Wehmut und Aufbruch

  • „Auf geht`s“: In der Pause verkaufte Noch-Dekan Frithjof Schwesig die Abschiedsbroschüre zum Kirchenbezirk Blaubeuren. Fotos: Christina Kirsch
  • „Die Vorletzten“: Peter Schaal-Ahlers (l.) und Sören Schwesig. Foto: Christina Kirsch
  • Pfarrerin Sandra Baier bedankte sich bei dem Stuttgarter Stadtdekan Sören Schwesig (links) und dem Ulmer Münsterpfarrer Peter Schaal-Ahlers für einen gelungenen Kabarett-Abend. Foto: Christina Kirsch

Kabarett Das Duo „Die Vorletzten“ hat in der Blaubeurer Stadtkirche die Fusion der evangelischen Kirchenbezirke Blaubeuren und Ulm auf die Schippe genommen.

Es ist nicht alles gut, was in den Gemeinden passiert“, bekannte die Nellinger Pfarrerin Sandra Baier bei der Begrüßung zu einem amüsanten Abend mit dem Duo „Die Vorletzten“ in der Blaubeurer Stadtkirche. Es gebe Eigenheiten von Gemeinden, von denen der Stuttgarter Stadtdekan Sören Schwesig und der Ulmer Münsterpfarrer Peter Schaal-Ahlers nur zu gut ein Lied singen könnten, sagte die Pfarrerin schmunzelnd.

Die beiden Theologen, die sich mit dem Gemeindeleben bestens auskennen, sind seit vielen Jahren als Kabarett-Duo unterwegs. Keine noch so unchristliche Unart der Gemeindeglieder ist ihnen fremd. Egal, ob das Ehrenamt oder der Kirchengemeinderat, der Gottesdienstbesuch oder die Kirchturmsanierung – eine Pfarrstelle und eine Gemeinde geben viel Stoff für kirchliches Kabarett, wenn man mit etwas Distanz darauf schaut.

Rivalitäten kochen hoch

Anlass für den mit mehr als 300 Gästen bestens besuchten Abend war jedoch die Fusion der beiden Kirchenbezirke Blaubeuren und Ulm, die Ende des Jahres zum Kirchenbezirk Ulm/Alb-Donau fusionieren. Nicht freiwillig, wohlgemerkt. Üblicherweise ist kein Kirchenbezirk von einer Fusionierung begeistert. Liebgewonnene Gewohnheiten müssen aufgegeben werden und dann ist da noch das Geld. Gemeinden sehen ihre Felle auf Nimmerwiedersehen davonschwimmen. Rivalitäten kochen hoch.

Die beiden theologischen Kabarettisten ergänzten in Blaubeuren ihr Programm um einen Schlenker in die Problematik der Fusion und stellten eine Situation nach, die die meisten Besucher bestens kannten. „Wir beschreiben jetzt ein Post-it, heften es an die Wand und schreiben da unsere Gefühle auf“, empfahl das Duo. Also erst einmal darüber reden, was da so droht mit der Fusion. Das höre sich harmlos an, „ist es aber nicht“. Nach 469 Jahren gebe es nun keinen Dekan mehr in Blaubeuren, stellte das Duo fest. Im Publikum machte sich Wehmut breit. Manchem krampfte es fast das Herz zusammen. Man hatte mit einer gemeinsamen Busfahrt durch den Kirchenbezirk zwar schon eine Abschiedstour unternommen und konnte auch mit der mutmachenden Broschüre „Auf geht‘s“ noch einmal der Vergangenheit nachtrauern, aber die Versöhnung mit der Fusion schien doch noch schwerzufallen.

Ob die Sache gut geht?

Auch die Kabarettisten waren zweifelnd. „Wir kennen die Ulmer und ich sag Ihnen, das macht die Sache nicht einfacher“. Als Blaubeurer müsse man „aufs Sach gucken“. Ob das mit den Ulmern, die ja mit ihrem hohen Kirchturm schon immer hoch hinaus wollten, überhaupt geht? Schließlich überlebe der Fitteste und nicht der Fetteste. Und „je weiter die Wege, desto mehr die Konfusion“, sprachen die Theologen wohl aus Erfahrung und hatten eine böse Vermutung. Dekan Frithjof Schwesig, der Bruder des Stuttgarter Stadtdekans Sören Schwesig, sei ja zuvor in Ulm gewesen. „Ob der wohl einen geheimen Auftrag hatte?“, taten die Kabarettisten geheimnisvoll.

Im Laufe des Abends thematisierte das Duo unter anderem die Sparmaßnahmen der Kirche und unterbreitete konkrete Vorschläge wie das siebenjährige Flyer-Fasten. Die Produktion von Flyern, das Entwerfen bis zum Fortwerfen, binde einfach zu viel Arbeitskraft. Selbst das Entsorgen mache noch Arbeit. Sparsamkeit sei auch bei Mitarbeitergeschenken angebracht. Ein Händedruck sei doch um ein Vielfaches herzlicher. Freilich könne man auch eine Flasche Wein überreichen, aber nur mit dem Hinweis, dass hinten in der Kirche ein Kasten stehe, in dem man die Flasche für weitere Geschenküberreichungen wieder ablegen könne.

Aufschlussreich war der Beitrag, wie man erfolgreich Ehrenamtliche vertreibt. Man muss als langgedienter Ehrenamtlicher nur darauf bestehen, dass alles so gemacht wird wie immer. Etwas altbacken wirkte der Programmpunkt mit der Arbeitsaufteilung in einer Ehe. Gelegentlich verbreitete das Duo eine Extraportion Melancholie.

Vor allem der Schlussakkord über das Alter unter der Überschrift „dem Verfallen verfallen“ führte jedem gnadenlos sein eigenes Ende vor Augen. Was ist dagegen schon das Ende eines Dekanats?

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