E-Mail statt Papier

Bürokratieabbau Ausdrucken, unterschreiben und per Post verschicken: Das ist in vielen Behörden Alltag. Jetzt will das Land die Kommunikation vereinfachen.

Verpflichtende Formulare, Aufträge und Einladungen auf Papier zwischen den Ämtern, Betroffenen und Behörden per Post hin- und herschicken und dann gerne noch einscannen:  „Formerfordernisse“ heißt diese Bürokratie im Beamtensprech.

Bürokratieabbau haben viele Politiker im Munde. In Baden-Württemberg bekennen sich die Spitzen der grün-schwarzen Koalition dazu. Der Fortschritt dabei ist allerdings ein mühsames Geschäft. Manchmal geht es nur in kleinen Schritten voran, die aber dennoch überflüssige Arbeit reduzieren können. Mit den „Formerfordernissen“ wird es bald zumindest in 100 Gesetzen und Verordnungen quer durch sämtliche Bereiche der Landesverwaltung vorbei sein.

Aber auch für diesen Bürokratieabbau ist ein Gesetz unverzichtbar. Innenminister Thomas Strobl (CDU) bringt dafür am Dienstag ein weiteres „Gesetz zum Abbau verzichtbarer Formerfordernisse“ in den Ministerrat ein, bestätigte das Ministerium auf Nachfrage. Nach der Zustimmung des Ministerrats kann das Innenministerium das Anhörungsverfahren starten, zuletzt entscheidet der Landtag. Mit dem Gesetz sollen „Schriftformerfordernisse“ in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen sämtlicher Ministerien abgeschafft werden.Strobl sagte dazu unserer Redaktion: „Mit dem Kabinettsbeschluss schaffen wir in 100 Gesetzen bei insgesamt 320 einzelnen Vorschriften die Pflicht ab, ein ausgedrucktes Papier zu verwenden. Damit sparen die Menschen, die Unternehmen und die Verwaltungen im Land viel Zeit, Geld und Papier.“ Er blickt auf den Behördenalltag: „Die Pflicht, Schriftstücke, Verträge oder Urkunden auf Papier einzureichen, macht Verwaltungsverfahren langsam und träge. Man muss Dokumente ausdrucken, unterschreiben und anschließend einscannen.“ Künftig genüge eine einfache E-Mail. Das sei ein „weiterer, tatsächlicher Schritt zum Bürokratieabbau und hin zur Digitalisierung der Verwaltung“. Man mache Ernst mit dem Bürokratieabbau und schaffe Freiräume, so der Innenminister weiter.

Wenn man strichprobenartig in die Sammlung der betroffenen 100 Gesetze und Verordnungen hineinschaut, kann man wahre Perlen finden: So soll es künftig im Paragraf 12 der Konferenzordnung des Kultusministeriums zum Thema „Leitung, Einberufung, Tagesordnung“ heißen: Die Lehrerkonferenz ist innerhalb von sieben Unterrichtstagen einzuberufen, wenn ein Viertel der Stimmberechtigten dies unter Angabe der Verhandlungsgegenstände „schriftlich oder elektronisch“ verlangt. Neu eingefügt ist das Wort „elektronisch“.

Es geht noch weiter: Der Vorsitzende der Lehrerkonferenz setzt die Tagesordnung fest. Er ist verpflichtet, Anträge, die von einem Stimmberechtigten oder den Teilnahmeberechtigten (…) mindestens drei Unterrichtstage vor dem Sitzungstermin „schriftlich oder elektronisch“ bei ihm eingereicht werden, auf die Tagesordnung zu setzen und zu Beginn der Sitzung bekanntzugeben. Auch hier ist „elektronisch“ neu eingefügt.

Weniger aufwendig soll die Bürokratie auch für die sogenannten Gutachterausschüsse und betroffene Grundstückseigentümer werden. Dafür soll das Landesgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit geändert werden. Dieses regelt unter anderem, wie amtliche Gutachten über den Wert von Grundstücken erstellt werden. Gutachterausschüsse sind für die Wertermittlung von Grundstücken zuständig und erstellen Gutachten über den Verkehrswert – ein Thema gerade jüngst wegen der Grundsteuerreform vom hohem Gewicht.

In Paragraf 45 „Verfahren“ soll künftig stehen: Der Gutachterausschuss soll die für die Wertermittlung maßgeblichen Gesichtspunkte auf Verlangen „schriftlich oder elektronisch“ niederlegen, auch hier neu das Wort elektronisch. Ein letztes Beispiel: Im sogenannten Landesseilbahngesetz kann der jeweilige Unternehmer einen Betriebsleiter und dessen Stellvertreter auch elektronisch bestimmen, bisher ging dies nur in Papierform.

Durch den Gesetzentwurf soll übrigens auf 16 Schriftformerfordernisse vollständig verzichtet und 306 davon sollen durch die „einfache elektronische Form“ ersetzt werden. „Einfach elektronisch“ heißt, dass eine Erklärung beispielsweise durch einfache E-Mail abgegeben werden kann.

Dilemma bei Entwaffnung

Waffenscheine und Waffenbesitzkarten werden in Baden-Württemberg immer wieder an Rechtsextremisten sowie sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter ausgegeben – auch wenn der Staat seit Jahren für die Entwaffnung solcher Extremisten kämpft. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie viele Extremisten im Land besitzen derzeit Waffen? Nach Angaben des Innenministeriums waren zum Stichtag 31. Dezember 2024 im Südwesten insgesamt 181 Personen aus rechtsextremistischen oder staatsfeindlichen Milieus im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis – darunter 122 Rechtsextremisten, 48 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ sowie elf Personen, die der sogenannten „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ zugeordnet werden.

Davon besaß rund die Hälfte einen sogenannten Kleinen Waffenschein. Dieser berechtigt laut Innenministerium zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Eine Waffenbesitzkarte erlaubt den Erwerb und den Besitz von Schusswaffen, nicht aber das Führen in der Öffentlichkeit.

Steigt die Zahl bewaffneter Extremisten? Das ist schwierig zu sagen, da die Zahlen fließend sind, die Behörden heute genauer hinschauen und sich Waffenbesitzer im Zeitverlauf radikalisieren können. Ende 2024 waren 181, Ende 2023 nur 169 Rechtsextremisten, „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ im Besitz einer Waffenerlaubnis. „Dass die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr nochmals angestiegen ist, ist mir unbegreiflich“, kritisiert der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Boris Weirauch. „Ich fordere den Innenminister auf, dem Einhalt zu gebieten: Jede Waffe in den Händen von Extremisten ist eine zu viel.“ Insgesamt 43 Waffen wurden im vergangenen Jahr von Rechtsextremisten, „Reichsbürgern“ und Selbstverwaltern eingezogen.

Aber auch die statistische Erhebung spielt eine Rolle. Seit Ende 2023 werden erstmals alle vom Verfassungsschutz als Extremisten eingestuften Waffenbesitzer erfasst – unabhängig davon, ob die Erkenntnisse für einen Entzug der Waffen ausreichen oder ob die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes offen gerichtsverwertbar sind.

Aber nicht nur die Entwaffnung der Extremisten ist schwierig – in Baden-Württemberg werden weiterhin neue Waffenscheine und Waffenbesitzkarten an Rechtsextremisten, Reichsbürger und Selbstverwalter ausgegeben.

Wie viele Extremisten haben zuletzt Waffenerlaubnisse beantragt – und bekommen? Im vergangenen Jahr haben 19 Extremisten aus den oben genannten Phänomenbereichen einen Antrag auf eine waffenrechtliche Erlaubnis gestellt. 12 davon wurden von den Waffenbehörden positiv beschieden – also mehr als jeder zweite Antrag. Im Jahr 2023 sind von 13 Anträgen immerhin 4 bewilligt worden. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums an die SPD-Fraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Warum stellt der Staat Waffenscheine für Extremisten aus? Eine Person kann zwar vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft sein, aber nach dem Waffengesetz trotzdem als zuverlässig gelten – solange keine vom Gericht verwertbaren Belege für verfassungsfeindliche Aktivitäten vorliegen. Mit anderen Worten: Nicht jede Erkenntnis, die für den Geheimdienst besorgniserregend ist, reicht rechtlich für ein Waffenverbot aus. Und: „Zum Teil lagen die Erkenntnisse auch zu lange zurück oder die Antragsteller haben sich glaubhaft von den Vorwürfen distanziert“, teilte das Innenministerium in der Antwort auf die Anfrage mit.

Der Verfassungsschutz darf zudem viele Informationen über Extremisten nicht an die Waffenbehörden weitergeben, wenn sie aus geheimen Quellen stammen, etwa von V-Leuten. Solche sogenannten eingestuften Erkenntnisse sind in Verwaltungsverfahren nicht verwertbar. Sonst besteht die Gefahr, dass diese Quellen offengelegt und Menschen gefährdet werden.

V-Leute, also sogenannte Vertrauenspersonen, sind Informanten, die dem Verfassungsschutz Informationen aus dem inneren Umfeld extremistischer oder krimineller Gruppen liefern. Das Innenministerium spricht von einem rechtlichen Dilemma.

Sicherheit In Baden-Württemberg können auch Extremisten wie „Reichsbürger“ einen Waffenschein erhalten. Nicht jede Erkenntnis reicht für ein Verbot.

Angeklagter gesteht vor Gericht

Konstanz. Mit 72 Messerstichen soll ein 50-Jähriger einen Freund getötet haben – aus einem Wahn heraus, er könne seine Gedanken lesen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Jordanier Mord aus niedrigen Beweggründen vor. Weil die Behörde wegen einer psychischen Erkrankung von Schuldunfähigkeit ausgeht, geht es in dem Verfahren vor dem Landgericht Konstanz um eine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.

Nach Überzeugung der Ermittler war der Beschuldigte fest davon überzeugt, das Opfer könne seine Gedanken lesen, nachdem die beiden in den vergangenen Jahren mehrmals Oralverkehr hatten. Der Mann soll geglaubt haben, der Bekannte habe sein Sperma aufgenommen – und damit die Fähigkeit erlangt, seine Gedanken zu lesen.

Um „wieder über seine Gedanken verfügen“ zu können, habe der 50-Jährige beschlossen, dessen Leber herauszuschneiden und zu essen. Laut Staatsanwaltschaft soll er Ende Januar dieses Jahres in die Wohnung des Freundes gegangen sein und nach gemeinsamem Drogenkonsum schließlich zu einem 20 Zentimeter langen Küchenmesser gegriffen haben. Mit wuchtigen Stichen in Hals und Rumpf soll er den 36-Jährigen getötet haben. Anschließend soll der 50-Jährige versucht haben, den Körper aufzuschneiden, um die Leber zu entnehmen. Aus Ekel habe er jedoch von seinem Plan abgelassen, so die Staatsanwältin.

In psychiatrischer Behandlung

Der Beschuldigte, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt, war nach eigener Aussage mehrfach wegen Drogenkonsums in psychiatrischer Behandlung. Sachverständige diagnostizierten bei ihm eine paranoide Schizophrenie.

In seinen Aussagen sprach er von „Chaos im Kopf“ und der Angst, auch andere könnten seine Gedanken lesen. „Ich war auf Droge, und er hat Streit angefangen“, sagte er zu Prozessbeginn zu den Vorwürfen. Er könne seine Tat nicht mehr rückgängig machen. Einen Mordplan bestritt er. Das Opfer sei homosexuell gewesen, er sei es nicht und habe sich nur auf Experimente eingelassen. Der Mann war rund zehn Tage nach der Tat festgenommen worden.

Mordprozess 50-Jähriger gibt vor Gericht in Konstanz zu, einen Freund getötet zu haben. Er wollte die Leber des Toten essen.

Trotz Fortschritts bleiben Lücken im Mobilfunknetz

Kommunikation Insgesamt ist die Netzabdeckung im Südwesten deutlich besser geworden.

Karlsruhe. Bad Wildbad im Kreis Calw erlebte kürzlich ein böses Erwachen. Weil ein Mobilfunkturm abgerissen wurde, fiel die ganze Stadt quasi kollektiv ins Funkloch. Höhere Gewalt natürlich – aber wie steht es sonst um das Mobilfunknetz im Südwesten?

Die Zahl der Funklöcher ist im Land weiter gesunken. Nach Angaben des Innenministeriums gibt es nur noch für 0,21 Prozent der Fläche im Südwesten kein Netz (Stand Mitte 2025). Das entspreche einem Rückgang von 62 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Regionale Ausfälle gibt es aber weiterhin. Das hatte Mitte Juli auch eine bundesweite Messwoche auf Initiative von Bund, Ländern und Kommunen gezeigt. Demnach schnitten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Bundesländern am schlechtesten ab.

Funkloch im ländlichen Raum

Bei dieser Aktion ging es allerdings um Daten, die Handynutzer auf einer Funkloch-App eingegeben hatten. Hierbei handle es sich „um die tatsächlich erfasste Nutzererfahrung und umfasst keine offiziellen Daten zur Versorgung“. So war es etwa möglich, dass ein Nutzer ein Funkloch meldete – obwohl er mit einem anderen Mobilfunkanbieter keines erlebt hätte.

Lokale Lücken seien durch die Messwoche aber gut sichtbar geworden. Diese werden von Bürgern vor allem im ländlichen Raum sowie unterwegs im Auto oder im Zug häufig wahrgenommen, so die Ministeriumssprecherin. Außerdem störten topografische Gegebenheiten wie Täler, Berge oder Waldgebiete Funksignale zum Teil erheblich. In Fahrzeugen und Zügen komme es häufiger zu Unterbrechungen, da Handys während der Fahrt permanent zwischen Funkzellen wechseln und Karosserien oder Fenster den Empfang zusätzlich dämpfen.

Zudem gibt es dem Ministerium zufolge Unterschiede in der Netzabdeckung durch die Mobilfunknetzbetreiber. „Im ländlichen Raum ist die gleichzeitige Versorgung durch alle Anbieter geringer.“

Neben sogenannten weißen Flecken, in denen überhaupt keine breitbandige Versorgung mit schnellem Internet besteht, treten deshalb auch „graue Flecken“ auf: In diesen Gebieten bietet zwar ein Anbieter eine breitbandige Netzabdeckung, die anderen jedoch nicht. Nutzer der anderen Anbieter haben dort ein Funkloch.

Der Ausbau der Mobilfunknetze obliegt im Wesentlichen den Mobilfunknetzbetreibern Telekom, Vodafone, Telefónica und 1&1. Das hängt mit den durch die Bundesnetzagentur vergebenen Frequenzen zusammen. Wer eine Frequenz ergattert, muss die Versorgung der Bevölkerung mit einem Netz entsprechend sicherstellen, sagt die Ministeriumssprecherin.

Doch die Anbieter können Mobilfunktürme nicht einfach überall errichten. In Naturschutzgebieten ist dieses beispielsweise in der Regel nicht möglich. Auf Gebäuden dafür eine Genehmigung zu bekommen, wird nach Worten eines Vodafone-Sprechers auch immer schwieriger. Und bergige Regionen wie im Schwarzwald sind als Standort häufig nicht geeignet.

Koalition warnt vor Spionage

Berlin. Mehrere Politiker der schwarz-roten Bundesregierung haben davor gewarnt, dass beim Zustandekommen einer geplanten Moskau-Reise des AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier vertrauliche Informationen nach Russland abfließen könnten. „Die AfD war ­immer eine Gefahr für die natio­nale Sicherheit, weil große Teile ­ihrer Mitglieder unterwürfig gegenüber Feinden unserer Demokratie – insbesondere Wladimir Putin – agierten“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums im Bundestag, Marc Henrichmann, dem „Handelsblatt“. „Wenn ausgerechnet diese AfD eine Russland-Reise mitten im Angriffskrieg gegen die Ukraine unternimmt, müssen im Bundestag und bei deutschen Sicherheitsbehörden alle roten Lampen angehen.“

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte die AfD auf, „die Reise zu unterbinden, weil sie gegen deutsche Interessen steht und weil mit dem Abfluss von Informationen zu rechnen ist“. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler sagte, er habe „keinerlei Zweifel“, dass AfD-Fraktionsvize Frohnmaier „kontinuierliche Kontakte nach Russland unterhält und Teil der von Russland breit angelegten Einflussoperation ist“.

Frohnmaier wird dem Rechtsaußenspektrum der AfD zugerechnet. Er ist seit 2022 Ko-Vorsitzender des AfD-Landesverbands in Baden-Württemberg. Er ist auch der Spitzenkandidat der baden-württembergischen AfD bei der Landtagswahl 2026

AfD Kritik an geplanter Moskau-Reise des Politikers Frohnmaier. Vertrauliche Informationen könnten abfließen.

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