Darum platzte der Kompromiss zum Wehrdienst
Bundeswehr Eigentlich wollte Schwarz-Rot am Dienstagabend der Öffentlichkeit eine Einigung präsentieren. Dann kam es zum Eklat – vorläufiger Höhepunkt eines langen Streits.
Berlin. Was war das für ein Auftritt vor wenigen Wochen: Gemeinsam mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) trat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Ende August vor die Presse, um den Plan für einen neuen Wehrdienst vorzustellen. Das Kabinett hatte sogar in seinem Haus getagt, in einem abhörsicheren Raum namens „U-Boot“. Das Signal von Schwarz-Rot: Wir haben verstanden, Sicherheit hat bei uns Priorität, wir machen Deutschland verteidigungsbereit.
Und jetzt das: Am Dienstagnachmittag warten in einem Sitzungssaal des Bundestags Dutzende Journalisten auf die gemeinsame Pressekonferenz der Top-Verteidigungspolitiker von CDU, CSU und SPD. Angekündigt waren letzte Details „zum neuen Wehrdienst und dem dazugehörigen Wehrdienst-Modernisierungsgesetz“. Doch dann tritt statt der erwarteten Politiker ein Sprecher ans Mikrofon und teilt mit, die Sache sei leider abgesagt. Das kommt in Berlin nun wirklich nicht alle Tage vor.
Das Problem lag offenbar bei der SPD. In der Fraktionssitzung der Sozialdemokraten gab es am Nachmittag nach Angaben von Teilnehmern heftige Diskussionen über die Eckpunkte der Einigung, die die Unterhändler beider Seiten vereinbart hatten. Pistorius hatte sich seinerseits zuvor „ein bisschen skeptisch“ zu dem ausgehandelten Losverfahren geäußert, aber hinzugefügt, er wolle sich nicht querstellen. Ein Sprecher der Unionsseite versicherte, CDU und CSU seien einigungsbereit gewesen.
Der schon lange währende Streit um eine Neuorganisation des Wehrdienstes erreicht damit seinen vorläufigen Höhepunkt. Pistorius hatte bereits zu Ampel-Zeiten einen ersten Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, der dann erst von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ausgebremst wurde und schließlich dem Ampel-Aus zum Opfer fiel.
Ein politisches Ausrufezeichen
Aber auch in der schwarz-roten Koalition häuften sich die Störmanöver. Die Union, die im Wahlkampf noch von einer „Wehrpflicht“ geredet hatte, drängte unablässig auf mehr Zwangselemente. Pistorius wiederum hatte mit erheblichem Widerstand gegen jede Form von Verpflichtung in den eigenen Reihen zu tun. Noch kurz vor jener Kabinettsitzung im August setzte Außenminister Johann Wadephul (CDU) mit einem kurzzeitigen Ministervorbehalt ein politisches Ausrufezeichen. Merz wiederum sprach in Interviews zuletzt davon, dass man mit reiner Freiwilligkeit wohl nicht weit kommen werde.
Aufgrund der Uneinigkeit war die eigentlich bereits für vergangene Woche im Bundestag geplante erste Beratung des Gesetzes auf diese Woche verschoben worden. Am Wochenende machten dann Meldungen über das Losverfahren die Runde. Offen sind allerdings noch immer zwei entscheidende Fragen: Wann welche Zahl von Wehrdienstleistenden erreicht sein soll – und ob für eventuelles Nachsteuern erneut der Bundestag eingeschaltet werden soll.