Streit um Wohnungsbau

  • Wie viele Wohnungen sollem im Gebiet Eschwiesen 3 entstehen? Darüber gibt es Streit. Foto: Volkmar Könneke

Eschwiesen 220 Wohnungen oder 100 mehr? Im Bauausschuss gab es für keine Variante eine Mehrheit. Die Entscheidung liegt nun beim Gemeinderat.

Noch ist nichts gebaut, längst nicht. Doch es gibt bereits Streit um Nachverdichtung. Auf Vorschlag der Stadtverwaltung Ulm sollen im Baugebiet Eschwiesen 3 in Wiblingen nicht 220 Wohnungen entstehen, sondern 327. 21 geplante Reihenhäuser sollen Platz machen für mehr Geschosswohnungsbau. Dieser Vorschlag sorgte schon im Juli bei der Wohnungsdebatte im Gemeinderat für Überraschung und teilweise Empörung. Jetzt befasste sich der Bauausschuss mit dem Bebauungsplan. Das Ergebnis: Für keine Variante gab es eine Mehrheit, jede wurde mit Stimmenpatt (6:6) abgelehnt.

Mühsamer Kompromiss

Der Wohnungsbau in den Eschwiesen stockt seit Jahren. Die Fraktionen konnten sich lange nicht über den Mix von Ein- und Mehrfamilienhäusern einigen. 2023 wurde schließlich unter Mühen und Zähneknirschen auf allen Seiten ein Kompromiss gefunden: Der Wohnungsmix wurde zugunsten von Geschosswohnungsbau verändert. Dass darüber erneut diskutiert werden soll, verärgert vor allem Stadträte von FWG und CDU/UfA. Auch im Stadtteilforum Wiblingen, wo die Verwaltung die Pläne jüngst vorstellte, gab es Gegenwind von Bürgerinnen und Bürgern.

Bürgermeister Tim von Winning begründete im Bauausschuss den Vorstoß mit dem Wohnungsmangel und der Flächenknappheit. In Eschwiesen 3 gäbe es die Möglichkeit, ohne weiteren Flächenverbrauch rund 100 dringend benötigte Wohnungen zu schaffen – in einem attraktiven Gebiet mit guter Nahversorgung, Naherholungsmöglichkeiten und ÖPNV.

Zwar sei es ihm schwergefallen, den mühsam entwickelten Kompromiss infrage zu stellen, sagte von Winning. Ein einmaliger Vorgang sei das aber nicht. Er führte einige Beispiele von Bebauungsplänen an, die im Lauf oder sogar nach Abschluss des Verfahrens geändert wurden. Verwaltung und Gemeinderat müssten auf veränderte Bedingungen reagieren können.

Die Stadtverwaltung hält sogar die 327 Wohnungen für einen Kompromiss. Würde man nämlich sämtliche Einfamilienhäuser in Eschwiesen 3 streichen und stattdessen Geschosswohnungsbau vorsehen, wären 424 Wohnungen möglich – in der Sitzung war von einer „ausgewogenen Variante“ im Vergleich zur „maximalen Variante“ die Rede. Eine Veränderung des Bebauungsplans würde laut von Winning eine Verzögerung von sechs bis sieben Monaten bedeuten.

Für Empörung sorgt der Vorstoß bei der FWG. Reinhard Kuntz verwies auf den einstimmig beschlossenen Kompromiss: „Der Gemeinderat muss verlässlich bleiben.“ Der Stadtverwaltung attestierte Kuntz ironisch „taktisches Geschick“. Zuerst sei der veränderte Vorschlag zu Eschwiesen 3 dem Gemeinderat klammheimlich in der Wohnungsdebatte untergejubelt worden. Und nun solle eine ins Spiel gebrachte „maximale Variante“ dafür sorgen, dass selbst die Erhöhung auf 327 Wohnungen harmlos daherkomme.

Kuntz erhielt Unterstützung. Es sollte beim Kompromiss mit 220 Wohnungen bleiben, weil er unterschiedlichen Wohnwünschen Rechnung trage, meinen Brigitte Röder und Winfried Walter (beide CDU). „Dass wir das Fass nochmal aufmachen, ist ein Unding“, schimpfte Wolfgang Stittrich (FDP). Wenn die Zahl der Wohnungen in Eschwiesen 3 erhöht werde, „tragen Sie dazu bei, dass die AfD-Stimmen in Wiblingen steigen“, prognostizierte AfD-Stadtrat Daniel Rottmann. Er selbst könne damit natürlich sehr gut leben.

Grüne, SPD und KJT-Fraktion sind für zusätzliche Wohnungen in dem Baugebiet. Martin Rivoir (SPD) verwies auf den Wohnungsmangel. Die Mieten in Ulm steigen, „und allein bei der UWS stehen 4000 Leute auf der Warteliste“. Mangelnder Wohnraum wirke sich auf die Wirtschaft aus, wenn es um den Zuzug von Arbeitskräften gehe, sagte Banu Öner (Grüne). Auch mit Blick auf den Flächenverbrauch müsse gehandelt werden: „Bauplätze sind keine nachwachsende Ressource.“ Sie appellierte an ihre Ratskollegen, Mut und Verantwortung zu zeigen: „Später werden uns das alle danken.“

Die Entscheidung soll in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 15. Oktober, fallen.

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