Igel in Not –  Pflegerinnen am Limit

Tierschutz In Wurmlingen und in der Region kämpfen Igelpflegerinnen um das Überleben von Tieren in Not. Doch die steigenden Zahlen bringen sie an ihre Grenzen.

Neun Küchenhandtücher hängen ordentlich an der Wand, beschriftet mit Namen: darunter Henry, Clara, zwei Emils. Daneben kleine Teller, ebenfalls namentlich zugeordnet. Aus dem Nebenraum dringen leise Schmatzgeräusche. Der erste Eindruck täuscht: Die TAGBLATT-Redakteurin besucht keine Kleinkindgruppe, sondern eine Igelpflegestelle in Wurmlingen.

Schon seit eineinhalb Stunden ist Carola Schmid zugange: Sie hat wie jeden Morgen alle Kisten gründlich gereinigt, bevor sie zur Arbeit geht. „Hygiene ist das A und O“, betont die Igelpflegerin. Jeder Igel hat sein eigenes Tuch und eigenes Schälchen. Nach jeder Boxenreinigung wechselt Schmid die Einweghandschuhe. „Igelpflege ist sehr aufwendig.“

Aktuell versorgt sie sieben Igel und eine Igelmutter mit sechs Babys. „Wir haben Aufnahmestopp“, sagt Schmid. Die kleine Igelfamilie kam am Morgen als Notfall herein. Sie war tagsüber unterwegs – ein sicheres Anzeichen für Krankheit und Schwäche. Jetzt schläft die Mutter mit drei Jungen an ihren Zitzen. „So liegt kein gesunder Igel da“, sagt Sandra Gleich, die in ihrer Pflegestelle in Gammertingen aktuell 28 Igel betreut.

Ein Tier darf heute zurück in die Freiheit: Henry, der mit Husten und Lungenwürmern gefunden wurde, hat sich erholt. In den Händen der Pflegerin rollt er sich sofort zu einer Kugel zusammen und zeigt damit eine natürliche und gesunde Abwehrhaltung.

Verein Herzensigel

Vor einem Jahr gründeten Sandra Gleich, Carola Schmid und weitere sieben Igelpflegerinnen den Verein Herzensigel. „Auch unsere Männer sind dabei“, sagt Schmid, seit kurzem Vorsitzende. Deutschlandweit schlossen sich bisher elf Pflegestationen dem Verein an – bisher haben sie 1378 Igel aufgenommen. „Wir haben uns hohe Pflegestandards auferlegt“, sagt die Vorsitzende. Das sei aufwendig und teuer. Zwischen 100 und 150 Euro fielen für Tierarztkosten pro Igel an, eine Zahnsanierung koste 200 Euro. Immer häufiger würden Igel durch Mähroboter und ähnliche Gartengeräte verletzt – nicht selten so schwer, dass sie eingeschläfert werden müssten. Das belastet die Pflegerinnen. Ihr Ziel bleibt die Auswilderung der Igel.

Dafür nehmen sie einiges auf sich, etwa nachts um 23 Uhr Maden aus Wunden zu entfernen und Igelbabys im Zwei-Stunden-Takt zu füttern. Und das zusätzlich zu ihren Vollzeitjobs. Bei Carola Schmid hilft die ganze Familie mit. „Jeder Igel, der zu uns kommt, würde ohne unsere Hilfe sterben“, sagt sie.

„Wir arbeiten sehr eng mit igelkundigen Tierärzten zusammen“, betont Schmid. Aber auch die eigenen Pflegestationen seien sehr gut ausgestattet. Der Inkubator dient in erster Linie dazu, unterkühlte Igel zu wärmen – seien es Säuglinge oder schwer kranke, erwachsene Tiere, die ihre Körpertemperatur nicht mehr selbst halten können. Bei Atemnot lässt sich zusätzlich Sauerstoff zuführen. Am Mikroskop untersuchen die Igelpflegerinnen Kotproben auf Parasiten. „So sparen wir wertvolle Zeit und können gleich mit der Behandlung beginnen“, sagt Gleich.

Finder tragen Mitverantwortung

Die Ehrenamtlichen stoßen an ihre Grenzen – auch wegen der Erwartungen von außen. „Es rufen Finder bei uns an und verlangen, dass wir nachts zu ihnen fahren, um Igel in ihrem Garten zu suchen.“ Das könnten sie nicht leisten, stellen sie klar. „Wir haben alle Vollzeitjobs und müssen uns nebenher um unsere vollen Igelstationen kümmern.“

Finder müssten auch Verantwortung tragen, sagen die Igelpflegerinnen. Im ersten Schritt bedeutet das: Tiere sichern und Kontakt zu einer Pflegestation aufnehmen. „Wir finden eine Lösung“, so Schmid. Manchmal verweisen die Experten an andere Pflegestellen, manchmal helfe auch ein Austausch: „Wir nehmen die kranken Igel auf, und die Finder übernehmen einen Jungigel.“ Dieser müsste dann noch regelmäßig gefüttert werden, bevor er ausgewildert werden kann.

Fehlerhafte Hilfe sei oft fatal. Milch könne für Igel tödlich sein, da sie stark laktoseintolerant seien. Oft werde das Tier fälschlicherweise mit einem Apfel dargestellt. „Der Igel will den Wurm im Fallobst, nicht den Apfel“, erklärt Gleich.

Eigentlich sollten Igel jetzt Winterschlaf halten – doch zuvor müssen sie sich Fettreserven anfressen, um die kalte Jahreszeit zu überstehen. Wegen Insektenmangels und milden Wintern finden viele Tiere jedoch nicht genug Nahrung. Einige fressen aus Hunger sogar Steine und Erdklumpen. Seit Oktober steht der Igel auf der Roten Liste.

Die Zahl der hilfsbedürftigen Tiere wächst daher stetig, und die Hochsaison mit verwaisten Jungtieren beginnt gerade erst. Winterpausen für die Igelpflegerinnen gibt es kaum noch. „Geht es so weiter, könnten Igel in zehn Jahren ausgestorben sein“, fürchten die Pflegerinnen.

Ein besonders schwaches Tier sei derzeit Frieda, die dringend eine Zahnsanierung brauche. Noch wirke sie „erbärmlich“ – viel zu dünn und spitzgesichtig. Doch die Pflegerinnen sind zuversichtlich: „Sie wird es schaffen.“ Trotz ihres fortgeschrittenen Alters. „Igel sind hart im Nehmen“, sagt Gleich. „Sie gehören zu den ältesten Säugetieren auf der Welt. Sie haben die Dinosaurier überlebt.“

Zwei Läufer erreichen Tuttlingen

Wettkampf In nur sechs Tagen versuchten vier Ultraläufer den kompletten Albsteig (HW1) zu bewältigen.

Kreis Tübingen. Die erste „Albsteig Trailrunning Challenge“ ist zu Ende gegangen. Vom 30. September bis zum 5. Oktober haben zwei von vier Ultraläuferinnen und -läufer aus der Region den kompletten Albsteig (HW1), insgesamt 360 Kilometer und über 8000 Höhenmeter in nur sechs Tagen bewältigt. Der Wettkampf wurde vom Schwäbischen Alb Tourismusverband (SAT) organisiert. Teilgenommen haben Angela Wegele, Karlheinz Dravec, Melanie Bernardino Rodrigo und Manuel Schmied. Verletzungspech begleitete das Team allerdings bereits vor dem Start, als zwei angemeldete Läufer kurzfristig absagen mussten.

Die Strecke, die Wandernde normalerweise in zwei bis drei Wochen absolvieren, verlangte von den Läufern bei oft widrigen Bedingungen – Regen, Sturm, Kälte und rutschige Trails – Ausdauer, Willenskraft und Teamgeist. Trotz des rauen Wetters und anspruchsvoller Etappen war die Stimmung im Team positiv, wie es in einem Bericht von SAT heißt.

Am Ende konnten aber nur die Top-Ultraläuferin Angela Wegele und Kalle Dravec die gesamte Strecke erfolgreich beenden. Sie wurden in Tuttlingen mit Medaillen ausgezeichnet. Melanie Bernardino Rodrigo und Manuel Schmied mussten verletzungsbedingt während der Challenge aussteigen. Besonders bitter war dies für Rodrigo, die erst kurz vor dem Ziel aufgeben musste.

Kalle Dravec avancierte durch seine Motivationssprüche schnell zum Publikumsliebling in den sozialen Medien – der 66-Jährige lief symbolisch in die Rente und präsentierte sich als Botschafter der Alb.

Das Organisationsteam um Heiko Zeeb lobte die sportliche Leistung und den Teamgeist der Gruppe.

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