Unmöglich? Nicht für Felix Klieser

„klassisch!“ Der Hornist wurde ohne Arme geboren und brachte es doch zum internationalen Klassik-Star. Mit seinem Trio zeigt er im Stadthaus seine Extraklasse.

Johannes Brahms‘ Trio Es-Dur für Horn, Violine und Klavier ist nicht irgendein Horn-Trio. Es ist sozusagen das Horn-Trio, wie Felix Klieser erklärt. „Es ist ein bisschen so, als ob es nur ein Streichquartett, nur eine Sinfonie oder nur ein Klavierkonzert gäbe.“ Tatsächlich hat sonst keiner der „großen“ Komponisten ein Werk für diese Besetzung geschrieben. Das Horn ertönt zumeist aus dem Orchester, manchmal als Solo-Instrument, aber selten im kammermusikalischen Kontext.

Auch in der Konzertreihe „klassisch!“ im Ulmer Stadthaus war am Mittwoch erstmals dieses klangmächtige, aber widerspenstige Blechblasinstrument zu erleben. Nicht gespielt von irgendeinem Künstler, sondern von Deutschlands aktuell wohl bekanntestem Hornisten, Felix Klieser. Ein Star der Branche, ausgezeichnet mit einem „Echo Klassik“ und dem Leonard Bernstein Award, aber auch ein Vorbild weit über die Musikszene hinaus: Er wurde ohne Arme geboren – und brachte es doch zum Virtuosen. „Stell dir vor, es geht nicht, und einer tut es doch“ hieß die Autobiografie, die er 2024 über sein außergewöhnliches Leben veröffentlichte.

Ein Mutmacher

Nichts ist unmöglich, das ist seine Lebensmaxime. Der inzwischen 34-Jährige ist ein Mutmacher, vor allem aber macht er Musik auf höchstem Niveau, nach Ulm hatte er ebenbürtige Kollegen mitgebracht: die kroatische Pianistin Martina Filjak, regelmäßig in großen Konzerthäusern zu Gast, genau wie der ukrainische Geiger Andrej Bielow. Sie durften sich im Stadthaus vor der Pause auch im Duo mit der feurigen Brahms-Sonate d-Moll präsentieren: temperamentvoll und ausdrucksstark, auch das ein Erlebnis.

Ausverkauft war der Stadthaus-Saal an diesem Abend aber sicher vor allem, um Klieser zu hören und zu beobachten, auch seine Spielweise: Sein Horn ist auf einem Stativ montiert, die Ventile bedient er mit den Zehen des linken Fußes, die fehlende Stopf-Hand im Trichter gleicht er durch den Ansatz aus. Faszinierend, aber nach einigen Minuten schon ganz natürlich: Hier ist ein Künstler ganz bei sich und der Musik.

Das Trio eröffnete das Programm mit den um 1900 entstandenen „Quatre petites pièces“ von Charles Koechlin: feine Miniaturen von nur wenigen Minuten, schon impressionistisch, sehr französisch. Eine schöne Aufwärmübung, auf die mit Robert Schumanns Adagio und Allegro As-Dur für Horn und Klavier (1849) ein laut Klieser bedeutendes Werk für sein Instrument folgte: eines der ersten Werke, das für das neu entwickelte Ventilhorn komponiert wurde. Der Hornist spielt es auswendig, mit vollem, singenden Ton im Adagio und präzisen Läufen im Allegro.

Der stärkste Teil des Konzerts kam aber nach der Pause. Zunächst ein feierliches, noch in der Klangwelt der Wiener Klassik beheimatetes Trio des Parisers Frédéric Duvernoy. Schließlich das Hauptwerk des Abends, von Brahms 1965 im Schwarzwald komponiert, emotional stark geprägt von der Trauer um seine kurz zuvor verstorbene Mutter. Diese, so berichtete Klieser, hatte es geliebt, wenn der Sohn das Horn gespielt habe. Das Naturhorn wohlgemerkt, Brahms selbst lehnte die moderne Variante nämlich ab. Klieser hielt das nicht davon ab, am Ventilhorn zu glänzen, wunderbar einfühlsam und schwebend im Adagio, aber auch wild im verspielten Scherzo und im finalen Allegro con brio: Man glaubt fast Jagdhorn-Signale zu hören in diesem Satz, was durch die zupackende, im besten Sinne rustikale Begleitung von Filjak und Bielow noch akzentuiert wurde. Das ist der Reiz dieser Besetzung: Dass das Horn mit seinem Volumen auch ein kraftvolles Spiel der anderen Instrumente nicht nur verträgt, sondern geradezu fordert.

Dafür gab es anhaltenden Applaus und Bravo-Rufe aus dem Publikum. Im Anschluss signierte Felix Klieser noch CDs und Bücher, auch das gekonnt mit dem Fuß. Dieser Mann zeigt, dass man das Wort „unmöglich“ womöglich aus seinem Wortschatz streichen sollte.

„Mit frischer Energie“ für das Festival

Ulmer Zelt Zwei neue Hauptamtliche: Mareike Welte und Anne Mann kümmern sich um Programm und Marketing.

Nach nur vier Jahren hatte Cordulia Baier als künstlerische Leiterin im Sommer gekündigt, weil „die Rahmenbedingungen und die Strukturen“ für sie nicht mehr gepasst hatten. Auch PR-Mann Adrian Büsselmann hatte das Ulmer Zelt verlassen. Dem Festival in der Friedrichsau laufen die Leute davon?

Am Mittwoch hat der Verein zur Förderung der freien Kultur Ulm (der Träger) zwei neue Hauptamtliche vermeldet: Im Januar 2026 wird Mareike Welte als „Referentin für Programm und Veranstaltungsbetreuung“ das Team des Ulmer Zelts ergänzen. Und Anne Mann ist von sofort an zuständig für die Bereiche Sponsoring, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing.

„Mit frischem Wind ins Ulmer Zeltjahr 2026“ lautet die Überschrift der Pressemittteilung. Neben den zahlreichen Ehrenamtlichen sollen zwei neue Namen neuen Schwung ins Team bringen. Mareike Welte hat im Roxy Veranstaltungskauffrau gelernt, sie arbeitete dann für Agenturen in Hamburg und kehrte danach ins Roxy zurück: als verantwortliche Veranstaltungsmanagerin, zuständig für Booking und Ticketing.

Eine „künstlerische Leitung“ hat das sehr basisdemokratisch aufgestellte Zelt bekanntlich nicht mehr gesucht, der Job ist jetzt mit „Referentin für Programm und Veranstaltungsbetreung“ beschrieben. In der Pressemitteilung wird Mareike Welte mit folgenden Worten zitiert: „Ich bin beeindruckt vom Engagement in den einzelnen Arbeitsgruppen – für mich im Speziellen in der Programmgruppe! Die besondere Mischung und Vielfalt im Programm wollen wir in jedem Fall beibehalten und viele schöne Tage und Abende im, am und ums Zelt herum schaffen.“

Die zweite Neue ist Anne Mann, ebenfalls aus Ulm, eine studierte Kulturwissenschaftlerin (und die Tochter der Ulmer Kulturbürgermeisterin Iris Mann). Sie hat zuletzt für das Deutsche Musikfest 2025 in Ulm und Neu-Ulm gearbeitet und verstärkt das Team als Referentin für die Öffentlichkeitsarbeit (und Sponsorin/Marketing). In der Pressemitteilung wird sie mit den Worten zitiert: „Das Ulmer Zelt ist für viele – und auch für mich – ein Herzensort. Ich freue mich darauf, die besondere Atmosphäre, das kulturelle Angebot und das Miteinander weiter ins Rampenlicht zu rücken. Es ist ein Privileg, ein Festival mitzugestalten, das so viel Begeisterung weckt.“

Nach wie vor als Hauptamtliche gehören Elke Merk, Leiterin der Gastronomie, und Robert Freudigmann (Büromanager, Zelt-Geschäftsstelle) dem Zelt-Team an. Die 38. Spielzeit des Ulmer Zelts läuft vom 20. Mai bis 4. Juli 2026, der Vorverkauf ist „mit frischer Energie, zwei neuen Gesichtern und viel Gemeinschaftsgeist“ gestartet. Die ersten Veranstaltungen sind schon veröffentlicht worden.

Stadt Ulm streicht Zuschuss

Akademietheater Die finanzielle Förderung des Akademietheaters wird eingestellt. Dessen Leiter will nicht aufgeben.

Nach 30 Jahren stellt die Stadt Ulm die Zuschüsse für das Akademietheater ein. Seit der Gründung durch Ralf Rainer Reimann 1994 ist diese Bühne gefördert worden. Damit ist nun Schluss, wie aus einer Pressemitteilung der Stadt hervorgeht. Dies habe der Kulturausschuss am 17. Oktober in nichtöffentlicher Sitzung mehrheitlich entschieden.

Gründe werden keine genannt, über weitere Details sei zwischen der Stadt und dem Akademietheater Stillschweigen vereinbart worden. Die Höhe des Förderbetrages hat sich über die Jahre hinweg kaum verändert. Zuletzt lag der Zuschuss für 2025 bei 27.900 Euro.

„Wir bleiben nicht untätig“

Theaterleiter Reimann will „weiterkämpfen“, sagte er auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE. „Wie wir das finanziert bekommen, weiß ich gerade noch nicht.“ Er wolle Aktionen starten und hofft auf Solidarität aus der Bevölkerung. „Die nächsten zwei Jahre werden wir weiterspielen“, sagt er. Man werde sich überraschen lassen, was sich in dieser Zeit entwickle. Eines sei klar: „Wir bleiben nicht untätig.“

Das Akademietheater dient vorrangig als Spielstätte für die Bühnenschule Akademie der darstellenden Künste (AdK). Das private Berufskolleg bildet in den Bereichen Schauspiel, Regie, Theaterpädagogik, Drehbuchschreiben und Dramaturgie aus.

Es ist nicht die erste Krise, die das Theater und die Schule bewältigen müssen. Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder kritische Momente. Mehrmals sind das Akademietheater und die AdK umgezogen. Aktuell spielt die Bühne in der Zinglerstraße, in den Räumlichkeiten einer früheren Autowerkstatt und eines Teppichgeschäfts.

Dort ist Florian Burkhardt mit seinem Kabarett-Debüt „Noch längst nicht Geschichte“ zu sehen.  In der Uniform eines preußischen Offiziers aus dem Kaiserreich macht sich der gebürtige Ulmer 150 Jahre Geschichte zu nutzen, um zu zeigen, dass alte Geister der Vergangenheit heraufbeschwört werden, wenn Wissen und Haltung fehlen.

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