Das Dilemma mit der Schul-IT
IT Die technische Ausstattung Tübinger Schulen ist dank des Digitalpakts grundsätzlich gut. Dennoch läuft vieles nicht rund – oder eben gar nicht.
Defekte Notebooks, die seit Monaten „herumliegen und nicht zum Einsatz kommen“, weil sie nicht repariert werden; iPads, beschafft und ausgeliefert, die ein Jahr auf die Konfiguration warten; Schulcomputer, die schon bei Power-Point in die Knie gehen: Die IT-Welt im Schulalltag ist oft alles andere als zufriedenstellend. Das spiegelt ein Stimmungsbild, das Andrejs Petrowski, vormals geschäftsführender Schulleiter Tübinger Gymnasien, auf Bitten der Stadträte Ingeborg Höhne-Mack (SPD) und Thomas Unger (Tübinger Liste) zusammengestellt hat.
Auch und gerade bei der Beschaffung von Hardware gibt es Probleme. Bis neue Geräte tatsächlich im Schulhaus sind, muss in Tübingens Gymnasien oft lange durchgehalten werden. An der Geschwister-Scholl-Schule zum Beispiel wurden im Mai 2023 fünf digitale Tafeln bestellt. Zwei Jahre später war die Lieferung immer noch offen. Das Uhland-Gymnasium orderte im Dezember 2023 zwei Notebook-Wagen – und erhielt sie im März 2025. Hinzu kommt: Da die Beschaffung zentral über die Stadt läuft, kann „dieser Arbeitsbereich der Verwaltung leider nicht anders als dysfunktional beschrieben werden“, so Petrowski in dem Schreiben.
Geld aus dem Digitalpakt
Die Ausführungen waren Teil eines Überblicks, das die Verwaltung auf Antrag von AL/Grünen zum Thema Schul-IT zusammengetragen hat. Wesentliche Punkte darin: Digitalpakt, Personalsituation, Auswirkung der Haushaltskürzungen. Im jüngsten Verwaltungsausschuss bestätigte ein Mitglied des Jugendgemeinderates den Eindruck: An den Schulen läuft es diesbezüglich nicht rund. Dabei ist die technische Ausstattung grundsätzlich gut, wie die Rektorin der Hans-Küng-Gemeinschaftsschule Angela Keppel-Allgaier sagt. Tübingen stieg früh in den Digitalpakt (2019) ein und bekam gut 3 Millionen Euro von Bund und Land. Die Stadt übernahm einen Eigenanteil von 20 Prozent. Das Geld wurde laut Sitzungsvorlage „vollständig für die Verbesserung der IT-Infrastruktur sowie Ausstattung der städtischen Tübinger Schulen verwendet“. Lokale Server, WLAN, digitale Arbeitsgeräte: Damit konnte viel „umgesetzt werden“. Auch der Leiter des Fachbereichs Digitalisierung, Michael Politz, sagt: „Unterrichtsräume wurden flächendeckend mit WLAN und moderner Medientechnik ausgestattet, und die Schülerinnen und Schüler erhielten digitale Endgeräte.“
Zu wenig Mitarbeitende
Woran hapert es also? Zusammengefasst: am Support. „Durch Arbeitszeitreduzierung, Elternzeit und krankheitsbedingte Ausfälle standen den Schulen in den Jahren 2024/2025 nur zirka 60 Prozent der Arbeitszeit der Mitarbeitenden der Schul-IT zur Verfügung“, fasst Petrowskis Nachfolgerin Anne Gaißer zusammen. „Das hatte natürlich Auswirkungen auf die Schulen: Neubeschaffungen wie digitale Tafeln oder Monitore konnten nicht montiert werden, bereits beschaffte Notebooks nicht eingepflegt werden“, so die Rektorin des Wildermuth-Gymnasiums. Dabei müssten sehr viele Geräte, die in den vergangenen Jahren angeschafft wurden, gewartet oder ausgetauscht werden. „Auch hier kam es zu Verzögerungen.“
Im Stellenplan der Stadt stehen für die Betreuung der Schul-IT 5,6 Stellen. Hinzu kommen zwei Medientechniker mit umfassendem Aufgabengebiet. „Die Zusammenarbeit der Schulen mit der Schul-IT und den beiden Medientechnikern ist vertrauensvoll und gut“, so Gaißer. Aus oben genannten Gründen waren jedoch über einen längeren Zeitraum nur noch 3,5 Kollegen an Bord – deutlich zu wenig für alle Schulen Tübingens. „Es ist alleine das eklatante Missverhältnis zwischen der Menge der zu betreuenden Geräte und den dafür zur Verfügung stehenden Personalressourcen, das zu den unbefriedigenden Zuständen führt“, so Petrowski.
Betrieb, Wartung, Support
Die Krux: Das Geld aus dem Digitalpakt deckte „ausschließlich Ausstattung und Infrastruktur ab“, so Politz – nicht Betrieb, Wartung und Support, dies müssen Schulträger und Lehrkräfte leisten. „Auch der Austausch der Geräte liegt bei uns als Schulträger.“
Damit, dass bald Personal aufgestockt wird, ist mit Blick auf die angespannte Haushaltslage nicht zu rechnen. Stattdessen wird an den Abläufen gearbeitet: Künftig soll es beispielsweise verschlankte Abrechnungsprozesse geben und keine Einzelbestellungen mehr. Kleinmaterialien können von den Medientechnikern eigenständig bestellt werden.
Laut Politz „entspannt sich die Situation“ langsam. Rückstände könnten „nach und nach aufgearbeitet werden“. Eine Aufstockung der Stellen sei derzeit nicht vorgesehen. Und auch Gaißer sagt: „Wünschenswert wären natürlich zusätzliche Stellen in der Schul-IT, aber dafür, das hat Herr OB Palmer in der Sitzung sehr deutlich gemacht, sind keine finanziellen Ressourcen vorhanden.“ Die Schulen hofften, dass sich die Personalsituation verbessert – „es gibt Anzeichen dafür.“
Wünschenswert wären natürlich zusätzliche Stellen in der Schul-IT. Michael Politz, Leiter Fachbereich Digitalisierung