Integration Mohammad Hussain Rostami liebt seinen Beruf: Er ist Maler und lebt in Hall. 2015 kam der damals 15-Jährige alleine nach Deutschland.
Manchmal ist Mohammad einsam und fühlt sich verlassen – obwohl er einen Beruf erlernt hat und jeden Tag zur Arbeit geht. Was ihm fehlt, sind seine Familie und seine Frau. Der junge Afghane ist einer der vielen Geflüchteten, die als Unbegleitete Minderjährige Ausländer (UMAs) 2015 im Zuge der großen Migrationswelle nach Deutschland gekommen sind. Wie alle Geflüchteten, die faktisch noch Kind waren, als sie ihre Heimat verlassen haben, trägt er eine lange, tragische Geschichte mit sich und Erfahrungen, von denen junge Menschen verschont bleiben sollten. Doch Mohammad Hussain Rostami hat sich durchgekämpft und ist froh, in Deutschland zu sein. Zusammen mit weiteren geflüchteten Jungs lebt er in einer Wohnung in Schwäbisch Hall.
Die Kindheit
Aufgewachsen ist der heute 25-Jährige im Iran. Dennoch ist er afghanischer Staatsangehöriger. Seine Eltern waren vor den Taliban in das Nachbarland geflohen. „Aber das Leben dort ist sehr schwierig. Die Menschen leben unfrei. Obwohl meine Familie Papiere hatte, wurden wir wie Sklaven behandelt. Als Afghane im Iran darf man nicht den Führerschein erwerben, kein Haus, Auto, Motorrad oder eine Sim-Karte kaufen“, berichtet Mohammad. Im Iran leben noch seine Geschwister und seine Mutter. Der Vater ist gestorben, als der Junge 13 Jahre alt war. „Da es im Iran keine Zukunft gibt, hat meine Mutter zu mir als ältestem Sohn gesagt, dass ich gehen soll und mir das bisschen Geld, das sie gespart und sich geliehen hatte, für die Flucht gegeben.“
Weg nach Deutschland
Schweren Herzens ist Mohammad gegangen, um der Sackgasse im totalitär-islamistisch regierten Iran zu entkommen. „Ich war sehr traurig, aber ich wollte meiner Familie helfen“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Weg des Jungen ist typisch für Flucht aus dem Iran: zunächst in die Türkei, dann mit dem Schiff nach Griechenland, von dort weiter zu Fuß und per Bus auf der Balkanroute nach Österreich und schließlich mit dem Zug nach Passau. Dort stellt der Junge einen Antrag auf Asyl. Er wird einer Wohnung in Gnadental zugewiesen, kommt nach Waldenburg ins Albert-Schweitzer-Kinderdorf und wird von hier aus auch nach dem Umzug mit einer Gruppe Geflüchteter in ein kleines Haus bis zum Alter von 18 Jahren professionell betreut.
Nach dem Besuch eines Deutschkurses und einem dreiwöchigen Praktikum in einem Malerbetrieb fragt Mohammad seinen Chef, ob er bei ihm eine Ausbildung beginnen könne. „Die Kollegen haben gesagt: Mit Mohammad kann man gut zusammenarbeiten. Er spricht gut Deutsch“, erzählt der junge Mann. 2021 ist er mit der Ausbildung fertig. Seither arbeitet er in derselben Firma. Sein Beruf macht ihm Spaß. „Als ich das Zeugnis in der Tasche hatte, war das ein super Gefühl“, sagt er. „Meine Mama war auch sehr glücklich. Es hat alles im ersten Anlauf geklappt, auch der Führerschein. Ich habe etwas gelernt und geschafft. Und von da an wusste ich auch, dass ich in Deutschland bleiben darf.“
Bleiberecht dank Ausbildung
Denn Mohammad hat sein Bleiberecht über eine Ausbildungsduldung erlangt. Das heißt: Das Bleiberecht gilt für drei Jahre Ausbildung und zwei Jahre Arbeit. Dann gibt es in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis, die immer wieder verlängert werden muss. Auch für Mohammad. Allerdings: Zwischendurch steht hinsichtlich des Aufenthalts plötzlich doch wieder alles Spitz auf Knopf. „Mohammads Anwalt hatte verpennt, die Unterlagen für die Ausbildungsduldung rechtzeitig an die Behörde zu schicken“, sagt sein damaliger Betreuer Roland Gruber. „Ich sollte ausreisen“, ergänzt Mohammad. „Ich habe überhaupt nicht mehr geschlafen und meine Taschen gepackt. Aber Roland hat mit dem Regierungspräsidium telefoniert und die Unterlagen per E-Mail geschickt. Dann war die Sache schnell geregelt. Das war echt gut.“ Fünf Jahre nach Beendigung der Duldung kann Mohammad die Einbürgerung beantragen.
Diese wünscht er sich sehr. Er hat Geld gespart, sogar einen Bausparvertrag abgeschlossen. „Er ist der einzige Geflüchtete, den ich kenne, der das gemacht hat“, sagt Roland Gruber schmunzelnd. Er und seine Frau Martina Roet, die Mohammad ebenfalls sehr geholfen hat, sind noch im Kontakt mit dem jungen Mann und freuen sich mit ihm über dessen positive Entwicklung. „Ja, ich würde sehr gerne in Deutschland bleiben“, sagt Mohammad. „Die Menschen hier sind sehr nett, viel netter als die Iraner. Und hier ist Freiheit.“ Mohammad hofft, dass auch andere Geflüchtete ihre Ziele erreichen können. Und: „Dass ich meine Frau, die ich bei einem Besuch im Iran geheiratet habe, nachholen kann. Und auch, dass ich einen deutschen Freund finde.“