Wohnblock mit teurer Tiefgarage

  • In Steinwurfnähe zum Mössinger Bahnhof ist ein Wohngebäude mit 28 Wohneinheiten geplant – trotzdem soll es für jede Wohnung 1,2 Autostellplätze geben, also insgesamt 34, die in einer Tiefgarage unterkommen. Diese wiederum macht das Bauprojekt so teuer, dass zumindest die Kreisbau als Vermieterin keine Sozialwohnungen unterstützen würde. Foto: Jürgen Meyer/Archiv
  • Trotz der Nähe zum Bahnhof soll es für jede Wohnung 1,2 Autostellplätze geben, also insgesamt 34, die in einer Tiefgarage unterkommen. Diese wiederum macht das Bauprojekt so teuer, dass zumindest die Kreisbau als Vermieterin keine Sozialwohnungen unterstützen würde. Gorden Richter Architekturbüro
  • Der Wohnblock soll zwischen der Freiherr-vom-Stein-Straße (unten), dem Omnibusbahnhof (links neben der rot markierten Fläche) und der vorhandenen Bebauung entstehen. Ganz links sind die Bahngleise zu sehen. Stadtverwaltung Mössingen/Geoportal BW

Bauvorhaben Fast 30 Wohnungen sollen nahe des Mössinger Bahnhofs entstehen. Ob darunter aber auch Sozialwohnungen sind, ist fraglich.

Beim Mössinger Bahnhof sollen 27 barrierefreie (und davon 21 Rollstuhl-gerechte) Wohnungen mit einer Größe von 50 bis 90 Quadratmeter entstehen sowie eine großzügige Dachgeschosswohnung. Auf dem fast dreieckigen, rund 1420 Quadratmeter großen Grundstück Freiherr-vom-Stein-Straße 36, das an den ZOB angrenzt, stehen ein seit etwa zwei Jahren leerstehendes, baufälliges Wohngebäude sowie eine Garage. Beide Gebäude will der Investor abreißen lassen, um das von ihm geplante vier- bis fünfgeschossige Haus in L-Form mit Flachdach bauen zu können. Der Zugang zu den Wohnungen verläuft über Laubengänge.

In dem Quartier befinden sich außer dem Mössinger Rathaus und der katholischen Kirche samt Gemeindehaus einige Reihenhäuser sowie Ein- und Mehrfamilienhäuser und ein Wohn- und Geschäftshaus. Darüber hinaus ist dort das Haus der Region geplant – mit Arbeitsplätzen für Dutzende Beschäftigte von Regionalverband und Zweckverband Regionalbahn sowie einem Café. Mit dem geplanten Wohngebäude sollen laut Stadtverwaltung bereits erschlossene Flächen aktiviert und somit das Potenzial der Innenentwicklung genutzt werden. Als Teil des „Rathausquartiers“ trage die Nachverdichtung „neben der Schaffung von neuem Wohnraum zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung bei“.

1,2 Stellplätze pro Wohnung

Geplant sind vier Geschosse plus Dachgeschoss. Die Gebäudeteile sind rund 3,50 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt, sowohl auf der Süd- als auf der Westseite sind Loggien in einer Tiefe von 2,50 Meter vorgelagert. Das Dach soll begrünt und, „soweit möglich, mit Photovoltaik belegt“ werden, so der Investor. Das Untergeschoss ist in Stahlbeton geplant, die Obergeschosse als massives Ziegelbauwerk. Geplant sind Abstellflächen für rund 60 Fahrräder (ebenerdig) sowie Plätze für Rollstühle oder Kinderwagen (im Untergeschoss). Das Dach wird laut Investor „soweit sinnvoll und möglich“ mit Photovoltaik ausgestattet. Die Fassaden werden teilweise begrünt, die Dächer „soweit möglich“ extensiv begrünt und die Tiefgaragendecke sowie der Dachgarten „intensiv begrünt“.

Die Verwaltung hatte dem Investor mitgeteilt, dass sich der Gemeinderat 1,2 Stellplätze pro Wohneinheit und geförderte Wohnungen wünscht. Dem geforderten Stellplatzschlüssel hat der Investor zugestimmt: Es soll eine Tiefgarage geben. Allerdings plane er, die Wohnungen (die laut Verwaltung großteils die Kriterien der Förderfähigkeit für sozialen Wohnraum erfüllen) zu verkaufen. Die Käufer könnten dann Förderanträge stellen – er selbst vermiete keine Wohnungen.

Allerdings könne er sich vorstelle, drei Wohnungen zu einem reduzierten Quadratmeterpreis zu verkaufen, etwa an die Stadt Mössingen, wenn diese Wohnungen öffentlich gefördert wären, teilte der Investor vor der Gemeinderatssitzung schriftlich mit. Bei einem derart großen Bauprojekt sei mehr möglich, kritisierte Ulrike Hagemann (Grüne). Ob die Stadt darüber nachgedacht habe, zum Beispiel mit der Kreisbau in Kontakt zu treten? Schließlich werde die Stadt ja kaum selbst als Vermieterin auftreten. Die LiST kritisierte, dass es keinen städtebaulichen Vertrag über die Zahl der Sozialwohnungen gibt – und dass trotz Bahnhofsnähe so viele Stellplätze vorgesehen sind.

Man werde versuchen, in der Hinsicht noch auf den Investor einzuwirken „und dann schauen, welche neuen Erkenntnisse da sind“, sagte Bürgermeister Martin Gönner. Oberbürgermeister Michael Bulander erklärte, dass die Tiefgarage „enorme Kosten“ verursache, weshalb die Kreisbau keine Sozialwohnungen mit Tiefgarage anbiete. Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft sieht Bulander für Mössingen auch nicht als Alternative. Mit Blick auf Rottenburg sagte er, eine Wohnbaugesellschaft könne zwar laut Medienberichten ein Erfolg sein. „Aber die städtischen Haushalte werden dadurch gesprengt.“

Keine Umweltprüfung

Weshalb den Unterlagen zufolge keine Umweltprüfung vorgesehen sei, fragte Julia Terbrack (Grüne). Da das Grundstück kürzlich gerodet wurde und es dort keine Bäume oder Hecken gibt, könne auf eine artenschutzrechtliche Relevanzprüfung hoffentlich verzichtet werden, sagte Gönner. „Wenn wir Glück haben, kommen wir drumherum.“ Der Verwaltung zufolge besteht kein begründeter Verdacht, „dass geschützte Tier- oder Pflanzenarten oder ihre Lebensräume durch das Vorhaben beeinträchtigt werden“. Hinzu komme, dass die Büros, die solche Umweltprüfungen machen, derzeit kaum Kapazitäten hätten. Wenn‘s blöd läuft, müsse man deswegen weitere ein, zwei Jahre warten, in denen sich die Baukosten weiter erhöhen.

Bulander meinte, „wir können froh sein, wenn wir solche Maßnahmen nicht brauchen“. Die Bauvorschriften gelte es zu „entschlacken“. Man müsse dringend Wohnraum schaffen. „Über Geschmacksfragen reden wir hier nicht“, so der OB. „Aber wir können froh sein, wenn Wohnraum geschaffen wird auf einem Grundstück, wo eine Hütte draufsteht, die fast baufällig ist“. Und Judith Rexer tat für ihre Fraktion kund: „Für uns als CDU darf’s auch Wohnungen auf dem Markt geben, die nicht gefördert werden.“ Bei zwei Gegenstimmen von der LiST und zwei Enthaltungen stimmte der Gemeinderat schließlich zu, einen passenden Bebauungsplan für das Areal aufzustellen.

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