Burger und Steaks werden zum Luxus

  • Hackfleisch ist über 70 Prozent teurer als vor fünf Jahren. Das macht auch Burger teurer. Foto: Sina Schuldt/dpa
  • Alle Teile vom Rind, egal ob Rückenfilet, Nuss aus der Keule oder Schulter sind deutlich teurer geworden. Foto: Alexander Raths/dpa

Lebensmittel Die Preise für Rindfleisch klettern von einem Rekord zum nächsten. Das betrifft selbst Hackfleisch. Ein Grund: In deutschen Ställen stehen immer weniger Kühe.

Jetzt im Herbst kommt wieder die Zeit von Braten und Filet, vorbei ist der große Appetit auf Steak vom Grill. So ein Rinderfilet, medium rare, mit Portweinsoße, Prinzesskartoffeln mit Speckbohnen ist für viele Menschen ein Genuss. Allerdings gönnen sie sich das immer seltener. Denn auch wenn Rindfleisch im Verhältnis zu anderen Fleischsorten nie die günstigste Wahl war, ist es in den vergangenen Monaten durch mehrere Preissprünge sehr teuer geworden. Das hat selbst Experten überrascht. Filet, Steaks und sogar Hackfleisch werden so immer mehr zu einem Luxusgut.

Das wird vor allem deutlich, wenn man eine längere Zeitspanne in den Blick nimmt. Beispiel Hackfleisch: Rinderhack wurde seit 2020 um 73 Prozent teurer und liegt auf einem Rekordniveau. Bei Aldi Süd bekamen Kunden vor einigen Tagen Aktionsware in der XXL-Packung für 9,99 Euro pro Kilogramm, bei Rewe im Angebot für 13,32 Euro, wie das Branchenmedium Agrarheute festgestellt hat. Ohne Aktion liegen die Preise noch höher.

Rindfleisch zum Kochen ist mittlerweile knapp 62 Prozent teurer als vor fünf Jahren, Fleisch zum Schmoren oder Braten kostet 46 Prozent mehr. Für Rinderroulade oder -lende zahlen Verbraucher derzeit 43 Prozent mehr Geld als damals. „Kilopreise von 40 bis über 50 Euro für Rindersteak von guter Qualität sind keine Ausnahme“, berichtet die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI).

Nachfrage bricht nicht ein

Die Verbraucherinnen und Verbraucher reagieren auf die hohen Preise. Allerdings seien bisher keine großen Einbrüche bei der Nachfrage zu erkennen, sagt Mechthild Cloppenburg, AMI-Produktmanagerin Fleischwirtschaft, im Gespräch. Aber gerade höherwertige Qualitäten wie Filet oder Rumpsteak seien vielen inzwischen zu teuer. „Jetzt greifen sie eher zu Roulade und Gulasch, die sind etwas günstiger.“ Oder zu Hackfleisch.

Für Cloppenburg liegen die Hintergründe der hohen Preise auf der Hand. Während die Rindfleischnachfrage in den vergangenen Jahren relativ stabil geblieben sei, wurde das Angebot immer knapper. Von 12,65 Millionen Tieren im Jahr 2015 hat der deutsche Rinderbestand sich auf 10,3 Millionen im aktuellen Jahr 2025 verringert. Allein von Januar bis Juli dieses Jahres wurden rund 7 Prozent weniger Rinder geschlachtet als im Vorjahr. „Immer weiter rückläufige Bestände in Deutschland und in der EU führen dazu, dass die Preise so hoch sind. Sowas hab ich noch nicht erlebt“, sagt die AMI-Expertin.

Mit ihren Kollegen ist sie auch dafür zuständig, Schaubilder über die Preisentwicklung zu gestalten. „Wenn wir die Charts bauen, muss ich fortlaufend oben die Legende erweitern. So hoch ging das bisher einfach nie“, erzählt sie. Als Beispiel nennt sie die Erzeugerpreise aus der Kalenderwoche 40, also das Geld, das der Landwirt vom Schlachter bekommt. Die hätten in den Vorjahren meist um die 5 Euro gelegen, manchmal auch an der 6-Euro-Grenze gekratzt. Für einen Jungbullen der Handelsklasse R3 wurden nun 7,20 Euro pro Kilo Schlachtgewicht gezahlt. Vor einem Jahr waren es noch 5,21 Euro – 38 Prozent weniger.

Einen weiterer Vorteil der Lage für die Bauern fasst die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) mit einem Satz zusammen: „Auf dem deutschen Schlachtrindermarkt können die verfügbaren Stückzahlen vollständig abgesetzt werden“. Doch warum stehen immer weniger Kühe in deutschen Ställen? Zum einen wegen Futtermittelunsicherheit, erklärt die Expertin. Die Wetterextreme in den vergangenen Jahren wie beispielshaft die zwei Dürrejahre 2018 und 2019 hinterließen Eindruck, denn Rinderbauern sind auf die eigene Futterproduktion angewiesen. „In den trockenen Jahren kam beispielsweise weniger Silage zustande, was wir sofort an den Schlachtzahlen merkten“, erzählt Cloppenburg. Die stiegen kurzfristig stark an, weil die Bauern ihre Rinderherden aus Furcht, zu wenig Grundfutter für ihre Tiere zu haben, reduzierten. Diese Bestände wurden häufig nicht mehr wieder aufgestockt.

Außerdem seien die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht einfach, die Anforderungen würden immer höher. „Hinzu kommen noch die Auswirkungen der Blauzungenkrankheit, die auch zu Rückgängen geführt hat“, so die AMI-Expertin.

Ihrer Meinung nach bleibt in allen Gliedern der Kette etwas von den hohen Preisen hängen. Zwar hätten auch Landwirte, Schlachter und Handel mit höheren Kosten zu kämpfen, „aber die senken ihre Margen nun bestimmt nicht“. Die Bauern hätten pro Bulle einen höheren Verdienst als noch vor ein oder zwei Jahren. „Jeder, der schon Rinder hat, packt seine Ställe aktuell mit Tieren voll“, vermutet sie.

Neueinstiege in dieses Geschäft, die den Rückgang ausgleichen könnten, allerdings erwartet sie nicht. „Es würde Jahre dauern und viel Geld kosten, einen Stall zu bauen. Und es ist wegen der hohen Auflagen auch nicht einfach“, erklärt Cloppenburg. Auch Importe aus anderen Ländern tragen nicht umfassend zur Entspannung des Marktes bei.

Importware, beispielsweise das berühmte Rindfleisch aus Argentinien, sei ebenfalls nicht im Überfluss und günstig zu haben, außerdem gebe es da logistische Probleme. Das Fleisch komme auf dem Schiffsweg nicht immer zuverlässig und rechtzeitig in Europa an.

Ihre Prognose für die nächste Zeit ist klar: Es wird langfristig Rindfleisch geben, aber es bleibt teuer. „Diese Preise sind keine Eintagsfliege, die Preise werden nicht nur ein paar Monate so hoch bleiben.“ Aber auch wenn das hohe Niveau bleibe, dürften die extremen Preisanstiege nachlassen.

Für die Bauern werden die Rahmenbedingungen in Deutschland immer schwieriger.

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