„Die Band war immer der rote Faden“

Interview Am 29. Oktober spielen die Crossover-Vorreiter H-Blockx im ausverkauften Roxy. Ihr Sänger Henning Wehland spricht über den guten Vibe jetzt und falsche Entscheidungen in der Vergangenheit.

Mit dem Debütalbum „Time To Move“ wurde die Münsteraner Band H-Blockx 1994 zum Vorreiter der Crossover-Welle. Songs wie „Risin’ High“ oder „Move“ wurden zu Hits. In diesem Jahr feiert die Platte ihr 30-jähriges Jubiläum. Sänger Henning Wehland ist von Anfang an dabei. Am Mittwoch, 29. Oktober 2025, kommen die H-Blockx nach Ulm, die Roxy-Werkhalle ist bereits ausverkauft. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der 53-Jährige über das Revival des Debütwerks, die Band und dunkle Zeiten.

Herr Wehland, wie kam es zu der Idee mit dem Revival?

Henning Wehland: Im Jahr 2019 organisierte ein Freund ein Festival in Münster und sprach uns an, ob wir zum 25-jährigen Jubiläum von „Time To Move“ dort spielen wollen. Also waren wir Headliner, es kamen 10.000 Leute auf den Domplatz, und es war ein totaler Flash für uns alle. Wir merkten, dass uns die gemeinsame Zeit und das Musikmachen auf der Bühne viel bedeutete. Und dann sagten wir uns: Lass uns das doch nochmal zum 30-jährigen Bühnenjubiläum 2020 versuchen. Wir wurden im In- und Ausland oft gebucht, aber dann musste alles wegen Covid verschoben werden. 2021 haben wir zwei Konzerte nachgeholt,und 2022 waren es be reits 15 Shows. 2023 ging es weiter. Wir haben einfach immer noch unfassbar viel Spaß zusammen. Schließlich haben wir darüber nachgedacht, ob wir nicht einfach nochmal eine Tour spielen sollten. Wir freuen uns tierisch.

Von 2012 bis 2019 gab es die große Pause. Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?

Ich habe mein Soloalbum „Der Letzte an der Bar“ veröffentlicht, war bei den Söhnen Mannheims dabei, habe zehn Jahre das Management für Pohlmann gemacht und zwei Jahre The Boss Hoss betreut. Außerdem habe ich viel Fernsehen gemacht, hier und da moderiert und war Coach bei „The Voice Kids“. 2014 habe ich mich aus allem zurückgezogen und mich nur noch um meine Solokarriere gekümmert. Es kam jedoch auch eine schwierige und dunkle Phase, in der ich die Öffentlichkeit ausblenden musste.

Hatten Sie Depressionen?

Ja, ich habe bereits einige Therapien gemacht und befinde mich derzeit auch in Behandlung. Es gibt zwar keinen akuten Anlass, aber ich lerne bei jeder Sitzung dazu. Vor einigen Jahren war ich auch für mehrere Wochen stationär in Behandlung. Zudem habe ich leider auch viele negative Erfahrungen mit Therapeuten gemacht. Vor zwei Jahren jedoch habe ich eine Therapeutin gefunden, die mir geholfen hat, einen besseren Zugang zu mir selbst zu finden.

Wie wurden Sie depressiv?

Ich habe unfassbar viel Alkohol getrunken; das war sicher nicht zielführend. Seit zwei Jahren trinke ich keinen Tropfen mehr. Alkohol hat mir sehr viel Trauer und Depressionen eingebracht. Aber ich verteufle diese Zeit nicht. Wenn bestimmte Wege enden, muss ich umkehren. Jetzt kann ich alles besser annehmen. Ich hatte das Gefühl, traurig zu sein und durchlebte sehr dunkle Zeiten. Damals hätte ich nie so offen darüber sprechen können. Es ging um Beziehungen, in denen ich mich nicht frei verhalten habe. Ich habe mich selbst nicht genug wertgeschätzt.

Ist es da nicht gefährlich, sich den Tourstress wieder anzutun?

Nein, denn wir machen kein Business daraus. Wir würden darauf jetzt keine Existenzen aufbauen. Wenn wir Geld mit den H-Blockx verdienen, dann ist das Geld, mit dem ich nicht gerechnet habe. Wir treffen uns, und anstatt ein Bier trinken zu gehen, gehen wir eben ins Studio. Vor zwei Jahren konnte ich zu einem Freund auf einen Bauernhof in der Nähe von Münster ziehen und hatte sehr wenig Stress. Ich handle jetzt sehr bewusst, was Termine angeht.

Das, was Fanta 4 für den Hip Hop sind, sind die H-Blockx für den Crossover. Macht Sie das stolz?

Es erfüllt mich schon mit Stolz, dass wir ein Phänomen geprägt haben, das später als Crossover bezeichnet wurde. Wir betrachteten uns damals als Rockband und wollten uns nicht in eine Schublade pressen lassen, gerade weil wir Einflüsse aus Hip-Hop, Rap, aber auch Metal und Popmusik hatten.

Damals gab es den Begriff Crossover nicht.

Stimmt. Obwohl es viele bedeutende Bands vor uns gab, sowohl international als auch aus Deutschland wie Urban Dance Squad oder die Freaky Fukin Weirdoz, waren die Red Hot Chili Peppers und Faith No More sehr wichtig. Wir waren sicher nicht die Vorreiter, haben aber definitiv unseren Beitrag geleistet.

Sie haben mal gesagt „Wir haben viele Fehler gemacht“. Was war der größte?

Oft standen uns unsere Emotionen im Weg. Obwohl wir eine enge soziale Verbundenheit zueinander hatten, waren wir damals schon sehr unterschiedliche Charaktere. Wir haben uns geliebt, mussten jedoch 30 Jahre lang lernen, um heute voller Leidenschaft auf der Bühne zu stehen. Als wir in Amerika Treffen mit den Chefs großer Plattenfirmen hatten, dachte ich, wir wären die heißeste Nummer. Doch oft dachten sie dann: „Wen habe ich mir hier eingeladen?“ Nach dem großen Erfolg von „Time To Move“ fragte ich mich, was ich als Nächstes tun sollte, was den Leuten gefallen würde. Ich habe nicht wie ein Künstler gedacht und hätte bestimmte Entscheidungen treffen müssen, die weniger kommerziell orientiert waren.

„Wir haben Freundschaft mit Geschäft verwechselt“ – das haben Sie auch mal gesagt. Wie war das gemeint?

Wir haben mit 17, 18 Jahren die Band gegründet und spielten zu dieser Zeit 150 Konzerte pro Jahr. Ich bemerkte, wie alles immer größer wurde. Wenn wir am Club ankamen, gab es immer eine 100 Meter lange Schlange. Ich dachte: „So geht das!“ Ich habe im Tourbus gelebt. Doch dann kam der Moment, als das Geld und der Kommerz uns einholten, und es wurde ernst. Ich konnte Emotionen und Geschäft nicht gut voneinander trennen. Deshalb bin ich auch kein guter Geschäftsmann. Ich konnte nie gegen meine Emotionen argumentieren.

Gab es bei Ihnen mal den Gedanken die H-Blockx aufzulösen?

Nein, ich bin nie ausgestiegen, weil ich wusste, dass es ein dynamischer Prozess ist. Die H-Blockx sind mein Lebenswerk und werden es auch bleiben. Die Band war immer der rote Faden in meinem Leben und hat mich davor bewahrt, berufliche Entscheidungen treffen zu müssen.

Ist der Spirit in der Band heute anders als beim letzten Album 2012?

Ja, auch anders als 1994. Es ist die reinste Form dessen, was ich als Musiker erleben durfte. Jeder ist mit 100 Prozent dabei. Wir haben immer Spaß auf der Bühne. Es ist eine reine Form der Freude. Dafür bin ich sehr dankbar. Auch, wenn ich der Letzte bin, der die H-Blockx-Fahne hochhält, ich werde diese Band nie aufgeben.

Worauf dürfen sich die Fans in Ulm freuen?

Im Prinzip stehen da vier Jungs auf der Bühne, die den Laden abreißen. Wenn ich zu einem AC/DC-Konzert gehe, erwarte ich nicht, dass sie nackt auf der Bühne stehen und die B-Seiten der unveröffentlichten Alben spielen. Da weiß ich, dass eine Rockshow mit vielen Songs, die ich kenne, kommt.

Jugendchor sucht Verstärkung

Humboldt-Gymnasium Musiklehrer Guido Bauer hat die „Blackbirds“ gegründet. Auch externe Schüler sind willkommen.

In der Nachfolge des einst sehr erfolgreichen Konzertchors, mit dem er unter anderem den Neujahrsempfang der Regierung in Stuttgart musikalisch ausgestaltet hat, hat Guido Bauer, Musiklehrer am Ulmer Humboldt-Gymnasium, nun einen neuen Jugendchor ins Leben gerufen: die „Blackbirds“. Nach Corona sei bei den Schülerinnen und Schülern die fürs Singen essenzielle Bereitschaft, sich körperlich zu engagieren, gesunken, sagt Bauer. Daher sei es mit dem Konzertchor leider nicht weitergegangen.

Jetzt will Bauer mit Mädchen und Jungen, die gerne singen, neu durchstarten  – mit frischem Elan und guter Energie. Der Chor, in dem Schülerinnen und Schüler von der neunten bis zur dreizehnten Klasse sowie junge Ehemalige singen, steht auch Mädchen und Jungen aus anderen Schulen offen. Voraussetzungen sind der Wille, gemeinsam Musik zu machen, und die Bereitschaft, sich zu engagieren.

Gerade sind die Blackbirds mit rund 20 Sängerinnen und Sängern laut Bauer „noch eine recht überschaubare Truppe“. Verstärkung ist daher sehr willkommen. Insbesondere Männerstimmen fehlen noch. Die Proben finden (außer in den Ferien) dienstags von 17 bis 18.30 Uhr am Humboldt-Gymnasium statt. Dort stehen mehrere Räume zur Verfügung, sodass auch getrennte Stimmbildung möglich ist. „Jungen und Mädchen ab der neunten Klasse, die bei den Blackbirds mitmachen wollen, können ohne Voranmeldung zur Probe kommen“, sagt Bauer. Nach einem zwanglosen Vorsingen werden sie dann der richtigen Stimmlage zugeordnet.

Erwarten können die Chormitglieder eine gute stimmbildnerische Betreuung, Musizieren als verbindendes Erlebnis, Auftritte bei Konzerten und im kommenden Frühling gesellige Chortage in Ochsenhausen. Außerdem strebt Bauer mit dem neuen Chor Konzertreisen an.

Ab 2026 übernimmt er zusätzlich die Leitung der Ulmer Kantorei. Sicherlich werde es Synergien geben, stellt er in Aussicht. Er kann sich zum Beispiel gemeinsame Konzerte vorstellen: „Das eröffnet den Sängerinnen und Sängern beider Chöre ganz neue Chancen.“

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