Beatmungsgerät abgestellt?

Gericht Wegen fahrlässiger Tötung muss sich eine 54-Jährige verantworten. Ihr wird vorgeworfen, am Erstickungstod einer ALS-Patientin schuld zu sein.

Der Fall ist ebenso tragisch wie unfassbar. Am Abend des 23. Aprils war eine 77-Jährige noch ganz normal von ihren häuslichen Pflegekräften zu Bett gebracht worden, am folgenden Morgen war sie tot. Ihre 54-jährige Pflegerin, die in besagter Nacht Dienst hatte, steht nun vor dem Amtsgericht Ulm – und schweigt, sieht die meiste Zeit starr zu Boden. Die Frau sieht verzweifelt aus, zwischendurch wischt sie sich Tränen aus den Augen. Ihr wird vorgeworfen, für den Tod der 77-Jährigen verantwortlich zu sein, möglicherweise das Beatmungsgerät ausgestellt zu haben, auf das die Seniorin angewiesen war.

Die 77-Jährige litt an der unheilbaren, Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralskelrose, kurz ALS. „Eine schwere Krankheit“, wie die als Zeugin vorgeladene Hausärztin der Frau beschreibt. Die Muskeln versagen dabei nach und nach ihren Dienst, die Betroffenen haben irgendwann auch Schwierigkeiten beim Schlucken und Atmen. Ernährt werden musste die Seniorin bereits über eine Sonde. Dennoch sei ihre Patientin lebensfroh gewesen, habe ausdrücklich keine Patientenverfügung gewollt.

Was die Tochter der 77-Jährigen bestätigt. „Meine Mama wollte leben“, sagt sie vor Gericht. Auch die Tochter ist sichtlich mitgenommen, muss ihre Aussage kurz unterbrechen, um sich wieder zu fassen. Ihre Mutter habe im oberen Geschoss ihres Hauses im Langenauer Stadtteil Hörvelsingen gewohnt, sie mit ihrem Mann unten – weshalb sie immer auch ein Auge auf die Mutter haben konnte und genau wusste, wie es ihr ging.

„In letzter Zeit ist es wieder bergauf gegangen“, beschreibt sie die Wochen vor dem Tod der älteren Frau. Sie habe neuen Lebensmut gefasst, trotz des Beatmungsgeräts, auf das sie nach einem Luftröhrenschnitt im Oktober vergangenen Jahres angewiesen war. „Sie konnte sogar wieder selbst mit dem Rollstuhl herumfahren und wir konnten schriftlich kommunizieren.“ Sprechen konnte ihre Mutter nach dem Eingriff zwar nicht mehr, geistig sei sie aber voll dagewesen.

Zu dem Aufwärtstrend hatte letztlich auch die jetzt vor Gericht Angeklagte selbst beigetragen. Die gelernte Krankenschwester hatte ihrer Patientin in den Wochen vor deren Tod zeigen wollen, dass sie immer noch selbst atmen konnte, beschreibt es die Tochter vor Gericht. „Meine Mutter hatte panische Angst davor, zu ersticken“, sagt sie. Um ihr die zu nehmen, habe die Pflegerin eines Tages das mobile Beatmungsgerät ausgestellt, das die Seniorin tagsüber benutzte, wenn sie in ihrem Rollstuhl saß. Zwar ohne das vorher mit ihrer Teamleitung oder den Angehörigen abzusprechen, aber mit Wissen der Patientin.

„Ich ging hoch, um nach meiner Mutter zu schauen und merkte, dass sie nicht am Beatmungsgerät war“, berichtet die Tochter. „Aber meine Mutter gab mir das Daumen-hoch-Zeichen, also wusste ich, dass das für sie in Ordnung war.“ Nach etwa einer Stunde – genau wisse sie es nicht, weil sie nicht von Anfang an dabei war – habe die jetzt Angeklagte ihre Mutter wieder mit dem Beatmungsgerät verbunden. Zur Sicherheit, nicht weil es medizinische Probleme gab.

Alle hätten sich gefreut –tatsächlich sorgt die Tatsache, dass die ALS-Kranke derart lange selbstständig atmen konnte, auch unter den anwesenden medizinischen Experten für Erstaunen. Allerdings sei man sich auch einig gewesen, auf weitere Versuche zu verzichten, bis das Okay der zuständigen Ärzte vom Bundeswehrkrankenhaus in Ulm kommt, sagt die stellvertretende Leiterin des Pflegeteams vor Gericht. Auch die Angeklagte habe das so hingenommen.

Was genau nun in der Todesnacht passiert ist, stellt das Gericht vor Rätsel. Klar ist, dass das Beatmungsgerät zwischen 21.12 Uhr des 23. Aprils und 4.15 Uhr des 24. Aprils auf Standby gestellt war, also die 77-Jährige nicht mit Sauerstoff versorgt hatte. Das ergaben die Daten es Gerätespeichers, der von einem Gutachter komplett ausgelesen worden war. Hinweise darauf, dass ein Defekt am Gerät vorlag, habe er nicht feststellen können.

Komplexe Handgriffe

Die Polizei verdächtigt daher die 54-jährige Pflegerin, das Gerät abgestellt zu haben – weshalb sich diese bereits seit April in Untersuchungshaft befindet. Dass die 77-Jährige, ob absichtlich oder versehentlich, selbst die entsprechenden Tasten bedient hat, sei ausgeschlossen wegen der komplexen Handgriffe, die dazu nötig sind. Wovon sich Richterin Naila Widmaier im Gerichtssaal, wo das Gerät vorgeführt wurde, im Selbsttest überzeugte. Dennoch gehe man nicht davon aus, dass die Angeklagte in böser Absicht gehandelt hat, so Widmaier. „Sie wollte wohl nur das Beste für die Patientin.“

Auch die Tochter der 77-Jährigen beschreibt die vorherige Arbeit der Angeklagten als einwandfrei – so wie auch die des gesamten Pflegeteams; zwei Pflegerinnen hatten sich in Tag- und Nachtschichten abgewechselt. „Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis“, sagt die Tochter, die auch als Nebenklägerin auftritt. „Umso unfassbarer ist für mich, was passiert ist.“

Starkes Jahr mit großer Resonanz

Soziales Baby-Café, Knirpse-Treff, Vater-Kind-Basteln – Familienstützpunkt Vöhringen ist Anlaufstelle für Eltern.

Vöhringen. Vor sieben Jahren hat der Familienstützpunkt seine Tore geöffnet. In dieser Zeit hat sich die Beratung zu einer wichtigen Anlaufstelle für Eltern in schwierigen Situationen entwickelt. Trennungen, finanzielle Sorgen oder fehlende Kitaplätze – hier steht der Familienstützpunkt mit Rat zur Seite.

Das Babycafé, eines der ersten Veranstaltungsangebote überhaupt, ist heute immer noch ein Publikumsliebling. Seit Mai haben die Treffen ein neues Zuhause im Jugendhaus in der Wielandstraße 5 gefunden, wie die Leiterin des Familienstützpunkts Vöhringen/Bellenberg Silke Echter im Hauptausschuss beim Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate erläuterte.

Beim Babycafé gibt es Frühstück, Spielmöglichkeiten auf Bodenmatten oder fachkundige Beratung durch eine Kinderkrankenschwester. Das regelmäßige Angebot für Familien mit Babys wird derzeit von fünf bis fünfzehn Familien besucht, sagte Silke Echter. In Bellenberg findet das Babycafé alle zwei Wochen statt.

Auch die Folgeveranstaltung für etwas ältere Kinder – der „Knirpse-Treff“ – laufe sehr gut. In der Turnhalle der Uli-Wieland-Schule wird das Programm mit einem kleinen Bewegungsangebot ergänzt und ist mit zehn bis 25 Familien fast immer ausgebucht. Beide Formate erfüllten einen wichtigen Zweck, betonte Echter: Sie schaffen Raum für Austausch und Vernetzung zwischen den Familien.

Die Ostereiersuche im Frühjahr war ein erster Versuch und wurde zum überraschenden Erfolg. Der Andrang sei so groß gewesen, dass die Anmeldungen schließlich auf hundert Familien begrenzt werden mussten. Die Veranstaltung im Sportpark soll „auf jeden Fall wiederholt und größer geplant werden“, kündigte sie an.

Anders sieht es bei den klassischen Präsenzvorträgen aus. Die Vortragsreihe muss reduziert werden. Immer wieder fallen Veranstaltungen mangels Anmeldungen aus. Eine Entwicklung, die sich nach Einschätzung von Silke Echter fortsetzen wird.

Online-Vorträge gefragt

Positiv ist hingegen das Bild bei Online-Vorträgen: Hier können Eltern bequem von der Couch aus per Tablet teilnehmen, und die Nachfrage sei groß. In Kooperation mit den Familienstützpunkten Illertissen, Senden und Weißenhorn werden die Online-Vorträge für den ganzen Landkreis organisiert. Die Teilnehmerzahlen liegen zwischen zehn und dreißig Personen.

Ebenfalls gut angenommen wurden die beiden Vater-Kind-Bastelaktionen. Die hohe Nachfrage führt dazu, dass künftig ähnliche Mutter-Kind-Aktionen angeboten werden sollen. Mutter-Kind-Yoga und Outdoor-Walking mit Kinderwagen fanden ebenfalls regen Zuspruch.

Neu im Programm waren Treffen für Eltern von Kindern mit Behinderungen mit acht landkreisweiten Veranstaltungen. Hier gibt es noch Luft nach oben bei den Teilnehmerzahlen.

Langenau erweitert Sperrzone

Anti-Israel-Proteste Stadt verlängert Verfügung zum Schutz von Gottesdiensten in der Martinskirche bis Januar.

Langenau. Die Stadt Langenau verlängert die Allgemeinverfügung zum Schutz der Gottesdienste im Umfeld der Martinskirche. Die bisherige Regelung läuft am 12. Oktober aus, sie werde nun um weitere drei Monate bis zum 11. Januar 2026 fortgeführt, teilte die Stadt am Donnerstag mit.

Ziel bleibe es, Besucherinnen und Besucher von Gottesdiensten vor Störungen zu schützen und die ungestörte Ausübung der Religionsfreiheit sicherzustellen. Die Verfügung gelte weiterhin an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen sowie an besonderen kirchlichen Feiertagen jeweils von 8.30 bis 14 Uhr. Mit der Verlängerung werde auch der räumliche Geltungsbereich erweitert: Neu einbezogen wird der Bereich vor dem Hotel Lobinger – Weisses Ross in der Hindenburgstraße einschließlich der dortigen Straßen- und Gehflächen.

Hintergrund: Seit Herbst 2023 war es im Umfeld der Martinskirche wiederholt zu Störungen nach Gottesdiensten und anderen religiösen Feiern gekommen. Pro-palästinensische Demonstranten führten unangemeldete Mahnwachen und Plakataktionen mit provozierenden Inhalten durch, es kam zu verbalen und später sogar körperlichen Auseinandersetzungen, antisemitischen Äußerungen und zum wiederholten Filmen von Gottesdienstbesuchern. Die Polizei bewertete die Lage als „deutlich verschärft“. Platzverweise, Aufenthaltsverbote oder Gespräche mit den Beteiligten hatten nicht zu einer Beruhigung geführt.

Eklat bei Predigt

Angefangen hatte alles bereits im Herbst 2023, als Pfarrer Ralf Sedlak in einer Predigt auf den Terrorangriff der Hamas in Israel einging. Nach wenigen Worten wurde er von einem Mann mit Zwischenrufen unterbrochen. Das seien „Fake News“. Es war der Anfang einer Serie von Vorfällen.

Die Allgemeinverfügung verbietet im Bereich der Martinskirche Handlungen, die darauf gerichtet sind, den Ablauf eines Gottesdienstes oder einer vergleichbaren religiösen Feier zu stören, zu behindern oder zu beeinträchtigen. Dazu gehören laut Mitteilung der Stadt lautstarke Kundgebungen, visuell provokante Aktionen oder das gezielte Filmen von Besucherinnen und Besuchern.

Die Entscheidung der Stadt, die Regelung fortzuführen, begründet Bürgermeisterin Daria Henning so: „Wir wollen sicherstellen, dass Gottesdienste ohne Provokationen und Einschüchterungen stattfinden können. Die Verfügung bleibt ein zeitlich befristetes Instrument und ist ein sorgfältig abgewogener Schritt zum Schutz der Besucherinnen und Besucher.“

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