Gereifte Gebete
Der Herbst zeigt sich wieder in seiner vollen Pracht. Auf meinen Spaziergängen über die Felder atme ich die frische kühle Herbstluft und freue mich, wie die Wolken vorüberziehen. Im Garten meiner Nachbarn blüht eine vielfältige Blumenpracht und selbst einige Bienen sind noch unterwegs. Zahlreiche Obstbäume scheinen sich vor der Schöpfung zu verneigen, schwer beladen mit reifen Früchten. Scheinbar ohne großes Zutun fallen uns die gereiften Äpfel, Birnen und Quitten in die Hände.
Dieses Bild erinnerte mich bei meinem letzten Spaziergang an einen Gedanken einer Schülerin der siebten Klasse. Thema im Religionsunterricht war das Beten. Die Frage stand im Raum, ob uns Gott mit unseren Gebeten überhaupt hört und ob er unsere Wünsche alle erfüllt. Teilweise kontrovers diskutierten die Schülerinnen und Schüler diese Fragen und tauschten sich aus, wie Gott mit unseren Gebeten umgeht.
Besagte Schülerin stellte sich das wie folgt vor: „All unsere Gebete steigen hoch zum Himmel. Dort wachsen daraus Bäume. Wenn sie groß sind, tragen sie Früchte. Und wenn sie dann reif sind, fallen sie zu uns herab auf die Erde, direkt in unsere Hände.“
Bildhaft schön
Mich inspiriert diese Antwort der Schülerin bis heute. So bildhaft schön und anschaulich offen habe ich noch niemanden über das Gebet sprechen hören. Ich lese darin, dass Gott unsere Wünsche nicht nur sieht, sondern auch unsere tiefen Anliegen dahinter. Er weiß, wann es dafür Zeit ist, so wie eben alles seine Zeit hat. Er wirkt über unser eigenes Streben und Tun hinaus. Am Ende ist alles, was wir erhalten, sein Geschenk an uns, das uns wie ein gereifter Apfel in die Hände fällt. Für mich vermittelt sich darin Gelassenheit, Ruhe und Geduld.
Zeit, innezuhalten
Herbstzeit ist auch Erntezeit. Ein guter Moment, einmal innezuhalten und zu betrachten, was man im Verlauf des eigenen Lebens bereits alles ernten durfte. Bei mir kommen da schöne Momente ins Bewusstsein und ich empfinde tiefe Dankbarkeit. Ein schönes Gefühl. So weiß ich mich von Gott auf meinem Lebensweg begleitet und das auch dann, wenn es wieder einmal Winter wird. Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich.
Probieren Sie es doch mal aus. Am besten bei einem Herbstspaziergang durch die Natur.