Der tiefe Fall des René Benko

Signa In einem ersten Prozess gegen den österreichischen Pleite-Unternehmer geht es um 660.000 Euro, die er rechtzeitig beiseitegeschafft haben soll. Er bestreitet das.

Um 9.02 kommt er rein in den größten Verhandlungssaal des Innsbrucker Landesgerichts, von einer Menschentraube umringt. René Benko ist korrekt gekleidet in Anzug und mit roter Krawatte, das schwarze Haar gegeelt, Undercut-Schnitt. Schmaler ist er geworden in neun Monaten Untersuchungshaft, er sieht nicht gut aus.

Fünf ziemlich martialisch aussehende Männer von der Justizwache umringen ihn wie ein Riegel. René Benko, Österreichs Mega-Immobilienunternehmer und Maxi-Pleitier, steht vor Gericht. Die Vorsitzende Richterin Andrea Wegscheider nimmt knapp die Personalien ab: 48 Jahre alt, derzeit kein Einkommen, vier Kinder. Keine Angaben zu Vermögen oder Schulden. Und auch sonst nichts, er verweist knapp auf seinen Verteidiger.

Erstmals seit dem Konkurs seines Signa-Imperiums Anfang 2024, der sehr viele und sehr große Bauprojekte in den Abgrund gerissen hatte, muss er sich vor der Öffentlichkeit verantworten. Das Interesse ist groß, mehr als 70 Journalisten sind angemeldet. Ihm wird „betrügerische Krida“ vorgeworfen, in Deutschland ist das ein Insolvenzvergehen – jemand steckt Geld zur Seite, obwohl er weiß, dass er pleite gehen wird.

Bei der jetzt angeklagten Summe von insgesamt 660.000 Euro steht eine Haftstraße von bis zu zehn Jahren in Aussicht. In Benko’schen Dimensionen ist das allerdings erst einmal ein Mini-Schaden. Die Strategie der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ist klar, und das verhehlt ein Sprecher im Gespräch mit dieser Zeitung gar nicht erst: Benko soll regulär hinter Gitter und nicht länger in U-Haft bleiben, die immer wieder verlängert werden muss. Derweil wird weiter über die großen Brocken ermittelt, über die Täuschung von Investoren etwa. Weitere Prozesse sollen folgen.

Jetzt geht es aber erst zum einen um 360.000 Euro, die er verwendet haben soll für Miet- und Nebenkostenzahlungen seiner Villa auf dem Innsbrucker Hungerberg. Das Anwesen gehört rechtlich gar nicht ihm, sondern einer seiner Familienstiftungen, die er gegründet hat. Und bei denen er de facto der Chef ist. Benko ist also sein eigener Vermieter.

Er habe „Gelder beiseitegeschafft“, ist sich die Staatsanwältin bei ihrem Vortrag sicher, das „zur Befriedigung der Gläubiger“ hätte verwendet müssen. Benko soll gewusst haben, dass ihm die Pleite bevorstand, er sei eigentlich „mehr als knapp bei Kasse“ gewesen. Laut WKStA wollte er mit dem Geld vielmehr „trotz des Konkurses den luxuriösen Lebensstil von sich und seiner Familie sichern“.

Der zweite Anklagepunkt: 300.000 Euro soll er einer Familienstiftung zugeschanzt haben – auch um nach einer Pleite flüssig zu bleiben. Seine Mutter Ingeborg ist als Chefin der Stiftungen eingesetzt, als Strohfrau, wie vermutet wird. Benkos Verschiebungen von Geldern, seine komplizierten Konstruktionen nennt die Staatsanwältin „Verschleierungen“. Doch man solle sich „nicht von künstlich geschaffener Komplexität verwirren lassen“.

Ein völlig gegensätzliches Bild zeichnet der Verteidiger Norbert Wess von seinem Mandanten. Die Anklage liege „völlig daneben“, meint er, der sich heroisch als Benkos „vielleicht letzten Mitstreiter“ bezeichnet. Wess sieht ihn als Macher, als Kämpfer, als eine Art Visionär, der unermüdlich an seinen Immobilienprojekten arbeitete. Mit 17 Jahren hatte er angefangen, alte Innsbrucker Dachböden in Luxus-Penthouses umzubauen. Doch im Herbst 2023 „war das Marktumfeld eine Katastrophe“, so der Anwalt. Die Corona-Krise lag in den letzten Zügen, Baustoffe und Energie wurden immens teuer, die Immobilienpreise bröckelten. Alles sehr schlecht für Benko und Signa. Dieser aber, so Wess, „hat um sein Lebenswerk gekämpft, rund um die Uhr“. Er habe den „Turnaround“ erreichen wollen. Habe mit Investoren und Geld hin und her jongliert. Norbert Wess scheint Mitleid mit Benko zu haben: „Aber der Kampfgeist hat nichts gebracht.“

Mit seinen gewaltigen und hochfliegenden Signa-Projekten ist René Benko zum größten Pleitier der österreichischen Nachkriegsgeschichte geworden. Laut Berichten wurden 27 Milliarden Euro versenkt, von denen seine Geldgeber in den laufenden Insolvenzverfahren nur wenig zurückbekommen dürften. Das ist zuerst einmal nicht strafbar. Unternehmen dürfen scheitern, wenn sie sich an die Gesetze halten. Doch laut WKStA hat sich Benko an viele Gesetze nicht gehalten und damit einen strafrechtlich relevanten Schaden von 300 Millionen Euro verursacht.

Dem Phänomen Benko kann man dabei sich über zwei Zugänge nähern. Der eine ist der persönliche. Es ist die Geschichte vom unglaublichen Auf- und noch unglaublicheren Abstieg. Benko stammt aus einfachen Verhältnissen, wurde zum „Wunderwuzzi“ und reichsten Mann der Alpenrepublik.

Reichster Mann des Landes

Sein angeberischer Reichtum wurde nach der Insolvenz regelrecht ausgestellt. Das Büroinventar in Wien wurde versteigert. Seine Villa in Sirmione am Gardasee wurde sogar samt aller Gegenstände darin der Öffentlichkeit gezeigt. Auktions-Interessenten konnten sich vor Ort alles anschauen – große Lampen, alte Sessel, das Inventar der Küche. Alles musste raus. Benko schaffte sich zwei Villen in Innsbruck an, jene am Lago di Garda, ein Chalet im Nobelskiort Lech am Arlberg, eine Penthouse-Wohnung in Wien, Hubschrauber und Yacht. Er gilt als prunksüchtig, und per Ferndiagnose sehen manche darin gar eine psychische Erkrankung. Nun jagen die Insolvenzverwalter nach jedem Cent. Und die Frau Nathalie ist ihm auch noch mit den Kindern davongelaufen. Berichten zufolge hat sie die Scheidung eingereicht.

Der andere Zugang ist der systemische. Was hat dies alles begünstigt? Wie konnte es dazu kommen? In seinem Arbeitszimmer an der Uni Innsbruck hat sich der Wirtschaftsprofessor Leonhard Dobusch Gedanken gemacht. Er sagt, das Benko-Modell sei „nicht nachhaltig“. Es hatte ja Vorläufer gegeben, wie etwa den Frankfurter Immobilienentwickler Jürgen Schneider, der eine Milliardenpleite hinlegte und in Haft musste. Mit niedrigen Zinsen, boomender Nachfrage und steigenden Preisen sind auf diese Weise Milliarden zu holen. Dreht sich der Wind, droht der Sturz. In Innsbruck sagt Richterin Wegscheider zu Benko, dass ein Geständnis strafmildernd wäre. Doch dieser meint: „Unschuldig.“ Und bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für ihn die Unschuldsvermutung. Am Mittwoch werden Zeugenaussagen erwartet, schon am Abend könnte ein Urteil fallen.

So reich ist der Südwesten

Gesellschaft Das „Manager Magazin“ zählt aktuell die 500 reichsten Deutschen auf. Darunter sind viele aus Baden-Württemberg.

Und er ist wieder der Reichste im ganzen Land: Dieter Schwarz (86) führt mit 46,5 Milliarden Euro Vermögen nicht nur die Liste in Baden-Württemberg an, sondern ist auch der reichste Mensch in ganz Deutschland, wie das „Manager Magazin“ in seiner jährlich veröffentlichten Liste der 500 reichsten Deutschen berichtet. Wir stellen davon eine Reihe reicher Baden-Württemberger vor, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Dieter Schwarz, Gründer der Discounterkette Lidl vereint in seiner Schwarz-Gruppe Lidl und Kaufland und mit Prezero auch einen der größten Entsorger und Recyclingkonzerne Deutschlands. Er lebt privat komplett zurückgezogen, Fotos von ihm gibt es kaum, Interviews gibt er nicht. Seine Handelsgruppe produziert immer mehr Produkte auch selbst wie Nudeln, Kaffee, Nüsse oder Speiseeis. Produzent, Händler und Entsorger – die ganze Wertschöpfungskette in einer Hand, dazu fungiert das Unternehmen auch als Cloud-Anbieter.

Auf Platz 3 des Deutschlandrankings kommen die Eigentümer der Discounter-Kette Aldi Süd mit Sitz in Mülheim/Ruhr: Die Familien Albrecht und Heister besitzen rund 27,7 Milliarden Euro. Die nächsten auf der Liste, die mit Handel ihr Geld verdienen, sind die Familien Werner und Lehmann auf Rang 26. Sie betreiben die DM-Drogeriemärkte von Karlsruhe aus und verfügen über insgesamt 7,8 Milliarden Euro.

Und noch eine bekannte Handelsfamilie ist im Ranking vertreten: die von Erwin Müller mit seiner gleichnamigen Drogeriekette. Er liegt auf Platz 145 mit einem Vermögen von 1,7 Milliarden Euro. Sein Unternehmen mit Sitz in Ulm hat einen Umsatz von rund fünf Milliarden Euro, mehr als 950 Filialen und 35.500 Mitarbeiter

Die Reichenliste liest sich an manchen Stellen wie das Who-is-Who der Unternehmerfamilien aus dem Südwesten. Darunter ist beispielsweise auch die Familien Porsche mit einem Vermögen von 15,5 Milliarden Euro auf Platz 12. Direkt gefolgt von Reinhold Würth, der aus einem Zwei-Mann-Betrieb einen Weltkonzern mit Milliarden-Umsatz geformt hat. Zur Würth-Gruppe mit Sitz in Künzelsau gehören unter anderem der Schmierstoffhersteller Liqui Moly in Ulm und das Internationale Bankhaus Bodensee in Friedrichshafen. Das Vermögen der Familie Würth taxiert das „Manager Magazin“ auf 14,4 Milliarden Euro.

Auch wenn der Hauptsitz der Firma Liebherr in Bulle (Schweiz) liegt, findet ein Großteil der Unternehmenstätigkeit in Deutschland statt. So ist dieser Firmenname im Südwesten durch mehrere große Standorte der verschiedenen Sparten vertreten, darunter auch Ehingen,  Biberach/Riß, Ochsenhausen und Kirchdorf/Iller. Die Familien von Willi und Isolde Liebherr nehmen im Deutschland-Ranking Platz 22 ein, mit einem Vermögen von 9,5 Milliarden Euro.

Auch die Familie Stihl vom gleichnamigen Gerätehersteller in Waiblingen, der vor allem für seine Sägen bekannt ist, gehört mit Platz 25 zu den reichsten Deutschen, sie besitzt 7,9 Milliarden Euro. Auf Platz 50 liegt die Familie Schleicher mit ihren Wieland-Werken und Schwenk Zement in Ulm, sowie Paul Hartmann in Heidenheim. Sie besitzt laut Manager Magazin rund 4,5 Milliarden Euro. Die Familie Leibinger, Inhaber des Maschinenbauers Trumpf mit Sitz in Ditzingen, folgt dicht dahinter  mit 4,4 Milliarden Euro auf Platz 53. Viel Ränge weiter hinten werden dann die Familien Bosch, Zundel und Madelung genannt, mit Robert Bosch in Gerlingen und einem Vermögen von 4,1 Milliarden Euro.

Auf Platz 11 liegt Familie Dietmar Hopp, Gründer von SAP und Dievini mit Hauptsitz in Walldorf. Sie hält unter anderem Beteiligungen an Curevac aus Tübingen. Sie besitzt damit 15,8 Milliarden Euro. Auf Platz 200 finden sich unter anderem die Familien Groz und Lindner mit einem Vermögen von 1,2 Milliarden Euro. Beim zugehörigen Unternehmen Groz-Beckert handelt es sich um einen Hersteller von Maschinennadeln aus Albstadt.

Bekannte Namen sind auch die Familie Hymer, mit dem gleichnamigen Wohnmobilhersteller aus Bad Waldsee und Hymer Leichtmetallbau in Wangen, die über 1,6 Milliarden Euro verfügen und auf Rang 157 stehen und die Reinigungsgeräte-Herstellerfamilie Kärcher mit 3,2 Milliarden Euro Vermögen. Eines der größten deutschen Bauunternehmen findet sich mit den Familien Weiss und Schmidt auf Platz 188 – mit 1,3 Milliarden Euro Vermögen. Die Firma Leonard Weiss hat einen Doppel-Firmensitz in Satteldorf und Göppingen. Den Platz und die Höhe des Vermögens teilen sie sich mit den Familien Alexander und Christian Schwörer von Peri aus Weißenhorn, die Schalungs- und Gerüsttechnik herstellen.

Zahl der Fehltage bleibt hoch

Berlin. Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle von Beschäftigten ist einer Auswertung der Krankenkasse AOK zufolge auch in diesem Jahr hoch. Haupttreiber sind demnach weiterhin die Atemwegserkrankungen. „Sie erreichten im Februar 2025 einen neuen Höchststand und haben sich seit April 2025 auf einem etwas niedrigeren Niveau eingependelt als in den Vergleichsmonaten des Jahres 2024“, teilte die AOK mit. Die Gesamtbilanz des Jahres 2025 werde aber vermutlich ähnlich hoch ausfallen wie im Vorjahr. Seit September seien die Erkältungs- und Grippefälle bereits wieder mehr geworden, ebenso die Corona-Infektionen.

Im vergangenen Jahr ist jeder bei der AOK versicherte Beschäftigte im Schnitt 2,3 Mal krankgeschrieben worden. „Mit 228 AU-Fällen je 100 Mitglieder ist der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2023 von 225 Fällen je 100 Mitglieder noch einmal übertroffen worden“, teilte die AOK mit. AU steht für Arbeitsunfähigkeit. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2021 kamen auf 100 Versicherte lediglich knapp 160 Krankschreibungen pro Jahr. Die AOK hat ungefähr 15 Millionen versicherte Mitglieder.

Neben den Atemwegsinfektionen zählt die AOK auch die psychischen Erkrankungen zu den Treibern der hohen Krankenstände. „In den letzten zehn Jahren sind die Ausfalltage wegen psychischer Erkrankungen um 43 Prozent gestiegen“, teilte die Krankenversicherung mit. Psychische Erkrankungen sind oft mit längeren Ausfallzeiten von durchschnittlich 28,5 Tagen pro Erkrankungsfall verbunden.

Ein weiterer Einflussfaktor für die hohen Werte ist laut AOK die Einführung der elektronischen Krankmeldung, die zu einer vollständigeren Erfassung der Fehlzeiten geführt hat. Früher haben nicht alle Patienten den Krankenzettel an die Versicherung gesendet. Von 2021 zu 2022 sind die Krankheitsfälle deutlich gestiegen, gleichzeitig wurde die elektronische Krankmeldung verpflichtend eingeführt. Die telefonische Krankmeldung sieht die AOK nicht als Grund für den hohen Krankenstand an.

Gesundheit Elektronische Krankschreibung erfasst mehr Ausfälle. Häufigster Grund sind Erkrankungen der Atemwege.

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