Werk von Koerbecke übergeben

Raubkunst Bayerische Staatsgemäldesammlung gibt „Vision des Heiligen Bernhard“ zurück an die Erben der Besitzerin.

München. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen haben das Werk „Die Vision des Heiligen Bernhard“ von Johannes Koerbecke (1407-1491) an die Erben von Ellen Funke (1869-1947) zurückgegeben. Es war seit 2020 bei der Lost-Art-Datenbank gemeldet, wie das Haus mitteilte. Diese dokumentiert Kulturgüter, die den Verfolgten der NS-Diktatur zwischen 1933 und 1945 entzogen wurden oder für die ein derartiger Verlust nicht auszuschließen ist.

Die aus Hamm stammende Funke war laut Mitteilung Begünstigte von Kunstwerken einer bedeutenden Privatsammlung mit Wurzeln im 19. Jahrhundert. Aufgrund der jüdischen Herkunft ihrer mütterlichen Vorfahren wurde die Frau im Nationalsozialismus als „jüdischer Mischling ersten Grades“ eingestuft und systematisch verfolgt.

Ursprünglich hatte der jüdische Mediziner Alexander Haindorf die Sammlung auf Gut Caldenhof bei Hamm mit seiner Tochter Sophie und deren Ehemann Jakob Loeb aufgebaut. Nach der Auflösung 1936 seien die Werke unter den Nachkommen aufgeteilt worden, unter den Erben war auch Ellen Funke. Ihre Sammlung umfasste den Angaben zufolge 101 Kunstwerke, darunter das Koerbecke-Gemälde. Dieses verkaufte sie 1936 an die Galerie Stern in Düsseldorf, offenbar um einen dauerhaften Aufenthalt im sicheren Ausland zu finanzieren und um Familienmitglieder zu unterstützen.

Beidseitig bemalte Tafel

Damit besteht unwiderlegbar die Vermutung, dass das Gemälde ohne die NS-Herrschaft nicht verkauft worden wäre und der Verlust verfolgungsbedingt war, wie es heißt. Funke sei als Erstgeschädigte anzusehen, weshalb die Restitution gemäß international anerkannter Auslegung der Washingtoner Prinzipien prioritär an ihre Rechtsnachfolger erfolge.

Das Gemälde, als beidseitig bemalte Tafel konzipiert, zeigte auf der Vorderseite die Verkündigung der Geburt eines Sohnes an Maria durch einen Engel und auf der Rückseite den heiligen Bernhard, wie er Jesus Christus umarmt. Der Kunsthändler Marx Stern trennte die beiden Bildseiten, um sie als eigenständige Werke zu veräußern.

Die Rückseite mit Bernhard wurde 1937 in einem Katalog der Kunsthandlung P. de Boer in Amsterdam verzeichnet und im Juli/August 1938 von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erworben.

Der Ankauf erfolgte im Rahmen eines Tauschgeschäftes. So übergaben die Sammlungen 1938 ein Werk aus ihrem Bestand – Jan von Goyens „Wasserlandschaft“ – an die Amsterdamer Kunsthandlung und erhielten neben dem Koerbecke-Bild noch eine Ölskizze von Carlo Calone.

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL