Ein Herz für junge Talente

Geburtstag Der Murrhardter Unternehmer Jürgen Riebesam ist gestern 85 Jahre alt geworden. Seine Stiftung fördert Musik und Bildende Kunst. Stipendiaten sind unter anderem Lia und Jón Vielhaber.

Jürgen Riebesam ist mit Herzblut Kulturmäzen: 2002 gründete der Unternehmer mit seiner Partnerin Gerlinde, die er 2008 heiratete, die Riebesam-Stiftung. Sie fördert aktuell 70 künstlerisch und musikalisch begabte Kinder und Jugendliche aus Murrhardt und der Region. Erste Stipendiaten sind nun erfolgreiche Profis.

An seinem 85. Geburtstag blickt Jürgen Riebesam auf ein abwechslungsreiches Leben zurück. Am 14. Oktober 1940 wurde er im schlesischen Lichtenau geboren. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Familie aus ihrer Heimat vertrieben. „Mit meiner Mutter und beiden Großmüttern kam ich über Österreich im Herbst 1945 nach Murrhardt. Anfangs wohnten wir in Waltersberg, zu Fuß ging ich zur Volksschule nach Vorderwestermurr, im Winter durch etwa 50 Zentimeter hohen Schnee“, erinnert er sich. 1948 zog die Familie in die Murrhardter Kernstadt, wo der Junge das Notschulhaus bei der heutigen Walterichschule besuchte.

Mit 24 Jahren selbstständig

Nach dem Hauptschulabschluss machte Jürgen Riebesam eine Schlosserlehre in einem Betrieb in der Löwengasse. Als 17-jähriger Handwerksbursche ging er auf zweijährige Walz durch Süddeutschland, dann auf die Stuttgarter Meisterschule. „24-jährig bestand ich an einem Freitag die Schlosser-Meisterprüfung bei der Handwerkskammer Stuttgart, und gleich am folgenden Montag machte ich mich selbstständig“, erzählt er. „Aus einer Schlosserei entwickelte ich mit neuen Ideen und Innovationen das Maschinenbauunternehmen REK. Die Abkürzung steht für reinigen, entfetten, konservieren.“

Er entdeckte eine Marktlücke für Metallreinigungsmaschinen mit umweltfreundlichen Reinigungsmitteln. „Das war ein großer Vorteil, als 1990 schädliche Treibgase verboten wurden“, erklärt der Jubilar.

„Nach der Wende baute ich 1990 in Genthin in Sachsen-Anhalt eine Firma auf mit einem Partner, den die IHK vermittelte. Wir bauten eine Gärtnerei zum Metallverarbeitungsbetrieb um und entwickelten neue Maschinen zur Laborgerätereinigung für die Pharmaindustrie“, erinnert sich Riebesam.

Sein Unternehmen Riebesam GmbH & Co. KG besteht seit 60 Jahren und hat 60 Mitarbeitende in Murrhardt und Genthin. Im Jahr 2000 übernahm Adoptivsohn Peter Riebesam die Leitung.

Seit 2022 leitet der promovierte Ingenieur Florian Baumann das Unternehmen als Geschäftsführer. Es stellt hoch spezialisierte Reinigungs-, Desinfektions- und Trocknungsanlagen her für die Auto-, Maschinenbau-, Pharma- und Medizingeräteindustrie sowie Labore.

Stiftung steht im Fokus

Im Fokus steht für Jürgen und Gerlinde Riebesam nun die Stiftung, mit der sie sich einen Lebenstraum erfüllen. „Es ist uns ein großes Anliegen, hochbegabte junge Menschen mit der Stiftung zu fördern und ihnen künstlerische oder musikalische Ausbildungen und Berufe zu ermöglichen“, betont der Jubilar.

Mit der befreundeten Backnanger Bildhauerin Barbara Schroeder von Buttlar gründete das Ehepaar die erste Künstlerklasse. Anfangs fand der Unterricht im Heinrich-von-Zügel-Gymnasium statt. Dann bauten die Riebesams einen Zeichenraum ans Wohnhaus an und vergrößerten ihn zum Aufführungsraum. „Als auch dieser zu klein wurde, haben wir für die Stiftung einen Anbau am Firmengebäude in der Berliner Straße erstellt“, erklärt der Jubilar.

Dank einer Kooperation mit dem städtischen Kindergarten Elsas-Haus bot Kunsterzieherin Tanja Lucht dort ab 2006 ästhetische Früherziehung für Kinder von vier bis elf Jahren an. Als die Stadt Murrhardt einige städtische Immobilien veräußerte, erwarb die Riebesam-Stiftung das Gebäude Klosterhof 1 und gestaltete es denkmalgerecht um zum 2014 eingeweihten Kulturhaus Klosterhof, wo seither der Kunstunterricht stattfindet.

Neben der Stiftung zog dort auch die Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land ein. Im Gebäude befinden sich ein Konzertsaal im Erdgeschoss, ein großes Atelier im ersten Stock sowie Räume der Musikschule im zweiten und dritten Stock. 2021 machte Lucht sich selbstständig, seit 2022 leitet Kunsterzieherin Cora Fauser die ästhetische Früherziehung, Barbara Schroeder von Buttlar unterrichtet Jugendliche von elf bis 18 Jahren.

2007 begann die musikalische Arbeit der Stiftung mit dem Aufbau des Jugendensembles Arsono durch das Musikschullehrerehepaar Julia und Björn Vielhaber. Ihre Kinder Lia (Cello) und Jón (Trompete) gehören zu den Geförderten der Stiftung. Beide sind heute professionelle Musizierende.

Zurzeit 50 Stipendiaten

Seit 2015 leitet die Musikpädagogin und Oberstudienrätin Julia Kirschbaum diesen Bereich der Stiftung, die Musikschulunterricht und Musikhochschulstudium für derzeit 50 Stipendiaten fördert und mit diesen Konzerte veranstaltet. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten kommen zum Beispiel aus Fichtenberg, Oberrot und Gaildorf, aber auch aus Michelbach/Bilz.

Im Juli 2021 verlieh Bürgermeister Armin Mößner die Bürgermedaille der Stadt Murrhardt an Jürgen Riebesam: „Er hat sich in herausragendem Maße Verdienste auf kulturellem Gebiet zum Wohl der Stadt Murrhardt und ihrer Bürger erworben“, lobte Mößner.

Erfolg bei „Jetzt seid ihr dran“

Cartoons Arbeiten von Thomas Bäder aus Rosengarten schaffen es auf die Shortlist des Karikaturenpreises.

Rosengarten. Der Deutsche Karikaturenpreis ist eine der renommiertesten Auszeichnungen der Branche im deutschsprachigen Raum. Aufgabe des Wettbewerbs war es, sich kreativ und mit scharfem Blick mit dem Generationenkonflikt auseinanderzusetzen – gemäß dem Motto „Jetzt seid ihr dran“. Thomas Bäder aus Tullau reichte fünf Cartoons ein. Und schaffte es damit laut einer Mitteilung auf die Shortlist des Wettbewerbs. Insgesamt beteiligten sich am Deutschen Karikaturenpreis 262 Künstlerinnen und Künstler mit 1208 Einreichungen.

Die Entscheidung, wer nun die Geflügelten Bleistifte in Gold, Silber und Bronze sowie den Preis für den besten Newcomer erhalten wird, wird bei der Preisverleihung Anfang November in Bremen bekannt gegeben. Unmittelbar danach werden die Cartoons, die es auf die Shortlist geschafft haben, auf Ausstellungen in Bremen und Dresden gezeigt, heißt es weiter.

Bäder freut sich sehr über seinen Erfolg. Der 55-Jährige hat erst vor fünf Jahren angefangen, Cartoons zu zeichnen. Das war zu Beginn der Corona-Pandemie: „Ich wollte den Lockdown sinnvoll nutzen und habe mich an ein neues Genre gewagt.“

Cartoons von Thomas Bäder waren in der Region zuletzt beim Ars-Conectit-Festival im Hohenloher Freilandmuseum in Schwäbisch Hall-Wackershofen zu sehen. Ab Februar stellt er drei Monate lang in der Rotebühlgalerie der Volkshochschule in Stuttgart aus. Seine Zeichnungen wurden unter anderem in der taz, vom Humanistischen Pressedienst, in Lokalzeitungen, in Büchern und online veröffentlicht. Bäders Cartoons waren bereits in Museen und Galerien zu sehen, unter anderem stellte er im Satiricum in Greiz aus.

Der Künstler wurde im Frühjahr für den Kabarettpreis „Weinstädter Reblaus“ nominiert. Bäder, der in Tübingen geboren wurde, ist Absolvent der Kabarettakademie der Bundesvereinigung Kabarett und wurde für Stipendien des Zungenspitzer-Festivals und der Kasseler Caricatura ausgewählt. Beim Aphorismus-Wettbewerb des Deutschen Aphorismus-Archivs erhielt er den zweiten Preis. Er ist Autor der Bücher „Der kleine Herr Mann“ und „Bin ich am Ende – oder war es am Ende ich?“. Zurzeit arbeitet er an seinem dritten Buch.

Engagiert in vielen Gruppen

Serie Wilfried Tiedemann lebte 30 Jahre in Gaildorf. Der ehemalige Sonnenhof-Mitarbeiter engagierte sich vielfältig.

Gaildorf. In der Schenkenstadt ist der Name Wilfried Tiedemann auch acht Jahre nach seinem Umzug nach Verleshausen in Niedersachsen noch wohlbekannt. Der Abschied 2017 aus Gaildorf erfolgte aus privaten Gründen.

Geboren wurde Tiedemann 1953 in Bülstedt. Er wuchs in Völkersen auf, wo er auch sein Abitur machte. Es folgte ein freiwilliges Jahr in Hamburg bei den Alsterdorfer Anstalten, wo er zum ersten Mal mit Menschen mit Behinderung in Berührung kam. Eine landwirtschaftliche Lehrzeit und eine Zeit im Zivilschutz für den Vogelschutz im Umweltschutzbereich schlossen sich an.

Nach Chile und Südafrika

Ab 1976/77 zog es ihn die Tropen und nach Chile, um seine Kenntnisse im Agrarbereich zu erweitern. Danach schloss Tiedemann seine Ausbildung als landwirtschaftlicher Fachwirt ab. In einem großen Milchviehbetrieb in Südafrika arbeitete er ein Jahr lang 1987/88 und landete wieder in Hamburg bei den Alsterdorfer Anstalten, die einen Betreuer suchten.

Privat fand er sein Glück 1981 mit Gabriele. Das Paar hat zwei Töchter und zwei Söhne. Der Umzug nach Gaildorf folgte im April 1987. Während Gabriele Tiedemann studierte, versorgte Wilfried Tiedemann Haushalt und Familie. Von Reippersberg, wo die Tiedemanns bei Familie Reimer zur Miete wohnte, ging es ins Eigenheim in der Albert-Hermann-Straße.

Ab 1992 war Wilfried Tiedemann im Nachtdienst im Sonnenhof im Einsatz. Nach einer sonderpädagogischen Ausbildung war er ab 2002 im Tagesförderbereich beschäftigt. Oft war Tiedemann mit Heimbewohnern bei Spaziergängen oder mit dem Tandem unterwegs.

Auch in der Stadt war Tiedemann vielfältig aktiv. Bis 2015 spielte er beim Posaunenchor in Unterrot und engagierte sich im Umweltteam der evangelischen Kirchengemeinde. Er war 15 Jahre Vorsitzender des Stadtjugendrings, Mitglied im Kreisjugendring und gut zehn Jahre im Team der Offenen Jugendarbeit tätig. Bekannt wurde Tiedemann auch als Übungsleiter im Turnen sowie von 2009 bis 2017 als TSV-Vorsitzender.

Die Verbindung nach Gaildorf riss nie ab, zumal er bis 2025 gesetzlicher Betreuer zweier Heimbewohner war.

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