer und Dmitri Dichtiar bieten in Hall mit barocken Werken eine Auszeit.

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