Windkraft Die Schicksalsgemeinschaft Bayern/Baden-Württemberg ist nicht immer einfach. Deutlich wurde das in einer Sitzung des Regionalverbands Donau-Iller.
Gerade in der kommunalen Familie“, appellierte Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler, „würde ich Sie darum bitten, diesem Antrag zuzustimmen“. Einige Mitglieder des Regionalverbands Donau-Iller (RVDI) quittierten diese Worte mit hörbarem Lachen und Kopfschütteln – ein Sinnbild der Stimmung in der jüngsten Sitzung des RVDI am Dienstag, 21. Oktober. Eigentlich sollte die überarbeitete Flächenkulisse zur Ausweisung von Windkraftflächen verabschiedet werden. Im Alb-Donau-Kreis betrifft dies vor allem den Norden, speziell die Laichinger Alb.
Doch schlussendlich ging es fast ausschließlich um ein Gebiet: das Vorranggebiet rund um die Wallfahrtskirche Maria Vesperbild bei Ziemetshausen im bayerischen Landkreis Günzburg. Dort will der Windkraftinvestor Altus renewables bis zu 15 Windkraftanlagen errichten, Kritiker befürchten unter anderem eine „Umzingelung“ des Wallfahrtsorts.
Mehr Abstand oder Streichen
Günzburgs Landrat Hans Reichhart hatte bereits im Juli einen größeren Abstand von Windrädern zur Kirche von 2,2 auf 3 Kilometer durchgesetzt und forderte nun eine weitere Ausweitung – erst auf 3,5 Kilometer, dann die komplette Streichung. „Das ist das, was wir wollen“, sagte er. Da andere Flächen wiederum vergrößert worden seien, könne man im Gegenzug das Gebiet Ziemetshausen streichen. Das sei Konsens im Juli gewesen. Unterstützung kam unter anderem von Bühler, doch viele baden-württembergische Vertreter reagierten mit Unverständnis.
Per Staatsvertrag ist die Region Donau-Iller verpflichtet, länderübergreifend zu planen – eine Besonderheit im gesamten Bundesgebiet. Im Verband vertreten sind die baden-württembergischen Landkreise Alb-Donau, Biberach und der Stadtkreis Ulm sowie die bayerischen Kreise Günzburg, Neu-Ulm und Unterallgäu. Eine komplexe Zusammenarbeit, die ab und zu an ihre Grenzen stößt. Michael Joukov, Grünen-Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Ulm, sprach in diesem Zusammenhang gar von einem „Murks an Planungsmethode“, der den politischen Handlungsspielraum erheblich einschränke. „Ich habe höchsten Respekt vor religiösen Gefühlen“, sagte er, „aber es gibt keine Methode, diese in Abstandsflächen zu regeln.“ Als Baden-Württemberger könnte er zwar sagen, „die Bayern sollen das unter sich ausmachen“. Doch, so Joukov weiter: „Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass dadurch die gesamte Rechtsplanung ins Wanken gerät.“
Womit er das zugrundeliegende Problem benannt hat: Jede Veränderung eines Gebiets muss nach allgemein gültigen Kriterien nachvollziehbar begründet werden, sonst droht eine juristische Anfechtung der gesamten Planung. Sollte diese als rechtsunwirksam eingestuft werden, greift die sogenannte „Super-Privilegierung“: Dann könnten Windkraftanlagen theoretisch überall gebaut werden – ganz ohne übergeordnete Planung.
Bereits jetzt sei die Ausweitung des Abstands auf drei Kilometer fachlich nur schwer zu begründen, betonte Verbandsdirektor Markus Riethe. Denn bisher steht die Kirche nicht auf der Liste der „besonders landschaftsprägenden Baudenkmale“ Bayerns, die in der Regionalplanung gesondert berücksichtigt werden. Daher könne sie offiziell nicht als solches Denkmal gewertet werden. Sie sei aber nun „in ihrer besonderen Funktion“ als „Sonderfall“ in die Planung eingeflossen. Grundsätzlich sei eine Streichung zwar möglich, wenn politisch gewollt, aber rechtlich riskant.
Applaus für Scheffold
Heiner Scheffold, Landrat des Alb-Donau-Kreises, mahnte in diesem Zuge einen „gleichen Maßstab für alle“ an – was mit Applaus quittiert wurde. „Das Zeitfenster wird immer knapper“, sagte er. Deshalb spreche er sich dafür aus, das Verfahren zügig durchzuziehen, „sonst bekommen wir ein größeres Problem“. Die Regionalverbände sollten ihre Regionalplanung eigentlich bis Ende September abschließen. Der RVDI hat diesen Termin nicht einhalten können, mit einem rechtskräftigen Satzungsbeschluss ist aktuell im Juni 2026 zu rechnen.
Am Ende fand der Reichharts Antrag, das Gebiet um Maria Vesperbild zu streichen, keine Mehrheit. Der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Neu-Ulm, Alexander Engelhardt, und Neu-Ulms Landrätin Eva Treu stimmten dabei dafür, Scheffold dagegen. Die überarbeitete Flächenkulisse wurde verabschiedet, das zweite Anhörungsverfahren soll vom 10. November bis 9. Dezember stattfinden. „Unser Ziel ist es, dass sich nichts mehr ändert“, sagte Riethe.