Gutachter findet keinen Bauschutt

Justiz Die Schadenersatzklage eines Ehepaars aus dem Gaildorfer Baugebiet Wörlebach gegen die Stadt droht in erster Instanz zu scheitern.

Auch der zweite der sogenannten Gaildorfer „Bauschuttfälle“ steht vor dem Abschluss. Der Stadt Gaildorf wird von den klagenden Bewohnern des Großaltdorfer Neubaugebiets Wörlebach vorgeworfen, bei dem Verkauf der Baugrundstücke nicht ehrlich vorgegangen zu sein. Die Vertreter der Stadt sollen bei Vertragsabschluss verschwiegen haben, dass im Zuge der Erschließung auf das einstige Ackerland mutwillig Bauschutt aufgebracht worden sei. Eine Lehrerin aus der Rotmilanstraße ist mit ihrer Klage auf Schadenersatz vor dem Landgericht bereits gescheitert. Jetzt droht einem Wörlebacher Ehepaar, dessen Klagevorbringen vergleichbar ist, dasselbe Schicksal.

Die beiden heute 34-jährigen Eheleute erwarben ihr Grundstück im November 2019 von der Stadt Gaildorf. In dem Kaufvertrag findet sich ein Sachmängelausschluss.

Und weiter: Eine besondere Baugrundbeschaffenheit wird ausdrücklich nicht zugesichert. Angesichts des harten steinigen Bodens vermissten die Eheleute den Humus, den sie erwartet hatten. Er war angeblich von der Gmünder Baufirma Georg Eichele, die mit der Erschließung des Baugebiets beauftragt worden war, rückübertragen worden. Sie sorgten sich zudem um deponiepflichtigen Abfall, den sie in ihrem Boden vermuteten. Ihr Verdacht: Mitarbeiter der Firma Eichele hatten den Boden gezielt mit Bauschutt aufgefüllt.

Die Eheleute verklagten mithilfe ihres Gaildorfer Anwalts Gerhard Rehmann die Stadt auf 12.000 Euro Schadenersatz. Die Vertreter der Stadt bestritten von Anfang an den Vorwurf. Sie verkündeten dem involvierten Bauunternehmen Eichele den Streit. Dort beteuert man, keinen Bauschutt verstreut zu haben.

Kein Einvernehmen erreicht

Das hoch umstrittene Verfahren liegt in den Händen des Vizepräsidenten des Heilbronner Landgerichts, Dr. Bodo Mezger. Er hat jetzt zusammen mit den Parteien in einem mündlichen Verhandlungstermin den Stand der Dinge erörtert. Geladen war das Klägerehepaar selbst und sein Anwalt Gerhard Rehmann. Ihnen gegenüber saßen die Anwälte Dr. Frank Eisenmann (Stuttgart) für die Stadt Gaildorf und Frank Dollhopf (Schwäbisch Gmünd) für das Unternehmen Eichele. Entscheidend aber war, was der ebenfalls geladene Gutachter Dr. Wulf-Rainer Köhler (Eppingen) berichtete.

Der Hydrogeologe hat auf dem Grundstück des Klägerehepaars im Februar dieses Jahres vier Bodenproben gezogen. Bei klirrender Kälte hat einer seiner Mitarbeiter einen Meter tief gebohrt und die gewonnene Erde in Eimer umgefüllt. Köhler untersuchte das Material labortechnisch, wie vom Gericht gefordert. „Ich habe keinen Bauschutt gefunden“, sagt Köhler jetzt im Heilbronner Gerichtssaal.

Anwalt Rehmann spricht ihn auf den Mohn und die Disteln an, die im Wörlebacher Baugebiet auf den Baugrundstücken nach der Erschließung reichlich wuchsen. Die Kläger meinen, die Pflanzen sollten die aufgebrachte Schutt­erde verdecken. Köhler betont, dass er kein Gutachter für Pflanzenkunde sei, aber er weiß: „Disteln wachsen immer und überall, wo sie ihre Samen ausbringen, auch in meinem Garten.“

Einen Vergleich mit der Klägerseite zu schließen, kommt für Anwalt Dr. Eisenmann nicht infrage. Richter Dr. Mezger beendet daraufhin die Verhandlung. Ob er Ende November das Urteil verkünden wird, bleibt offen.

Berufung eingelegt

Zurück zur anfangs erwähnten Klage der Wörlebacher Lehrerin: Ihr Schadenersatzprozess ging zwar verloren, aber bisher nicht endgültig. Die Lehrerin hat Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart eingelegt. Ihre Klage fußt einerseits auf einer ausführlichen Foto-Dokumentation, die ihr Ehemann erstellt hat. Zudem ist ein erster Beweis gelungen. Denn der auch in ihrem Verfahren bestellte Gutachter Dr. Köhler hat tatsächlich Bauschutt auf ihrem Grundstück gefunden.

Auch hier ist der Gaildorfer Anwalt Gerhard Rehmann der Klagevertreter. Rehmann setzt darauf, dass das Oberlandesgericht verschiedene Zeugen vernehmen wird. Genau das hatte er sich auch von dem Heilbronner Landgericht erhofft, aber Zeugen wurden nicht geladen.

Räte hören Vertrauenspersonen

Politik Der Oberroter Gemeinderat soll feststellen, dass das Bürgerbegehren gegen die Strietwiesen-Erweiterung zulässig ist.

Oberrot. Viele Gäste füllen die Stühle im Gemeinderat am 13. Oktober im Rathaus. Das Interesse ist offenkundig groß, denn es geht um das Bürgerbegehren zur Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses „Strietwiesen-Erweiterung XI“. Die Gemeinde hat Margarete Wörner und Martin Stengelin zur Sitzung eingeladen. Die beiden Vertrauenspersonen für das Bürgerbegehren von der Initiative Lebenswertes Rottal (IGLR) nehmen am Ratstisch Platz und führen ihr Anliegen aus. Katrin Häfner, die dritte Vertrauensperson, lässt sich entschuldigen. Bürgermeister Peter Keilhofer fasst zu Beginn des Tagesordnungspunktes den aktuellen Stand der Dinge zusammen.

Am 21. August hatten Vertreter der IGLR die gesammelten Unterschriften bei der Gemeinde eingereicht. Die vorgegebene Frist von drei Monaten wurde damit eingehalten. 536 Unterschriften von wahlberechtigten Personen liegen vor, 197 hätten bereits genügt, um das Verfahren einzuleiten, „das notwendige Quorum ist damit erreicht“, heißt es in der Sitzungsvorlage.

Das Kommunalamt habe bestätigt, dass die Voraussetzungen für das Verfahren erfüllt sind, erklärt Keilhofer. „Wenn wir heute beschließen, dass alles formal korrekt war, und wir das Bürgerbegehren als zulässig erachten, muss innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten der Bürgerentscheid durchgeführt werden.“

In einer Tischvorlage werden die Räte darüber hinaus informiert, dass die Gemeinde sich mit der Initiative ausgetauscht habe, ob der Bürgerentscheid auch nach Ablauf der Frist, nämlich zusammen mit der Landtagswahl vorgenommen werden kann, um Synergien bei der Planung und Organisation zu nutzen. „Wir bräuchten auf diese Weise nur einmal die Wahlräume, die Wahlverantwortlichen und die Wahlhelfer“, so Keilhofer.

Vorhaben sei unzulässig

Dann erhalten die Vertrauenspersonen ihre Redezeit.„Wir wissen, dass ein starker Gewerbestandort wichtig ist“, verkündet Martin Stengelin den Räten. „Aber mit dieser erneuten, massiven Erweiterung sehen wir eine kritische Grenze überschritten.“ Bereits vorhandene Probleme, wie die Belastung durch LKW-Verkehr, Lärm und Luftverschmutzung seien bis heute nicht gelöst. „Wenn Binderholz durch die Erweiterung noch näher an die Wohnbebauung heranrückt, werden die Probleme verschärft und nicht gelöst.“ Vor allem auch, dass die Erweiterung in einem Überschwemmungsgebiet liegt, macht der Initiative Sorgen.

Margarete Wörner hebt hervor, dass Oberrot im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald liegt. „Ein Raum, der sich durch Vielfalt, Eigenart und Schönheit auszeichnet und für die Erholung von Mensch und Natur von großer Bedeutung ist.“ Das Landschaftsbild sei durch die Bebauung bereits gestört und die verträgliche Größe überschritten. Trotz der Informationsveranstaltung im Oktober 2024 seien nach wie vor Fragen nach den genauen Bauvorhaben und deren Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Gesundheit unbeantwortet.

Interessen kollidieren

Martin Stengelin formuliert den Interessenkonflikt zwischen Bewohnern, der Wirtschaft und der Natur so: „Wie viel Wachstum ist verantwortbar und wie viel Raum bleibt für kommende Generationen? Dürfen wir innerhalb einer Generation die sinnvoll bebaubare Fläche verplanen?“ Der Bürgerentscheid sei eine Entlastung für alle und ein demokratisches Instrument, um Vertrauen wieder aufzubauen und die Verantwortung auf viele Schultern zu verteilen.

Wörner stellt klar, dass der Bürgerentscheid keine Fronten aufbauen möchte: „Nicht Konfrontation, sondern Miteinander. Nicht Spaltung, sondern Beteiligung.“ Es gehe nicht um das Dafür oder Dagegen, sondern um die gemeinsame Verantwortung für Oberrot und die attraktive Umgebung.

Eine kleine Debatte um die Details entsteht. Elf Räte stimmen schließlich für die Zulassung des Bürgerbegehrens, Sandra Thalacker und Marina Schulz stimmen dagegen. Der Rat votiert überdies einstimmig, dass das Begehren zusammen mit der Landtagswahl am 8. März stattfinden kann. Hierzu fehlt allerdings die Zustimmung der Vertrauensleute, die sich darüber noch beraten wollen. Alternativ könnte der Bürgerentscheid auch am 8. Februar stattfinden. Das ist der letzte Sonntag innerhalb der viermonatigen Frist.

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